Politik

Geschäft ist Geschäft Sarkozy bewaffnet Libyen

Frankreich wird nach libyschen Angaben Panzerabwehr-Raketen vom Typ "Milan" nach Libyen liefern. "Das ist das erste Waffengeschäft zwischen Libyen und einem Land des Westens", sagte der Sohn des libyschen Revolutionsführers Muammar Gaddafi, Saif al-Islam, der französischen Zeitung "Le Monde". Die "Milan" ist eine tragbare Panzerabwehr-Waffe für mittlere Entfernungen, die von einem Tochterunternehmen des europäischen EADS-Konzerns hergestellt wird.

Die Vereinbarung über Waffenlieferungen soll Gaddafi Junior zufolge für die Freilassung der fünf bulgarischen Krankenschwestern und des Arztes ausschlaggebend gewesen sein. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy wies diese Darstellung zurück. Auf die Frage, was Frankreich im Gegenzug für die Freilassung angeboten habe, antwortete der Präsident: "Nichts." Sarkozy sagte auch, dass es entgegen Gaddafis Erklärungen auch keine anderen Vereinbarungen zur militärischen Zusammenarbeit gebe. Das französische Außenministerium wollte die Aussagen Gaddafis nicht kommentieren.

Intensive Verhandlungen seitens der Europäischen Union und zuletzt auch von Frankreich hatten am 24. Juli zur Freilassung der sechs Verurteilten geführt. Details über die Gegenleistungen blieben unklar. Die ursprünglich zum Tode verurteilten Krankenschwestern und der Arzt waren beschuldigt worden, mehr als 400 libysche Kinder vorsätzlich mit dem HI-Virus angesteckt zu haben.

Sarkozy hatte vergangene Woche mit Libyen eine militärische Zusammenarbeit und den Bau eines Atomkraftwerkes vereinbart. Dies war in anderen europäischen Ländern, vor allem in Deutschland, scharf kritisiert worden. Frankreich gab die Details des Militärabkommens nicht bekannt. Al-Islam bezeichnete es als bahnbrechend: "Vor allem sieht das Abkommen natürlich Militärmanöver vor. Dann werden wir aus Frankreich Panzerabwehr-Raketen vom Typ 'Milan' im Wert von 100 Millionen Euro kaufen." Außerdem sehe der Vertrag ein "Projekt einer Waffenfabrik" zur Herstellung und Wartung von Militärausrüstungen vor.

Die Europäische Union (EU) hat ein Waffenembargo gegen Libyen 2004 aufgehoben. Nach den Worten des Gaddafi-Sohns wirkte es aber faktisch weiter. Er machte vor allem Deutschland dafür verantwortlich. Mit den Franzosen habe Libyen jedoch schon seit langer Zeit in Verhandlungen gestanden, sagte Al-Islam und fügte hinzu: "Wir haben Sarkozy gebeten, die Dinge zu beschleunigen."

Die umstrittene atomtechnische Zusammenarbeit sei für Libyen nicht wesentlich gewesen. Die Lieferung eines Atomreaktors "könnte uns erlauben, Energie auszuführen, vor allem nach Italien", sagte der 35-jährige Gaddafi-Sohn weiter. Nach seinen Worten hat Libyen Frankreich auch um Beistandsgarantien gebeten, falls das Land bedroht wird. Er wisse aber nicht, ob dies Teil der jetzt geschlossenen Vereinbarung sei.

Verhandlungen über eine mögliche Auslieferung des libyschen Geheimdienstagenten Ali al-Megrahi, der im Zusammenhang mit dem Libyen zur Last gelegten Attentat von Lockerbie 1988 mit 270 Toten zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und in einem Gefängnis bei Glasgow sitzt, hätten ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt. "Es wird bald zu einem Auslieferungsvertrag mit Großbritannien kommen", sagte Gaddafi Junior.

Steinmeier verteidigt Frankreich

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich unterdessen von Kritik aus den Koalitionsfraktionen an der Pariser Libyen-Politik distanziert. Im "Handelsblatt" räumte der SPD-Politiker ein, dass eine Einbindung der EU-Partner vor dem französischen Atomangebot an Tripolis besser gewesen wäre. Paris sehe das inzwischen auch so, gab Steinmeier zu bedenken. Die Einbindung werde nachgeholt. Unstimmigkeiten werde es deshalb nicht geben.



Steinmeier warnte vor überzogener Kritik am französischen Präsidenten. "Ich sehe die öffentliche Diskussion über das deutsch-französische Verhältnis mit einigem Unwillen." Er verteidigte auch Sarkozys Angebot, Libyen Atomtechnologie zu liefern. Die Regierung in Tripolis habe mit dem Bekenntnis zur Nichtverbreitung atomarer Waffen die Voraussetzungen dafür erfüllt.

Frankreich hatte sich mit Libyen grundsätzlich auf den Bau eines Atomreaktors geeinigt. Dies hatten Außenpolitiker von Union und SPD scharf kritisiert. Auch Steinmeiers Staatsminister Gernot Erler hatte das Abkommen "problematisch" genannt. Den Bau des Reaktors soll eine Tochter der staatlichen französischen Atomholding Areva abwickeln. An der Tochterfirma ist der deutsche Siemens-Konzern mit 34 Prozent beteiligt. Steinmeier wies die Forderung zurück, die Bundesregierung müsse das Geschäft daher verhindern.

Insgesamt sei er sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit der neuen französischen Regierung. "Ich habe überhaupt keinen Anlass, mit der Umsetzung der Verabredungen etwa bei der Personalbesetzung bei EADS und Airbus unzufrieden zu sein." Er sei optimistisch, dass sich das Verhältnis auch in den neuen personellen Konstellation ähnlich gut entwickeln wird wie früher.

Quelle: ntv.de

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