Bis 2013 kein Spielraum Schäuble begräbt Steuerreform der FDP
01.11.2009, 16:18 UhrBundesfinanzminister Schäuble erteilt der FDP und ihrem Traum von einer großen Steuerreform eine klare Absage. Mit den beschlossenen Entlastungen sei der Spielraum für diese Legislaturperiode ausgeschöpft. Zudem belehrt der Finanzminister den Koalitionspartner: "Moderne Gesellschaften funktionieren nicht auf Knopfdruck." Derweil wächst der Widerstand gegen die geplanten Steuersenkungen.
Schwerer Dämpfer für die FDP: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht keinen finanziellen Spielraum für eine umfassende Steuerreform in den nächsten vier Jahren. "Am Ende dieser Legislaturperiode werden wir weder einen ausgeglichenen Haushalt noch ein grundlegend neues Einkommensteuersystem haben", sagte Schäuble dem "Handelsblatt". Es gehe um begrenzte Korrekturen, betonte er mit Blick auf weitergehende Forderungen der FDP. "Wir werden uns auf das beschränken", was im Koalitionsvertrag stehe.
Er wisse um den Charme des Satzes "einfacher, niedriger, gerechter", sagte der Finanzminister. "Ich weiß aber auch, dass man dieses Ziel nur erreicht, wenn man sich sehr behutsam auf den Weg macht. Moderne Gesellschaften funktionieren nicht auf Knopfdruck", argumentierte Schäuble. Jeder, der sich mit Steuerpolitik auskenne, wisse, dass man Steuerreformen nur machen könne, wenn man hinreichend große Steuerentlastungsspielräume habe.
Schäuble betonte, der Spielraum für Steuersenkungen sei mit den bereits beschlossenen oder im Koalitionsvertrag angekündigten Maßnahmen weitgehend erschöpft. "Wir machen zum 1. Januar 2010 eine Steuerreform in der Größenordnung von etwa einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das ist ökonomisch richtig und auch hinsichtlich der Haushaltskonsolidierung vertretbar. Dann soll im Jahr 2011 erneut in einer Größenordnung von 20 Milliarden Euro eine weitere Steuerentlastung folgen."
Zweifel in der FDP
Die geplanten Steuersenkungen sorgen allerdings weiter für großen Streit zwischen Union und FDP. Während Außenminister Guido Westerwelle (FDP) die Steuerpläne gegen Kritik aus der CDU verteidigt kommen auch aus seiner Partei erste Zweifel an der Finanzierbarkeit der Wahlversprechen auf.

Absage II: Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki will die schwarz-gelben Pläne im Bund nicht bezahlen müssen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Der hessische FDP-Chef und stellvertretende Ministerpräsident Jörg-Uwe Hahn warnte ebenso wie der FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, vor zu hohen Belastungen der Länder durch Steuersenkungen. "Wir brauchen eine große Steuerreform, aber es kann nicht sein, dass alles zulasten der Länder geht", sagte Hahn dem "Tagesspiegel". Er warnte seine Partei davor, die Länder nicht mit einzubeziehen. "Ich habe meinen Amtseid auf die hessische Verfassung abgelegt, damit ist das Land Hessen mein Arbeitgeber und nicht die FDP", sagte Hahn.
Kubicki sagte dem "Spiegel", es sei nicht tragbar, "dass die Länder dauerhaft Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe erleiden". Die schwarz-gelben Landesregierungen würden nicht alles, "was im Bund beschlossen wird, einfach mitmachen".
Bundesländer warnen
Aus der CDU hatten bereits einige Länderchefs die Pläne kritisiert, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich unterstrich in dem Magazin noch einmal, dass er "Steuersenkungen auf Pump" für "unverantwortlich" halte. Sachsen habe in den vergangenen Jahren Rücklagen gebildet und massive Anstrengungen unternommen, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. "Es kann nicht sein, dass dieses Geld jetzt einfach für Steuersenkungen verpulvert wird." Einige Länder erwägen Verfassungsklage, wenn die Bundesregierung im geplanten Umfang bei Steuern entlasten will.
Unionsfraktionschef Volker Kauder signalisierte den Bundesländern deshalb nun Kompromissbereitschaft. Die Sorgen müssten ernst genommen werden, sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel". Es werde "sicher keine einfache Aufgabe sein", die Koalitionsbeschlüsse zu Steuerentlastungen umzusetzen. Die vereinbarten Entlastungen in Höhe von 24 Milliarden Euro seien die "oberste Grenze" dessen, was möglich sei.
Westerwelle bleibt stur
Dagegen pocht FDP-Chef Westerelle auf die geplanten Senkungen und ermahnte indirekt die Ministerpräsidenten vor allem der Union, die gemeinsamen Beschlüsse von CDU und FDP mitzutragen. "All denjenigen, die sich in der Steuerpolitik jetzt abseilen möchten von dem, was gerade schwarz auf weiß vereinbart worden ist, all denjenigen rufe ich zu: Koalitionsverträge schließt man, damit sie gelten", sagte Westerwelle zum Abschluss des 39. Bundeskongresses der Jungen Liberalen in Saarbrücken.
Die FDP habe ihre Versprechen gehalten und im Vertrag mit der Union fairere Steuern vereinbart, sagte Westerwelle. Das gelte es jetzt umzusetzen. Die Vorgängerregierungen hätten versucht, die Staatsfinanzen über Steuererhöhungen zu sanieren. "Das muss ein Ende haben", sagte Westerwelle vor der FDP-Nachwuchsorganisation.
Die Jungen Liberalen waren am Samstag zu ihrem zweitägigen Kongress zusammengekommen. Unter anderem beschlossen die rund 200 Delegierten einen Leitantrag unter dem Motto "Für die Freiheit - Liberale auf Augenhöhe". Darin fordern sie, rasch für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt zu sorgen und in der Koalition mit der CDU das liberale Profil zu stärken.
Geben und Nehmen
Parallel zu den Steuersenkungen bereitet die Bundesregierung offenbar starke finanzielle Einschnitte vor. Finanzminister Schäuble sagte der ARD, dass allein schon wegen der Schuldenbremse im Laufe der Legislaturperiode mit Sparanstrengungen zu rechnen sei. "Wenn wir im Sinne von Generationengerechtigkeit für Nachhaltigkeit sorgen, dann wird es nicht ohne Anstrengung gehen." Die geplanten Steuersenkungen verteidigte Schäuble dennoch als "die richtige Strategie". Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) warnte in der "Welt am Sonntag", Steuern auf Kosten der Bildung zu senken.
Quelle: ntv.de, tis/AFP/rts/dpa