Politik

Steuerabkommen mit der Schweiz Schäuble kitzelt mit Willy Brandt

"Wir ein zweites Mal Scheitern" - die SPD will nicht dem Abkommen nicht zustimmen.

"Wir ein zweites Mal Scheitern" - die SPD will nicht dem Abkommen nicht zustimmen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Opposition und die SPD bleiben bei ihrem Nein zum Steuerabkommen. Bundesfinanzminister Schäuble heischt mit Mutmaßungen über Willy Brandt um Zustimmung - und betont die Zugeständnisse der Schweiz. Das Nachbarland braucht die Vereinbarung dringend. Steuerexperte Hechtner warnt: Das Abkommen ist eine Mogelpackung.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat mit Blick auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen vor "Hochnäsigkeit" gewarnt. "Ich bin froh, dass die Schweiz trotz ihrer Rechtslage und trotz ihrer Traditionen so weit gegangen ist. Es gibt wirklich keinen Anlass für Hochnäsigkeit von deutscher Seite", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung": Die Schweiz bewege sich in der Steuerfrage "in bisher nicht vorstellbarem Maße".

Wolfgang Schäuble und die Schweizer Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterzeichneten das ursprüngliche Abkommen im September 2011.

Wolfgang Schäuble und die Schweizer Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterzeichneten das ursprüngliche Abkommen im September 2011.

(Foto: dpa)

Nach deutlichen Nachbesserungen am Steuerabkommen mit der Schweiz wirbt Schäuble derzeit bei der Opposition um Zustimmung im Bundesrat. Deutsche Steuersünder mit Schwarzgeld in der Schweiz sollen nach den neuen Vereinbarungen nun mit bis zu 41 Prozent zur Kasse gebeten werden. Doch auch diese Änderungen reichen der Opposition noch nicht. SPD, Grüne und Linke bemängeln, Steuerhinterziehern bleibe zu viel Zeit, um ihr Schwarzgeld anderenorts zu verstecken. Die Schweiz machte klar: weitere Nachverhandlungen gibt es nicht.

Das Abkommen "wird zum zweiten Mal scheitern", hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel klargemacht. Die Opposition begründet ihren Widerstand mit zu großen Schlupflöchern für Steuersünder: Wenn die Anleger beziehungsweise "Straftäter" wie geplant erst 2013 zur Kasse gebeten werden, könnten viele ihr Geld in andere Länder schaffen.

Historische Hypothese

Schäuble warf der SPD vor, mit ihrer Kritik an dem Abkommen die eigenen Vorbilder zu verraten. "Wenn Willy Brandt noch leben würde, hätte er gesagt: Genau so dürfen wir nicht in Europa auftreten." Brandt habe in Europa für eine gute Nachbarschaft plädiert. "Was im Augenblick einige SPD-Politiker von sich geben, ist das Gegenteil davon", so Schäuble.

Die Sozialdemokraten sollten aufhören, so zu tun, als sei Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ein Monopol der SPD. "Die Schweiz ist ein urdemokratisches Land", sagte Schäuble. "Sie hat weitgehenden Schritten zugestimmt; Schritten, die für die Schweiz nun wirklich nicht leicht sind, wenn man sich die Bedeutung des Bankgeheimnisses in der Schweiz vor Augen führt."

Schweiz will Abkommen ebenfalls

Trotzdem ist das Interesse der Schweiz am Inkrafttreten des Steuerabkommens ebenso groß ist wie das der deutschen Regierung - wenn nicht gar größer. Bern und die Schweizer Banken hoffen, mit möglichst vielen bilateralen Abkommen den Tag weit hinauszögern zu können, an dem die Alpenrepublik ihr Bankgeheimnis von 1934 aufgeben muss. Scheitert ein Abkommen mit Deutschland, wird es für die Schweiz angesichts wachsenden internationalen Drucks noch schwerer, Lösungen über die Abgeltungsteuer als Alternative zu einem automatischen Bankdatenaustausch durchzusetzen.

Unterstützung für die Abwehrhaltung der Sozialdemokraten kommt aus der Wissenschaft: Der Berliner "Steuer"-Professor Frank Hechtner hält das neue Abkommen mit der Schweiz für eine Mogelpackung. Damit werde keine wesentliche Verschärfung der Besteuerung von Altvermögen erreicht, sagte Hechtner der "SZ". Die Unterhändler hätten nämlich nicht nur die Sätze geändert, sondern auch die zugrunde liegende Berechnungsformel. Wer beispielsweise einmalig Geld in die Schweiz geschafft habe, werde durch das Abkommen in 78 Prozent aller denkbaren Fälle mit dem Mindest-Steuersatz von 21 Prozent belastet. Deutlich höhere Steuersätze seien so gut wie ausgeschlossen.

"Unrealistische Annahmen"

"Ein Fall, in dem der Spitzensteuersatz von 41 Prozent erreicht wird, kann nur mit sehr unrealistischen Annahmen konstruiert werden", sagte Hechtner. Ein von beiden Staaten unterzeichnetes Zusatzprotokoll zum geplanten Abkommen sieht vor, dass die kompletten Guthaben deutscher Steuerhinterzieher in der Schweiz zum 1. Januar 2013 einmalig mit 21 bis 41 Prozent besteuert werden. Damit sollen die in der Vergangenheit hinterzogenen Steuern ausgeglichen werden. Dies soll Deutschland etwa zehn Milliarden Euro einbringen.

Bislang hatte das Steuerabkommen eine pauschale Abgabe von 19 bis 34 Prozent vorgesehen. Wie viele Milliarden deutsche Anleger tatsächlich bei Schweizer Banken, Versicherungen und anderen Vermögensverwaltern gebunkert haben, ist unbekannt.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP

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