"Nicht nachlassen" Schäuble treibt Euro-Schuldner an
08.09.2012, 06:56 Uhr
Wolfgang Schäuble will Vertrauen wiederherstellen.
(Foto: dpa)
Die EZB stützt Pleitestaaten in der Eurozone durch Ankäufe von Anleihen. Das soll nach dem Willen von Finanzminister Schäuble aber nicht dazu verführen, das Sparen einzustellen. Der CDU-Mann bekommt Schützenhilfe aus Finnland. Andere Sorgen treiben dagegen Griechenlands Ministerpräsident Samaras.
Nach der umstrittenen Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) für Ankäufe von Staatsanleihen hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die Euro-Schuldnerstaaten davor gewarnt, mit ihren Reformanstrengungen nachzulassen. "Wir werden die Vertrauenskrise des Euro nur dann überwinden, wenn wir mit den Reformen nicht nachlassen. Noch sind sich die Märkte nicht sicher, dass die Eurozone hält", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag".
Das finanziell gut dastehende Finnland stieß ins selbe Horn. "Wir haben uns mit einem Sparprogramm in den 90er Jahren am eigenen Schopf aus einer tiefen Krise gezogen, und wir fänden es gut, wenn es andere Länder genauso machten", sagte der finnische Europaminister Alexander Stubb der "Süddeutschen Zeitung".
Schäuble sagte: "Es wäre ein schwerer Fehler, wenn die EZB-Entscheidung falsch interpretiert werden würde in dem Sinne, dass man jetzt mit den Anstrengungen nachlassen könne. Das Gegenteil ist richtig." Die Staaten müssten ihre Haushaltsdefizite verringern und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. "Und wir müssen die notwendigen institutionellen Reformen in der EU und der Eurozone zügig angehen", sagte Schäuble.
Schulz von Fortschritten überzeugt
Der finnische Minister Stubb erklärte, er sei ein großer Freund Europas und helfe gern. "Aber ich will nicht, dass man mich beschuldigt, ich sei zu streng. Nein: Die anderen sind zu lasch, und das muss sich ändern", forderte der Finne. Zugleich warnte er vor einer "Arroganz des Nordens" gegenüber den hilfsbedürftigen Ländern im Süden Europas. "Vor 20 Jahren herrschte Bankenkrise in Finnland und Schweden, Dänemark und die Niederlande waren nicht im mindesten wettbewerbsfähig, und Deutschland galt als kranker Mann Europas. Jetzt ist es eben andersherum, und wir müssen dem Süden helfen, wieder auf die Beine zu kommen."
Für die weitere Entwicklung Griechenlands zeigte sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz optimistisch. "Die Troika wird keinen euphorischen, aber sie wird einen Bericht vorlegen, der Fortschritte in Griechenland beschreibt. Dann wird auch die nächste Tranche der Hilfsmittel freigegeben", sagte der SPD-Politiker der Düsseldorfer "Rheinischen Post".
Athen bemüht sich derzeit um die Freigabe einer weiteren Hilfs-Tranche von 31,5 Milliarden Euro. Ein positiver Bericht der Troika von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) über Reformfortschritte ist Voraussetzung dafür. Der Bericht wird im Oktober erwartet.
Athen will Milliardenspritze
Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras mahnte nach einem Gespräch mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy zur Eile und drängte auf eine baldige Auszahlung der nächsten Hilfstranche. Samaras sagte nach einem Gespräch mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, er habe die "Notwendigkeit" angesprochen, die seit Anfang Juni auf Eis liegende nächste Tranche von 31,5 Milliarden Euro "zeitnah" auszuzahlen. "Die Zurückhaltung der Griechen hat ihre Grenze erreicht", sagte er. "Das bedeutet, es muss so schnell wie möglich eine Erholung (der Wirtschaft) geben."
Van Rompuy lobte die bisherigen Reformanstrengungen Griechenlands, verlangte aber zugleich "Ergebnisse". Die Zukunft Griechenlands sei in der Eurozone. Es seien aber weitere Maßnahmen nötig, vor allem strukturelle Reformen. "Wenn Griechenland an den Zielen festhält und Ergebnisse vorlegt, werden die europäischen Institutionen und jeder Staat daran festhalten", Griechenland zu helfen, sagte Van Rompuy. Die Sparmaßnahmen seien "schmerzhaft", räumte der EU-Ratspräsident ein und rief zu "sozialer Gerechtigkeit" auf. Bei den Sparmaßnahmen müssten "die Privilegierten die schwerste Last tragen".
Die Entscheidung der EZB zum unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern bezeichnete Van Rompuy als "wirksame, zusätzliche und ergänzende" Antwort auf die Euro-Krise.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP