Politik

Hinter Stacheldraht Schauprozess gegen Suu Kyi

Die Europäische Union hat ein Ende des "Schauprozesses" gegen die birmanische Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi und die sofortige Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin gefordert. Die Außenminister der 27 EU-Staaten waren sich bei einem Treffen in Brüssel jedoch uneins, ob die EU Rangun auch eine Verschärfung der bereits bestehenden Wirtschaftssanktionen androhen soll. Die EU-Regierungen wollen vor allem die Nachbarstaaten in der Region bitten, Druck auf die Machthaber in Birma (Myanmar) auszuüben.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer Verschärfung der Sanktionen. "Mir scheint das da eine Grenze zu haben, wo wir mit neuen Wirtschaftssanktionen keinen wirklichen Druck auf Regierungen mehr ausüben", sagte er in Brüssel. Die Gefahr bestehe, dass neue Sanktionen "durch Nahrungsmittelverknappung oder so etwas dazu beitragen, dass die Lage der Zivilbevölkerung weiter verschärft wird". Er warf der Regierung die "fortgesetzte Missachtung elementarer Menschenrechte" vor. Er erwarte, dass das Gerichtsverfahren gegen die Friedensnobelpreisträgerin "nicht nur vertagt, sondern umgehend eingestellt wird und Frau Suu Kyi endlich freikommt."

Anhörung hinter Stacheldraht

Der Prozess gegen Suu Kyi war nach einer fünfstündigen Anhörung in einem Gefängnis bei Rangun vertagt worden. Vor Prozessbeginn riegelten Sicherheitskräfte das Insein-Gefängnis weiträumig ab. Dort wird die Friedensnobelpreisträgerin seit Donnerstag festgehalten. Sondereinheiten in Kampfanzügen errichteten nach Augenzeugenberichten Straßensperren und Barrikaden mit Stacheldraht. Trotzdem versammelten sich in der Nähe einige dutzend Anhänger Suu Kyis zu einer Solidaritätskundgebung. Ein junger Mann wurde festgenommen, wie ihre Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) mitteilte.

Die Militärjunta wirft Suu Kyi einen schweren Verstoß gegen ihren Hausarrest vor, weil sie dem US-Bürger John Yettaw Obdach gewährte, der durch einen See zu ihrem Haus geschwommen war. Nach Angaben ihres Anwalts will Suu Kyi vor Gericht auf unschuldig plädieren. Sie habe den US-Bürger lediglich aufgenommen, weil er an Krämpfen in den Beinen litt, sagte der Anwalt Kyi Win AFP.

Vier europäische Botschafter wurden nach Angaben eines Diplomaten nicht zur Prozessbeobachtung in das Gefängnis gelassen. Die Botschafter aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien kamen demnach nur bis zu den Straßensperren und mussten unverrichteter Dinge wieder umkehren. Ein Fahrzeug der US-Botschaft wurde dagegen durchgelassen. Dem US-Bürger Yettaw sowie zwei Hausangestellten Suu Kyis soll ebenfalls der Prozess gemacht werden.

Fünf Jahre Haft drohen

Die Friedensnobelpreisträgerin saß insgesamt 13 der vergangenen 19 Jahre in Haft oder stand unter Hausarrest. Ihr derzeitiger Hausarrest wäre Ende Mai zu Ende gegangen. Bei einem Schuldspruch drohen der 63-Jährigen bis zu fünf Jahre Haft. Sie säße dann während der von den Militärs für kommendes Jahr angesetzten Wahlen fest.

EU uneins über Sanktionen

"Wir sind sehr besorgt über die Lage in Birma", sagte der britische Außenminister David Miliband. "Der Hausarrest für Aung San Suu Kyi ist schlimm genug, aber der Schauprozess gegen sie verstärkt das Leid nur noch." Die Regierung solle sich lieber um einen politischen Dialog statt um einen "Schein-Prozess" bemühen. "Wir müssen darauf hinwirken, dass Birma zu einem Rechtsstaat wird, in dem die Menschenrechte respektiert werden", sagte der finnische Außenminister Alexander Stubb. Als "Tollheit" bezeichnete der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn das Vorgehen der Militärregierung gegen die Friedensnobelpreisträgerin.

Meinungsunterschiede gab es über die Verschärfung der Sanktionen. EU-Chefdiplomat Javier Solana sagte: "Dies ist nicht der Moment zur Lockerung, dies ist der Moment zur Verschärfung." "Wir sind bereit, über eine Verschärfung der Sanktionen zu sprechen", sagte der tschechische Außenminister Jan Kohout, der derzeit im EU- Außenministerrat den Vorsitz führt.

Schwedens Außenminister Carl Bildt warnte hingegen, angesichts der geringen wirtschaftlichen Bedeutung Birmas gebe es kaum Möglichkeiten zu einer weiteren Verschärfung der Sanktionen: "Wir haben kaum Beziehungen zu Birma. Wir müssen uns mit den anderen Ländern der Region engagieren." "Sanktionen bringen nicht viel", sagte Stubb. "Wir sollten unsere Sanktionspolitik überdenken." EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte: "Ich glaube nicht, dass die Verschärfung der Sanktionen eine Menge bringen würde." Stattdessen müsse die EU den Dialog mit den anderen Staaten der Region intensivieren: "Mit China, Indien und all den anderen Nachbarn, mit denen wir immer diskutieren und reden, aber von denen wir bisher wenig Druck gesehen haben."

Die EU hatte im April Sanktionen gegen Birma bis 2010 verlängert. Sie sehen Einreiseverbote gegen rund 500 Führungspersönlichkeiten des Militärregimes und deren Familien vor. Auch Geschäfte mit 80 Unternehmen wurden verboten. Birma exportiert vor allem Edelsteine und Hölzer.

Quelle: ntv.de, AFP

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