
Grünen-Chef Robert Habeck freut sich über schöne Tage und spaziert zu den Dreiergesprächen mit SPD und FDP.
(Foto: picture alliance/dpa)
In Berlin laufen die ersten Dreiergespräche zwischen SPD, FDP und Grünen. "Jeder Tag ist immer besonders, das macht die Tage so schön", sagt Grünen-Chef Habeck. Etwas gesprächiger ist SPD-Chef Walter-Borjans, sehr viel schweigsamer ist der Kanzlerkandidat.
Vor der Messehalle im Westen Berlins, wo SPD, Grüne und FDP darüber sprechen, ob sie in Sondierungen eintreten wollen, die dann auch so heißen, kommt es zu Tumulten. Beteiligt sind aber nicht die Unterhändler der Parteien, sondern die anwesenden Medienvertreter. "Ey", brüllt ein Kameramann, als Fotografen ihm den Blick auf FDP-Chef Christian Lindner versperren.
Kameraleute und Fotografen, sie alle brauchen Bilder vom Eintreffen der 26 Politikerinnen und Politiker, die hier an diesem Donnerstag zwischen 11.00 und 17.00 Uhr darüber sprechen, "wie das gemeinsam Trennende überwunden werden kann, welche Brücken gebaut werden können", wie Lindner das am vergangenen Freitag nach einem Gespräch mit den Grünen formuliert hatte.
Die Bilder der Fotografen und Kameraleute sind noch wichtiger als sonst, weil es sonst nicht viel gibt. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der schon vor 8 Uhr am "CityCube Berlin" als Erster eintrifft, sagt freundlich "Morgen", aber mehr nicht, bevor er in dem Gebäude verschwindet. Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer machen es ebenso. Alle drei beteiligten Parteien hatten versichert, dass es nun darauf ankomme, Vertrauen zu schaffen. Das soll erreicht werden, indem Vertraulichkeit gewahrt wird. Für die Journalisten heißt das: Es gibt kaum Informationen.
"Gespräche", keine Sondierungen
Es ist das erste Dreier-Treffen von SPD, Grünen und FDP seit der Bundestagswahl - alle bisherigen Gespräche, auch die mit Beteiligung der Union, fanden zwischen zwei Parteien statt. Da die Treffen bislang unter dem Titel "Vorsondierungen" liefen, wäre es naheliegend, jetzt von "Sondierungen" zu sprechen, doch dieses Label haben die Verhandlungen noch nicht. Erst einmal geht es darum, zu prüfen, ob es Sondierungen geben wird. Die eigentlichen Koalitionsverhandlungen würden danach beginnen.
Dass es möglicherweise auch schnell gehen kann, zeigte der gestrige Mittwoch, an dem das Treffen in einer ausgeklügelten Inszenierung verabredet wurde, bei der die Grünen den Auftakt machten, den Ball an die FDP spielten, die dann wiederum an die SPD übergab. CDU und CSU fanden sich in der Rolle des zerstrittenen, beleidigt wirkenden Zuschauers wieder. Denn während CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet Jamaika noch eine Chance geben will, erklärte der CSU-Vorsitzende Markus Söder diese Option für beendet - obwohl nicht nur die FDP, sondern auch die Grünen sie ausdrücklich offengelassen hatten.
Dass Jamaika auch für die FDP nur die zweite Wahl ist, liegt auch am Zustand der Union. "Ohne die permanenten CSU-Blutgrätschen gegen Armin Laschet könnten wir morgen Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition beginnen", twitterte der FDP-Politiker Konstantin Kuhle am Mittwoch. "Dass Söder heute gegen Jamaika schießt, obwohl FDP und Grüne diese Variante explizit offenlassen, setzt seiner Obstruktion die Krone auf."
"Dann sehen wir mal zu"
Vor der Messehalle haben sich Aktivisten des Vereins "Mehr Demokratie" und von Greenpeace aufgebaut. Die Umweltschützer fordern in großen Buchstaben "Vorfahrt für Klima". Grünen-Chef Robert Habeck nimmt einen Flyer entgegen und plaudert kurz mit ihnen. Ein Journalist ruft ihm eine Frage zu. "Jeder Tag ist immer besonders, das macht die Tage so schön."
Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock spricht mit den Aktivisten und sichert ihnen zu, das Klima werde heute "auf jeden Fall Thema sein". Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagt auf die ihm zugerufene Frage, was ihm heute am wichtigsten sei: "Alles." Auch Lindner, der um viertel vor elf als letzter Verhandler eintrifft, nimmt den Greenpeace-Flyer, auch er hält kurz bei den Aktivisten an, um mit ihnen zu sprechen. Er grüßt freundlich in alle Richtungen und verschwindet dann wortlos hinter der Glastür.
Etwas gesprächiger ist nur SPD-Chef Norbert Walter-Borjans. "Ich habe ein gutes Gefühl, dass wir gemeinsame Überzeugungen haben, dass wir das Land nach vorn bringen wollen. Und jetzt müssen wir erst mal gucken, dass wir wirklich die Punkte einzeln mal abklopfen, und dann sehen wir mal zu."
Quelle: ntv.de