Tsipras' Sieg in Griechenland "Schuldenfrage wird erste Schlacht sein"
21.09.2015, 16:01 Uhr
Tsipras nach seinem überraschend deutlichen Sieg.
(Foto: imago/ZUMA Press)
Nun ist es amtlich: Alexis Tsipras gewinnt mit dem Linksbündnis Syriza die Neuwahlen in Griechenland und setzt die Schuldenfrage auf die Agenda. Die Bundesregierung will zwar kooperieren, betont aber die geltenden Vereinbarungen mit den EU-Partnern.
Das vorläufige Endergebnis bei den Wahlen in Griechenland steht fest: Das Linksbündnis Syriza hat mit 35,5 Prozent der Stimmen gewonnen. Das teilte das griechische Innenministerium mit. Die Partei um Alexis Tsipras wird mit 145 Abgeordneten im neuen Parlament vertreten sein und verfehlt damit die absolute Mehrheit von 151 Sitzen.
Die rechtspopulistische Partei der Unabhängigen Griechen - der kleinere Partner in der Regierungskoalition - erhielt 3,7 Prozent und zehn Sitze im Parlament. Zweitstärkste Kraft sind die Konservativen der Nea Dimokratia mit 28,1 Prozent und 75 Mandaten.
Rechtsextreme bekommen 18 Sitze
Die rechtsextremistische und ausländerfeindliche Goldene Morgenröte kommt auf den dritten Platz mit 7 Prozent und 18 Sitzen im Parlament. Der Einzug ins Parlament gelingt auch der Demokratischen Aufstellung (Pasok und Demokratische Linke) mit 6,3 Prozent und 17 Abgeordneten sowie den Kommunisten mit 5,6 Prozent und 15 Abgeordneten.
Die 2014 neu gegründete Partei der politischen Mitte To Potami (Der Fluss) erhielt 4,1 Prozent und wird mit elf Abgeordneten im Parlament vertreten sein. Auch einer kleineren Protestpartei, der Union des Zentrums, gelingt der Einzug mit 3,4 Prozent und neun Abgeordneten. Die Wahlbeteiligung lag bei 56,6 Prozent. Im Januar dieses Jahres waren es noch 63,9 Prozent.
Das neue Parlament soll am 1. Oktober zusammentreten. Es wird sich umgehend mit weiteren Spar- und Reformmaßnahmen sowie mit der Aufhebung der seit Juni geltenden Kapitalverkehrskontrollen befassen müssen. Tsipras kündigte bereits an: die Schuldenfrage werde die "erste entscheidende Schlacht" sein.
Das Regierungsprogramm für die kommenden drei Jahre ist durch die Vereinbarung mit den internationalen Geldgebern weitgehend festgelegt. Bis Ende Oktober sollen erste Reformen umgesetzt sein, damit weitere Finanzhilfen ausgezahlt werden. Nach Angaben aus Syriza-Parteikreisen wird der bisherige Finanzminister Euklid Tsakalotos sein Amt auch in der neuen Regierung behalten.
Bundesregierung pochte auf Vereinbarungen
Die Bundesregierung sicherte Tsipras eine enge Kooperation in der Schulden- und Flüchtlingspolitik zu, betonte zugleich aber die Geltung der Vereinbarungen. Das Abkommen zum dritten Hilfsprogramm behalte "die Gültigkeit über die Bildung einer neuen Regierung hinweg", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass der Ministerpräsident dafür sorgen wird, dass die Umsetzung so wie vereinbart geschieht."
Auch die EU-Kommission drängte Tsipras zur Eile bei der Umsetzung der vereinbarten Reformen. Die künftige Regierung habe nun ein Mandat, diese Reformen umzusetzen, sagte ein Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. "Es gibt viel Arbeit zu erledigen und keine Zeit zu verlieren." EU-Ratspräsident Donald Tusk verwies seinerseits darauf, dass auch die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise mit Griechenland einen hohen Stellenwert habe.
Nach seinem Wahlsieg telefonierte Tsipras mit Frankreichs Staatschef François Hollande, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) und dem österreichischen Kanzler Werner Faymann. Hollande kündigte einen baldigen Besuch in Athen an. Schulz und Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem forderten eine rasche Regierungsbildung. Russlands Präsident Wladimir Putin gratulierte Tsipras und äußerte die Hoffnung auf die Fortsetzung der bisherigen Zusammenarbeit.
Quelle: ntv.de, kpi/dpa/AFP/rts