Warnstreik der angestellten Lehrer "Schulen werden auf Verschleiß gefahren"
11.03.2015, 09:47 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert gleichen Lohn für verbeamtete und angestellte Lehrer. "Die bundesweit 200.000 angestellten Lehrer werden als eine Art Beamte light gesehen - das müssen wir ändern", sagt die Berliner GEW-Chefin Siebernik.
n-tv.de: Sie haben für Mittwoch zum Warnstreik aufgerufen, wie viele Teilnehmer erwarten Sie?

Doreen Siebernik ist die Vorsitzendes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin.
(Foto: GEW)
Doreen Siebernik: Es gibt einen gemeinsamen Aufruf von Verdi, der Deutschen Polizeigewerkschaft, der IG Bau-Agrar-Umwelt und unserer Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Wir rechnen mit 10.000 Teilnehmern.
Warum streiken Sie?
Wir sind in einer Tarifauseinandersetzung und fordern ein Plus von 5,5 Prozent, mindestens jedoch 175 Euro monatlich. Außerdem wollen wir weg von Befristungen. Die Arbeitgeber haben noch kein Angebot vorgelegt. Im Gegenteil, es gibt Bestrebungen, die angestellten Lehrer künftig schlechter zu stellen. Denn die Arbeitgeber verlangen als Vorbedingung für einen Tarifabschluss unsere Zustimmung zu Einschnitten bei der Zusatzversorgung ...
... also der Altersversorgung im öffentlichen Dienst.
Wir wehren uns gegen diesen Versuch in unsere Altersversorgung einzugreifen, und wollen eine Gehaltserhöhung, die mit den Abschlüssen in den anderen Branchen Schritt hält.
Sie argumentieren mit "LEGO". Was ist das?
Das ist die Entgeltverordnung für die angestellten Lehrer. Wir gehen dagegen an, weil das eine Ungerechtigkeit ist. Denn die Bezahlung der angestellten Lehrer und die Arbeitszeitenregelung erfolgen willkürlich durch den Arbeitgeber. Wir fordern eine Einstufung in verlässliche Einkommensgruppen und wir wollen die gleiche Entlohnung für die angestellten und die verbeamteten Lehrer. Die bundesweit 200.000 angestellten Lehrer werden als eine Art "Beamte light" gesehen - das müssen wir ändern.
Noch ist der öffentliche Dienst im Bereich von Warnstreiks, das heißt, Sie legen die Arbeit für einige Stunden nieder, um Ihren Forderungen Druck zu verleihen. Denken Sie auch an "reguläre" Streiks?
Soweit sind wir noch nicht. In der kommenden Woche werden die Tarifverhandlungen in Potsdam fortgesetzt. Dann werden wir sehen, wie weit wir kommen.
Aber Sie schließen weitere Streiks nicht aus?
Nein.
Wie reagieren die Eltern auf Ihre Streikaufrufe?
Das ist sehr unterschiedlich. Wir spüren zum Teil eine große Zustimmung, denn viele Eltern sagen, dass Lehrer anständig bezahlt werden sollen. Also verstehen viele Eltern unseren Arbeitskampf. Aber es gibt auch offene Ablehnung. Manche Eltern haben Probleme, ihre Kinder unterzubringen. Wir versuchen aber, eine Notversorgung anzubieten. Zudem sind in den Schulen ja auch verbeamtete Lehrer tätig, die nicht streiken dürfen.
Ein großes Problem ist nicht nur die Bezahlung der Lehrer, sondern der besorgniserregende Zustand vieler Schulen. Ist das nicht auch eine Aufgabe für Sie als Gewerkschaft, sich dafür zu engagieren, dass das Bildungsumfeld verbessert wird?
Ja, natürlich. Wir machen auch in dieser Hinsicht viel und mischen uns auch tatkräftig ein, damit dieser Sanierungsstau abgearbeitet werden kann. Das ganze System ist kaputt und wird auf Verschleiß gefahren, sowohl im Hinblick auf die Ausstattung und den Zustand der Schulen als auch mit Blick auf die Lehrer und Erzieher. In der aktuellen Auseinandersetzung geht aber um das Entgelt für unsere Kolleginnen und Kollegen und nicht um die Arbeitsbedingungen.
Mit Doreen Siebernik sprach Elke Grohs
Quelle: ntv.de