Politik

CSU wegen ZDF-Affäre in der Defensive Seehofer bleibt lieber zu Hause

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Ein Anruf des CSU-Sprechers beim ZDF schlägt hohe Wellen: Die Partei gerät in den Geruch, die Pressefreiheit zu missachten. SPD und der Journalistenverband schlagen Alarm, die Affäre wird Gegenstand einer Landtagsdebatte. Auch Ministerpräsident Seehofer ist in Bedrängnis. Und sagt deswegen eine Reise nach Thüringen kurzfristig ab.

Wegen des Wirbels um einen Anruf des CSU-Sprechers beim ZDF hat Regierungschef Horst Seehofer seine Teilnahme an der Ministerpräsidentenkonferenz abgesagt. Statt an dem Treffen der Länderchefs am Donnerstag und Freitag auf Schloss Ettersburg bei Weimar werde er an der Plenarsitzung im Landtag teilnehmen, kündigte Seehofer nach einer Sitzung der CSU-Fraktion an.

Ude tritt in Bayern an: Kein Thema für die Nachrichten?

Ude tritt in Bayern an: Kein Thema für die Nachrichten?

(Foto: dpa)

Die Opposition will sowohl den Fall des CSU-Sprechers als auch die neu entbrannte Debatte über Studiengebühren zum Thema im Landtag machen und hat dazu Dringlichkeitsanträge eingebracht. Da wolle er anwesend sein und gegebenenfalls selbst das Wort ergreifen, sagte Seehofer und betonte, manchmal gehe das Parlament eben gegenüber der Exekutive vor.

CSU-Sprecher Hans Michael Strepp soll mit einem Anruf in der ZDF-"heute"-Redaktion versucht haben, einen Fernsehbericht über den bayerischen SPD-Parteitag mit der Kür des SPD-Spitzenkandidaten zu verhindern. Strepp bestreitet dies - und erhielt Rückendeckung von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, aber auch von Seehofer.

ZDF beharrt auf Darstellung

Dobrindt teilte mit: "Der CSU-Sprecher hat deutlich gemacht, dass es keinen Versuch einer Beeinflussung der Berichterstattung des ZDF gab." In einem Schreiben Strepps an die ZDF-Chefredaktion heißt es, er habe selbstverständlich auf die Berichterstattung des ZDF weder Einfluss genommen noch habe er dies vorgehabt. "Ein etwaiger anders gearteter Eindruck aus dem Telefonat vom Sonntag erklärt sich mir deshalb nicht", schrieb Strepp. Seehofer sagte dazu: "Ich muss mich auf eine solche schriftliche Stellungnahme verlassen." Was Strepp schriftlich erkläre, sei für ihn Realität.

Seehofer betonte jedoch mehrfach, dass der Versuch einer Einflussnahme auf das ZDF durch die CSU-Zentrale nicht zu tolerieren wäre. "Es widerspräche unserer Grundhaltung. Wir sind eine tolerante Partei." Dobrindt erklärte, Strepp habe in seinem Schreiben an das ZDF den Vorwurf versuchter Einflussnahme bestritten, zugleich aber "eine Entschuldigung gegenüber dem ZDF ausgesprochen für den Fall, dass ein anders gearteter Eindruck entstanden sein sollte".

Das ZDF blieb "bei der Darstellung, dass Strepp am Sonntag in der 'heute'-Redaktion angerufen und die geplante Berichterstattung über den Landesparteitag der SPD infrage gestellt hatte". ZDF-Chefredakteur Peter Frey teilte mit, der Anruf sei "eindeutig gewesen", aber man sei dem Berichterstattungsauftrag nachgekommen.

Ude: "Erbärmliches Verständnis von Pressefreiheit"

Schon vorher hatte Frey gefordert, Strepp müsse die Frage beantworten, warum und mit welcher Intention er direkt in der "heute"-Redaktion angerufen habe. Er sei mit der Reaktion der Kollegen sehr zufrieden. "Wir senden, was wir senden, egal wer anruft."

Die SPD verlangte umfassende Aufklärung und forderte die CSU zu Konsequenzen auf. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: "Ein Pressesprecher, der die Pressefreiheit nicht kennt, ist in einer demokratischen Partei nicht haltbar. Der kläglich gescheiterte Einschüchterungsversuch des CSU-Pressesprechers zeigt: Aus Angst vor dem Machtverlust im eigenen Land werden hier die Grundfesten unserer Demokratie skrupellos mit Füßen getreten."

Ude sprach von einem gravierenden Vorgang. Falls sich der Vorwurf erhärten sollte, sei er gespannt auf die Konsequenzen der CSU. Der bayerische Grünen-Landeschef Dieter Janecek betonte: "Der Zensurversuch der CSU zeigt ihr erbärmliches Verständnis von Pressefreiheit und ihre Angst vor Machtverlust."

Sender zeigt Beitrag trotzdem

Der djv-Bundesvorsitzende Michael Konken betonte: "Der Versuch der CSU-Pressestelle, beim ZDF einen Informationsboykott des politischen Gegners zu erwirken, ist mit dem Gebot der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht vereinbar." Der Versuch von Politikvertretern, Medien zu instrumentalisieren, sei nicht zulässig.

Am Sonntag hatte die Bayern-SPD den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Herbst 2013 gewählt. Die CSU hatte sich unmittelbar davor, am Freitag und Samstag, zu einem Parteitag getroffen. Die "SZ" hatte gemeldet, CSU-Sprecher Strepp habe verlangt, die 19-Uhr-"heute"-Sendung am Sonntag möge bitte nicht über den Landesparteitag der SPD berichten. Der Parteitag war allerdings später Thema in der "heute"-Sendung.

Quelle: ntv.de, jog/dpa

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