Politik

"Brandrede" gelöscht Seehofer gibt Pfötchen

Im Streit innerhalb der Union um rasche Steuersenkungen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise hat der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer überraschend deutliche Kompromissbereitschaft signalisiert. "Wir haben kein Interesse am Konflikt", sagte Seehofer in Berlin. "Ich möchte, dass wir das Schulter an Schulter machen." Seehofer bestand allerdings darauf, dass ein Element eines neuen Konjunkturpakets aus "kräftigen Steuererleichterungen" bestehe.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos hatte am Vortag Steuererleichterungen in Höhe von 25 Milliarden Euro vorgeschlagen. Nach seinen Plänen, die von der CSU-Landesgruppe in Berlin unterstützt wurden, soll der Grundfreibetrag erhöht und der Steuertarif günstiger ausgestaltet werden. Seehofer machte deutlich, dass auch nur Elemente dieses Vorschlags in einem ersten Schritt verwirklicht werden könnten.

Nach seinen Angaben ist er sich mit der CDU-Vorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel einig, dass in den nächsten Wochen vor Verhandlungen mit der SPD zunächst eine gemeinsame Linie in der Union gefunden werden solle. Seehofer nannte dafür wiederum das Datum des 2. Januar. Am 5. Januar wollen sich die Koalitionsspitzen treffen, um über die weitere wirtschaftliche Lage zu beraten. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hatte zuletzt gesagt, dass er von diesem Treffen noch keine Entscheidung über ein weiteres Konjunkturprogramm erwarte.

Nur "Kaffeekränzchen" im Kanzleramt?

Auch von dem Spitzentreffen im Kanzleramt am Wochenende ist wohl nichts Konkretes zu erwarten. Jedenfalls dämpfte die Bundesregierung die Erwartungen: Am Ende der Gespräche von Merkel und mehrerer Minister mit Top-Managern, Ökonomen sowie Vertretern von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften könnte eventuell eine gemeinsame Einschätzung über die konjunkturelle Entwicklung im nächsten Jahr stehen, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg.

Vielleicht gebe es bei dem Treffen mit knapp 30 Teilnehmern auch eine "minimale Übereinstimmung" darüber, welche möglichen weiteren Konjunkturhilfen am sinnvollsten sind und welche eher ausscheiden - eine Art "Positiv- und Negativliste". "Dies wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon sehr viel, was wir erreichen könnten", sagte Steg. Er schloss regelmäßige weitere Treffen in dieser Größenordnung aus. "Es ist nicht beabsichtigt, das jetzt zu einer dauerhaften Einrichtung zu machen."

Zuvor gab es Kritik an der langen Teilnehmerliste. Seitens der Bundesregierung nehmen neben Merkel auch Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, Finanzminister Peer Steinbrück, Arbeitsminister Olaf Scholz sowie Wirtschaftsminister Michael Glos teil. Die schleppende Kreditvergabe soll ein Hauptthema des Krisentreffens mit den Top-Managern und -Bankern sein.

"Wir bringen alle Zeit mit und wollen einander zuhören", sagte Steg. Das Ende der Runde sei offen. Es solle ausführlich über die wirtschaftliche Lage, die Erfahrungen mit dem Banken-Rettungspaket von 480 Milliarden Euro sowie die Kreditversorgung an Unternehmen gesprochen werden. Vor dem Koalitionstreffen am 5. Januar solle die Runde auch einen wichtigen Beitrag leisten, um zu einer "konsolidierten Einschätzung der Lage" zu kommen und zu einer Basis für Entscheidungen über ein mögliches zweites Konjunkturpaket. Dafür strebt die Bundesregierung laut Steg einen breiten gesellschaftlichen Konsens an.

Pendlerpauschale schon mitgerechnet

Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben für 2009 und 2010 bisher "konjunkturwirksame Maßnahmen" im Umfang von 38,5 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Neben dem eigentlichen ersten Konjunkturpaket sowie weiteren Entlastungen für Familien und Unternehmen zählen dazu auch Rückzahlungen von 7,5 Milliarden Euro an die Bürger infolge eines Urteils zur Pendlerpauschale.

Die Gesamtsumme entspreche deutlich mehr als 1,5 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, betonte Steg. Die Vorgabe für den nationalen Anteil zu einem europäischen 200-Milliarden-Euro-Paket werde erfüllt. Deutschland liege bei den Hilfen am oberen Ende und sei in Europa Schrittmacher.

Jeder zweite Deutsche für weitere Konjunkturhilfen

Fast die Hälfte der Deutschen hält einer Umfrage zufolge weitere Konjunkturimpulse über die bereits beschlossenen Maßnahmen hinaus für nötig. Das vor einer Woche verabschiedete Konjunkturpaket der Bundesregierung werten in einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF 48 Prozent als unzureichend. Richtig finden die Maßnahmen 26 Prozent, während zehn Prozent angaben, das Paket sei nach ihrer Meinung zu umfangreich.

In der Umfrage sprachen sich 93 Prozent für zusätzliche staatliche Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen wie den Straßenbau aus. Rund 80 Prozent befürworteten Steuersenkungen. Knapp zwei Drittel stimmten finanziellen Entlastungen für Betriebe zu. Etwas mehr als die Hälfte hält finanzielle Hilfen für in Schwierigkeiten geratene Betriebe für richtig. Konsumgutscheine lehnen dagegen 81 Prozent ab. Trotz der Rezession sprachen sich auch 72 Prozent gegen Abstriche an den Klimaschutz-Zielen aus.

Quelle: ntv.de

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