Letzte Rede als CSU-Chef Seehofer nimmt Abschied von seinem Lebenstraum
19.01.2019, 11:22 Uhr
Mehr als zehn Jahre führte Horst Seehofer die CSU an. Er hat auch heute noch viele Unterstützer.
(Foto: imago/kolbert-press)
Mit einer emotionalen Rede nimmt Horst Seehofer Abschied vom Amt des CSU-Vorsitzenden. Nach mehr als zehn Jahren gibt er den Posten ab. Was bleibe, sei "ein glühendes Herz" für seine politische Familie. Deren Oberhaupt wird nun sein einstiger Widersacher Markus Söder.
Horst Seehofer hat sich mit einer emotionalen letzten Rede als CSU-Vorsitzender auf dem Sonderparteitag in München verabschiedet. "Heute gebe ich das Amt des Parteivorsitzenden mit großer Dankbarkeit und auch mit Stolz in die Hände meiner Partei zurück", sagte Seehofer und fügte hinzu: "Ich gebe heute das Amt weiter, aber es bleibt bei mir ein glühendes Herz für meine politische Familie CSU."
Dass er Vorsitzender dieser Partei sein konnte, betrachte er als "großes Geschenk in meinem Leben". "Das war die Realisierung eines Lebenstraumes." Seehofer sieht die Christsozialen weiterhin als "bärenstarke Volkspartei". Die CSU habe in den vergangenen zehn Jahren, seit er das Amt übernommen habe, gute Politik gemacht und große Erfolge gefeiert, sagte der 69-Jährige.
In der über weite Strecken versöhnlichen Rede gab Seehofer Kanzlerin Angela Merkel jedoch einen Seitenhieb mit. So sieht er einen Teil der Verantwortung für das bayerische Wahldesaster im vergangenen Herbst in Berlin. Eine Ursache für den Einzug der AfD in den Landtag liege "in bestimmten Rahmenbedingungen, die nicht primär in München gesetzt wurden", sagte Seehofer.
Der notwendig gewordene Spagat sei nicht vorteilhaft gewesen, sagte Seehofer, ohne den Krach mit Merkel über deren Migrationspolitik anzusprechen. Die Alternative wäre aber mit noch größerem Schaden für die Union verbunden gewesen, nämlich der Spaltung der "Geschwisterschaft" von CSU und CDU. Dabei sprach Seehofer ausdrücklich den als Gast anwesenden Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, an.
Söder will Geschlossenheit wiederherstellen
Seehofer ging auch kurz auf die dem Vorsitzwechsel vorangegangenen internen Machtkämpfe ein. Er sagte, er wolle sich aus Rücksicht auf die CSU nach seinem Rücktritt darüber nicht weiter äußern, fügte aber hinzu: "Ich bin froh darüber, dass ich Vieles hingenommen habe, geschluckt habe, nie darüber geredet habe." Seehofer sagte, es habe seit der Bundestagswahl 2017 "einige Misshelligkeiten" gegeben. "Ich habe darauf nie in der Breite oder gar in der Tiefe reagiert", sagte er. "Denn wenn man so lange in der Partei tätig ist wie ich, ist einem die Partei ans Herz gewachsen."
Die CSU bestehe seit 73 Jahren, davon habe er zwei Drittel an vorderer und vorderster Front mitgewirkt. "Ich glaube, alleine aus dieser Zeit wird klar: Da wächst einem etwas ans Herz. Und man wird als Parteivorsitzender alles vermeiden, was aus Eigenverschulden sozusagen Schaden für dieses Herz anrichtet", betonte Seehofer. Konkreter sagte er dazu nichts, er fügte lediglich hinzu: "Es gehört auch zur Ehrlichkeit, dass wir dies heute kurz ansprechen."
Im Anschluss an Seehofers Rede soll Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zum neuen Parteichef gewählt werden. Söder rief seine Partei unmittelbar vor Beginn des Delegiertentreffens zum Zusammenhalt auf. Ihm sei wichtig, dass die CSU auf ihrem Parteitag "ein Signal der Geschlossenheit" setze.
Söder wollte sich dabei nicht festlegen, welches Wahlergebnis er sich bei seiner geplanten Wahl zum neuen CSU-Chef erhofft. CSU-intern gilt nur ein Ergebnis von mindestens 90 Prozent Zustimmung als klare Unterstützung der Partei. Söder bekräftigte, er wolle die CSU erneuern und modernisieren. "Wir müssen uns auf die neuen Herausforderungen einstellen." Die CSU soll für ihre Anhänger eine "Schutzmacht" gegen globale Herausforderungen sein.
Auf dem Parteitag wollen die Christsozialen nach der Vorsitzendenwahl eine Parteireform einläuten. Mit dieser soll die bei den jüngsten Wahlen zum Landtag und zum Bundestag stark geschrumpfte CSU wieder für breitere Wählerschichten attraktiv gemacht werden.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP