Politik

Risiko am Steuer? "Senioren-TÜV" gefordert

Blumen an der Unglücksstelle in Menden.

Blumen an der Unglücksstelle in Menden.

(Foto: dpa)

Nach dem tragischen Unglück bei einem Schützenumzug im sauerländischen Menden ist eine Debatte um Tauglichkeitstests für betagte Autofahrer entbrannt. Nach den Grünen tritt auch die Linke für einen "Senioren-TÜV" ein. "Das halte ich durchaus für sinnvoll, es geht aber nicht darum, jemanden zu diskriminieren", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Dorothée Menzner. Die Union lehnte den Vorschlag für verpflichtende Senioren-Tests ab. "Die Unfallstatistik rechtfertigt eine solche Forderung nicht", sagte Verkehrsexperte Dirk Fischer. Auch die FDP ist dagegen. Die Grünen kündigten an, ihre Idee in den neuen Bundestag einzubringen.

Die Debatte war aufgekommen, nachdem ein 79 Jahre alter Rentner in Menden mit seinem Auto in einen Schützenumzug gerast war und zwei Menschen getötet hatte. Laut Staatsanwaltschaft ist es bisher völlig schleierhaft, warum er mit seinem Wagen zunächst hinter dem Umzug gewartet und dann den am Ende der Parade fahrenden Rettungswagen überholt hatte und in die Menge gerast war. Der Mann verweigert bisher die Aussage.

Zahlen sind "deutlich"

Statistisch gesehen verursachen Fahrer der Altersgruppe 60-plus laut ADAC weniger Unfälle als alle anderen Autofahrer. Und wenn es kracht, passiere das meist auf Parkplätzen, beim Rückwärtsfahren oder Abbiegen. "Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache", sagte der Verkehrsexperte der FDP-Fraktion, Patrick Döring. Knapp 17 Prozent aller Führerscheine in Deutschland seien im Besitz von Menschen, die älter als 65 Jahre sind - aber nur 7,8 Prozent aller Unfälle mit Verletzten würden von ihnen verursacht. Döring regte aber an, Autos stärker an die Bedürfnisse von Senioren anzupassen. "Auch eine übersichtlichere Gestaltung des Straßenbildes und eine Lichtung des Schilderwaldes wäre hilfreich - und das nicht nur für alte Menschen."

Die Untersuchung des Geschehens dauert noch an, da werden Rufe nach politischen Konsequenzen laut.

Die Untersuchung des Geschehens dauert noch an, da werden Rufe nach politischen Konsequenzen laut.

(Foto: dpa)

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Hermann, verteidigte seine Forderung nach verpflichtenden Tests für Autofahrer ab 70 Jahren. Die Grünen wollen dies nach der Bundestagswahl am 27. September im Parlament erneut zum Thema machen, die Erfolgsaussichten sind aber derzeit eher gering. Ein erster Vorstoß war vor einigen Monaten gescheitert. Es gehe keinesfalls darum, Senioren zu diskriminieren, sondern frühzeitig Einschränkungen beim Sehen, Hören oder bei der Reaktionsfähigkeit erkennen zu können, sagte Hermann.

Defizite erkennen

"Es ist eine Tatsache, dass immer mehr Menschen immer länger Auto fahren, dieser Debatte müssen wir uns stellen." Im Jahr 2020 sei jeder dritte Autofahrer älter als 60 Jahre. Man müsse eine medizinisch-wissenschaftlich abgesicherte Altersgrenze finden, von der an sich ältere Fahrer testen lassen. Die Linken-Politikerin Menzner sprach sich dafür aus, allgemein für alle Fahrer regelmäßige Tests durchzuführen, bei Senioren allerdings in kürzeren Abständen.

Neben Union und FDP lehnen auch der ADAC und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) den "Senioren-TÜV" ab. Die Fahreignung müsse "im Ermessen des Einzelnen" bleiben, sagte DVR-Pressereferentin Carla Bormann. Man rate älteren Fahrern zur "Selbsteinsicht" und freiwilligen Schritten. "Auch eine Extra-Fahrstunde bei einer Fahrschule kann helfen, mögliche eigene Defizite zu erkennen und zu beheben." Insgesamt sei das Fahrverhalten älterer Menschen meist "nicht so problematisch, wie es mitunter dargestellt wird", sagte Bormann. Sie hielten sich öfter an Tempobeschränkungen und verzichteten auf Abend- oder Nachtfahrten.

Quelle: ntv.de, dpa

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