Politik

"Einer zahlt immer" Spahn sieht noch Diskussionsbedarf bei den Tests

Für Spahn läuft es derzeit nicht wirklich rund.

Für Spahn läuft es derzeit nicht wirklich rund.

(Foto: imago images/Jochen Eckel)

Kostenlose Corona-Schnelltests hatte Jens Spahn für den 1. März angekündigt. Vorgestern wurde der 1. März gekippt, heute muss sich der Gesundheitsminister den Fragen des Bundestags stellen.

Ausgerechnet heute, ausgerechnet er. Immer mittwochs findet im Bundestag in Sitzungswochen die sogenannte Regierungsbefragung statt. Dabei wird nicht die ganze Regierung befragt, sondern in der Regel nur ein Ministerium. Heute ist Gesundheitsminister Jens Spahn an der Reihe - zwei Tage, nachdem die Kanzlerin eines seiner wichtigsten Projekte gestoppt hatte: die Einführung kostenloser Schnelltests für alle. "Herr Bundesminister, wenn Sie wollen, haben Sie das Wort für einleitende Ausführungen", sagt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. "Ja, Herr Präsident, ich will gerne", antwortet Spahn. Was soll er sonst auch sagen.

Er tritt dann gleich ein bisschen auf die Bremse. Die "Schnelltests durch geschulte Dritte" könnten im Alltag Sicherheit geben, etwa in Pflegeeinrichtungen oder beim Reisen. Die Selbsttests könnten Sicherheit geben "in einer konkreten Situation", bei Theaterbesuchen zum Beispiel. Das sei "die Perspektive", denn die Tests würden "natürlich nicht" gleich nach der Zulassung verfügbar sein. Erst am Vormittag hatte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) drei Tests zur Eigenanwendung zugelassen, die mit einem Nasenabstrich im vorderen Nasenbereich funktionieren. Ein Glück für Spahn: So kommt er nicht mit völlig leeren Händen in den Bundestag.

"Ab 1. März sollen alle Bürger kostenlos von geschultem Personal mit Antigen-Schnelltests getestet werden können", hatte Spahn am 16. Februar per Twitter angekündigt. "Sie sind mittlerweile ausreichend am Markt verfügbar. Die Kommunen können ihre Testzentren oder Apotheken mit solchen Angeboten beauftragen." Auch Laien-Selbsttests sollten "nach ihrer bald erwarteten Zulassung durch das BfArM für alle zugänglich sein".

Aus dem ersten Teil der Ankündigung wurde nichts: Am Montag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Einführung kostenloser Schnelltests für alle zum 1. März kurzerhand abgesagt - weniger als eine Woche vor dem geplanten Termin. Nun soll das Thema am 3. März in der Bund-Länder-Runde besprochen werden; es dürfte also in die Zuständigkeit der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten wandern.

"Kostenlos ist nix"

In der Befragung wird klar, dass einige Punkte noch unklar sind. Etwa der Preis der Selbsttests. Auf eine Frage des Grünen-Gesundheitspolitikers Janosch Dahmen sagt Spahn, die "Frage der Bezuschussung des Erwerbs hängt sehr von den Preisen ab". Noch wisse man nicht, wie teuer die Tests würden. "Für mich macht es einen Unterschied, ob ein Test zwei Euro oder zehn Euro kostet für die Frage, ob und in welchem Umfang Bezuschussung notwendig ist." Es habe im Übrigen von Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss "den nachvollziehbaren Hinweis gegeben, dass wir genau all diese Dingen mit einbeziehen müssen, wenn es um die Frage geht". Denn: "Kostenlos ist nix, einer zahlt immer." Deshalb müsse man das "miteinander besprechen".

Auf eine Frage der SPD-Abgeordnete Hilde Mattheis, ob Spahn nicht auch glaube, dass solche Tests kostenlos sein sollten, wiederholt er: "Die Fragen, ob und in welchem Umfang die Kosten übernommen werden, die sind jetzt miteinander zu klären." Aber auch Haushälter der SPD-Fraktion hätten ihn gefragt, "in welchem Umfang der Bund die Kosten übernehmen soll". Mattheis' Fraktionskollegen Matthias Miersch antwortet Spahn auf die Frage nach einer Öffnungsstrategie, die Kosten für Tests an Kitas und Schulen "sehe ich eher bei den Bundesländern".

Die Verschiebung der Schnelltests war nicht der einzige Grund, warum die Regierungsbefragung für Spahn hätte unangenehm werden können - hätte, denn rein stilistisch kommt der Minister gut durch. Er kontert Fragen nicht mit Angriffen, sondern antwortet ruhig, wenn auch häufig vage.

SPD ist "schockiert über Spahns Mangel an Professionalität"

Ansonsten läuft es für den CDU-Politiker derzeit nicht wirklich rund. Anfang des Jahres hatte Spahn versprochen, dass im Laufe des Januars alle Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen geimpft werden. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Die SPD wirft dem Gesundheitsminister schon seit einiger Zeit vor, mitverantwortlich für die zögerliche Bestellung der Impfstoffe durch die EU-Kommission zu sein.

Auch seine Kommunikation steht in der Kritik. Noch "im Sommer" werde es für alle Deutschen ein Impfangebot geben, sagte Spahn Mitte Januar im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel konkretisierte später, der Sommer gehe bis zum 21. September und gemeint seien auch nur die Erstimpfungen.

Doch auch da hakt es. 140.000 bis 150.000 Erst- und Zweitimpfungen gebe es derzeit täglich, sagt Spahn auf eine Frage von SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas. 300.000 könnten derzeit stattfinden, würden die Länder sagen, auf bis zu 500.000 könne das ausgebaut werden. Der "Switch" in die Hausarztpraxen sei erst dann sinnvoll, wenn es drei Millionen Impfdosen pro Woche gebe, "aber natürlich bereiten wir auch das vor". Daran gibt es Zweifel.

Während Spahn im Bundestag noch befragt wird, verbreitet die SPD-Fraktion über Twitter ein Zitat ihres parlamentarischen Geschäftsführers Carsten Schneider. "Ich bin schockiert über den Mangel an Professionalität", sagt dieser "über das Schnelltest-Chaos von Gesundheitsminister Jens Spahn".

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Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, der die Sitzungsleitung inzwischen von Schäuble übernommen hat, dankt Spahn am Ende der Befragung für dessen "Stehvermögen". Das dürfte der Minister noch häufiger brauchen.

Korrektur: In dem Artikel hieß es zunächst, Spahn sei bei der Ankündigung kostenloser Schnelltests zurückgerudert. Die Schnelltests sollen jedoch kostenlos bleiben, nur die Laien-Selbsttests sollen verkauft werden.

Quelle: ntv.de

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