Streit um Migranten-Ansturm Spanien wirft Marokko Erpressung vor
20.05.2021, 13:41 Uhr
Mehrere Tausend Migranten gelangten ins spanische Ceuta - die meisten wurden schon wieder abgeschoben.
(Foto: REUTERS)
Dass marokkanische Grenzpolizisten Tausende Migranten über die Grenze ins spanische Ceuta schwimmen ließen, sorgt noch immer für schlechte Stimmung zwischen den beiden Ländern. Die Verteidigungsministerin Spaniens macht dem südlichen Nachbarn nun schwere Vorwürfe.
Nach dem Ansturm auf die spanische Exklave Ceuta hat die Regierung in Madrid schwere Anschuldigungen gegen Marokko erhoben. Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles warf dem nordafrikanischen Land "Erpressung" und Verstöße gegen internationales Recht vor. Die Weigerung der marokkanischen Sicherheitskräfte, die Migranten am Montag vom Grenzübertritt nach Ceuta abzuhalten, komme einem Angriff auf die Grenze Spaniens und der EU gleich, sagte Robles im spanischen Radio.
Marokko habe Minderjährige als Druckmittel gegen Madrid eingesetzt. Die Grenzpolizei habe "Kinder im Alter von sieben oder acht Jahren" passieren lassen. "Sie haben sie benutzt, unter Missachtung des Völkerrechts", sagte Robles. Es sei "inakzeptabel", das Leben von Kindern und anderen Menschen für politische Zwecke aufs Spiel zu setzen. Spanien werde diese Art der "Erpressung" nicht hinnehmen und lasse sich nicht unter Druck setzen, betonte die Außenministerin.
Seit Montag war eine Rekordzahl von 8000 Migranten in Ceuta angekommen, mindestens ein Mensch ertrank bei dem Versuch. 5600 Migranten wurden inzwischen wieder nach Marokko abgeschoben, unter ihnen auch viele Minderjährige, was von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert wurde. Ceuta und die andere spanische Exklave Melilla haben die einzige Landgrenze der Europäischen Union mit Afrika. Die Gebiete sind deshalb regelmäßig Ziel von Menschen, die sich ein besseres Leben in Europa erhoffen.
Streit um Rebellenführer
Die marokkanischen Sicherheitskräfte hatten die Migranten in Ceuta am Montag passieren lassen und erst am Dienstag den Grenzschutz verstärkt. Hintergrund ist der Streit zwischen Marokko und Spanien um den Konflikt in der Westsahara. Der marokkanische Minister für Menschenrechte, Mustapha Ramid, hatte Madrid am Mittwoch vorgeworfen, sich in dem Streit auf die Seite der Widerstandsbewegung Frente Polisario und ihres Verbündeten Algerien geschlagen zu haben. Spanien müsse einen hohen Preis dafür zahlen, wenn es Marokko "diskreditiere", schrieb Ramid bei Facebook.
Auslöser der diplomatischen Krise war die Entscheidung der Regierung in Madrid, dem an Covid-19 erkrankten Anführer der Frente Polisario eine medizinische Behandlung in Spanien zu ermöglichen. Spanien hat allerdings auch ein Verfahren wegen Folter und Mord gegen den Mann wiedereröffnet. Die Frente Polisario kämpft für die Unabhängigkeit der Westsahara, während Marokko die Region an der Atlantikküste für sich beansprucht.
Quelle: ntv.de, vpe/AFP