Auslandsstimmen ausgezählt Spaniens Koalitionsbildung nochmals verkompliziert
30.07.2023, 08:30 Uhr Artikel anhören
Für Pedro Sánchez wird das Schmieden einer Koaliton eine heikle Angelegenheit.
(Foto: picture alliance/dpa)
Schon direkt nach der Wahl in Spanien gibt es keinen klaren Sieger, die vollständige Auszählung der Stimmen macht alles noch schwieriger. Die Konservativen bekommen einen Sitz mehr, der ursprünglich den Sozialdemokraten von Ministerpräsident Sánchez zugesprochen wurde. Das Rechnen beginnt.
Nach der vorgezogenen Parlamentswahl in Spanien sind die Mehrheitsverhältnisse noch schwieriger geworden. Die konservative Partido Popular (PP) erhielt nach Auszählung aller Stimmen am Samstag einen weiteren Sitz, der erst der sozialdemokratischen PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez zugeschlagen worden war. In dem Wahlkreis in der Hauptstadt Madrid kommt die PP nun auf einen Vorsprung von 1749 Stimmen.
Die PSOE erhält damit nur noch 121 von insgesamt 350 Sitzen, die PP 137 Sitze. Um eine Regierung bilden zu können, sind beide Parteien auf die Unterstützung kleinerer Parteien angewiesen: Die PSOE und das Linksbündnis Sumar wollen die Parteien der Basken und Katalanen an Bord holen. Nach der Neuverteilung der Sitze brauchen sie zudem die Stimmen der katalanischen Separatistenpartei JxCat, die ein Referendum über die Abspaltung Kataloniens von Spanien verlangt. Bisher hätte auch eine Enthaltung der JxCat-Abgeordneten gereicht.
Ist nach der Wahl vor der Wahl?
Im für ihn günstigsten Fall käme Sánchez auf 171 Stimmen, der Block der konservativen und rechtsextremen Parteien kommt nach der Neuverteilung auf 172 Sitze. Die PP von Spitzenkandidat Alberto Núñez Feijóo kann bisher allerdings nur auf die Unterstützung der 33 Abgeordneten der rechtsextremen Vox-Partei zählen. Weitere mögliche Koalitionspartner zeichnen sich für sie nicht ab, da die übrigen Parteien kein Bündnis mit Vox eingehen wollen.
Die absolute Mehrheit liegt bei 176 Stimmen, in einer zweiten Wahlrunde für das Amt des Regierungschefs im Parlament würde aber auch die einfache Mehrheit reichen. Sollte keiner der beiden Blöcke eine Mehrheit für die Regierungsbildung erreichen, müsste in Spanien voraussichtlich Ende des Jahres neu gewählt werden, wie es bereits 2016 und 2019 der Fall war.
Sánchez ist seit Juni 2018 im Amt und hatte sich bei der Neuwahl besser geschlagen als erwartet. Seit 2020 regieren die Sozialdemokraten unter ihm das Land in einer Minderheitskoalition mit der Linkspartei Podemos, die aus der Protestbewegung gegen die Sparpolitik hervorgegangen war. Sánchez' Regierung hat unter anderem einen höheren Mindestlohn, einen besseren Schutz von Frauen gegen Übergriffe und die Legalisierung der Sterbehilfe durchgesetzt.
PP-Chef Feijóo hatte seine Partei nach einer der schlimmsten internen Krisen ihrer Geschichte wieder auf Kurs gebracht. Im Wahlkampf versprach er, einige von Sánchez' Reformen zurückzudrehen, unter anderem ein Gesetz zum Vermächtnis der Franco-Diktatur.
Quelle: ntv.de, ses/AFP