"Verschenken bares Geld" Staatliche Kliniken leiden selbstverschuldet
19.09.2018, 10:07 Uhr
Ein schnelleres Forderungsmanagement könnte nach Ansicht von PwC schon viele der Finanzprobleme der öffentlichen Krankenhäuser lösen.
(Foto: dpa-tmn)
Hohe Kosten, Schulden, aufgeschobene Investitionen: Öffentliche Krankenhäuser wirtschaften oft miserabel. Das wirkt sich auf die Behandlungsqualität aus. Dabei könnte schon eine einzige Maßnahme die Situation vieler Kliniken verbessern.
Staatliche Krankenhäuser haben laut einer Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zu wenig Geld für Instandhaltung und Investitionen in ihre Zukunft. Daran seien sie aber zum Teil selber schuld, erklärte der Gesundheitswirtschaftsexperte Michael Burkhart: "Viele öffentliche Krankenhäuser verschenken bares Geld."
Für die Analyse zogen die Wirtschaftsprüfer die Jahresberichte von 100 Krankenhäusern aus dem vergangenen Jahr heran. Dabei verglichen sie die Finanzzahlen von Krankenhäusern, die vom Staat, Wohlfahrtsverbänden oder gewinnorientierten Unternehmen betrieben werden.
Demnach arbeiten die öffentlichen Häuser deutlich weniger wirtschaftlich als die privaten. Und das hat Auswirkungen auf die Ausstattung. Private Häuser gaben 2017 im Schnitt 83 Prozent ihres Umsatzes für Personal und Material aus - staatliche Häuser hingegen 91 Prozent. In der Praxis bedeutet das laut Burkhart: "Von 100 Euro Einnahmen bleiben den öffentlichen Krankenhäusern nicht einmal zehn Euro für Instandsetzungen, Digitalisierung ihrer Prozesse und weitere Ausgaben übrig."
Öffentliche Krankenhäuser hätten notwendige Investitionen lange vor sich hergeschoben. So habe sich über die vergangenen Jahre ein Investitionsstau von etwa zehn Milliarden Euro bei den Krankenhäusern gebildet - Investitionen in moderne Computersysteme nicht eingerechnet.
"Die Krankenhäuser müssen daher jetzt deutlich investieren - bei mittlerweile signifikant steigenden Baukosten und Verzögerungen im Bau durch den Fachkräftemangel", erklärte Krankenhausexpertin Corinna Friedl. Die Krankenhäuser der Wohlfahrtsverbände hätten früher investiert und stünden deshalb nun finanziell besser da.
Forderungen müssen schneller eingetrieben werden
Je mehr Krankenhäuser in bessere Abläufe investieren, desto stärker sinken hinterher die Kosten. Wer nicht investiert, kommt in eine Abwärtsspirale, und das spüren laut Burkhart auch die Patienten. "Die Auswirkungen auf die medizinische Qualität können nach unserer Einschätzung nicht dauerhaft von dieser wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt werden."
Weil die öffentlichen Krankenhäuser finanziell so schlecht ausgestattet sind, müssen sie Schulden aufnehmen, um ihren Betrieb zu finanzieren. Laut PwC bezahlten sie im vergangenen Jahr 60 Prozent ihrer Kosten mit Darlehen. Auf diese müssen sie später aber Zinsen zahlen, die ihnen zukünftig auf der Tasche liegen. Krankenhäuser anderer Träger müssen im Schnitt nur ein Drittel ihres Betriebs fremdfinanzieren.
Um ihre Abhängigkeit von Krediten zu verringern, sollten Krankenhäuser offene Forderungen schnell eintreiben. Allerdings brauchen öffentliche Häuser im Schnitt 58 Tage, bis sie ihre Auslagen wieder in der Kasse haben. Bei privaten Krankenhäusern dauert dies nur 41 Tage.
Ein schnelleres Forderungsmanagement könnte nach Ansicht von PwC schon viele der Finanzprobleme der öffentlichen Krankenhäuser lösen. "Wir sehen die Ursachen für die schwierige wirtschaftliche Lage vieler öffentlicher Krankenhäuser vor allem im operativen Bereich", erklärte Friedl.
Quelle: ntv.de, mbo/AFP