Privatkredit, Urlaube, Maschmeyer Staatsanwalt prüft vier Anzeigen
20.12.2011, 22:11 Uhr
Maschmeyer (l.) und Wulff.
(Foto: dpa)
Der Staatsanwaltschaft Hannover liegen vier Anzeigen gegen Bundespräsident Wulff vor. Derweil wird spekuliert, wer ein Interesse daran haben könnte, die Zahlungen des Unternehmers Maschmeyer an Wulffs Verlag öffentlich zu machen. Wulff lässt seinen Anwalt erklären, er habe von dem Vorgang nichts gewusst. Der Anwalt vertrat übrigens schon Bundespräsident Rau.
Die Vorwürfe gegen Bundespräsident Christian Wulff beschäftigen nun auch die Justiz. "Die Staatsanwaltschaft hat vier Anzeigen vorliegen, die überprüft werden", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, Jürgen Lendeckel.
Die Anzeigen stünden in Zusammenhang mit den Vorwürfen wegen eines 500.000-Euro-Privatkredits und mehrerer Reisen, bei denen Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident zu Gast bei befreundeten Unternehmern war. Laut Lendeckel handelt es sich nicht um ein Ermittlungsverfahren, sondern um eine Überprüfung der Anzeigen.
Meisner legt Wulff Rücktritt nahe
Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner legte Wulff indirekt den Rücktritt nahe. Im WDR sagte er, wenn er selbst in einer vergleichbaren Lage wäre, "dann müsste ich meinen Hirtenstab abgeben, dann müsste ich resignieren". An Wulffs Stelle würde er nun erklären: "Ich bin ein armer Sünder, habe versagt ... seid nicht so wie ich". Meisner betonte jedoch, er könne nicht beurteilen, ob die Vorwürfe gegen Wulff stimmen. Der Bundespräsident tue ihm sehr leid.
Nach dem Wirbel um Kredit und Ferien war am Dienstag bekanntgeworden, dass der Unternehmer Carsten Maschmeyer 2008 eine Anzeigen-Kampagne für ein Wulff-Buch bezahlt hatte. "Ich beneide ihn nicht darum, jetzt in der Situation die Weihnachtsansprache zu halten", sagte Meisner. "Ich würde ihm das nicht raten."
Maschmeyer hatte bereits in den Landtagswahlkampf 1998 in Niedersachsen mit der Finanzierung einer Anzeige eingegriffen - anonym, für den damaligen SPD-Ministerpräsidenten Gerhard Schröder. Bei der Wahl ging es auch darum, ob Schröder oder der damalige Ministerpräsident des Saarlandes, Oskar Lafontaine, Kanzlerkandidat der SPD wird. Die Botschaft der doppelseitigen Anzeige: "Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein". Wulff war zu dieser Zeit Oppositionsführer im niedersächsischen Landtag, die Anzeige gefiel ihm gar nicht. "Natürlich gibt es hier einen erheblichen Aufklärungsbedarf, wer in welcher Form in welcher Weise in Wahlkämpfe zugunsten von Parteien eingreift", sagte Wulff damals.
Verlag bat Maschmeyer um Geld
Der Hamburger Verlag Hoffmann und Campe bestätigte, dass Maschmeyer die Werbekampagne für das Buch "Besser die Wahrheit" finanziert hatte. "Der damalige Geschäftsführer bei Hoffmann und Campe, Manfred Bissinger (ausgeschieden 2010), hatte Herrn Maschmeyer persönlich um diese Hilfe gebeten", erklärte der Verlag. Angaben über die Höhe der Werbemittel von Maschmeyer wollte Hoffmann und Campe nicht machen.
Das Autorenhonorar für den Gesprächsband sei ausschließlich an Wulffs Co-Autor Hugo Müller-Vogg gegangen. Der damalige Ministerpräsident, der in dem Buch auf Fragen von Müller-Vogg antwortet, habe kein Honorar erhalten.
Wer informierte die "Bild"-Zeitung?
Müller-Vogg sagte n-tv.de, er habe erst am Montag von der Finanzierung durch Maschmeyer erfahren. Hoffmann und Campe habe im Autorenvertrag zugesagt, Werbemaßnahmen zu ergreifen. "Dann sind Anzeigen erschienen, vom Verlag in Auftrag gegeben und so gekennzeichnet. Dass der Verlag die Rechnungen an Herrn Maschmeyer weitergereicht hat, war mir neu."
Damit wussten lediglich der Verlag und Maschmeyer von der Zahlung. Wer die "Bild"-Zeitung informierte, ist unbekannt. "Freitag"-Verleger Jakob Augstein spekulierte im WDR, Wulff werde von seinen ehemaligen Freunden "ans Messer" geliefert.

Anwalt Gernot Lehr (l.) erläutert Journalisten Dokumente, die den Hauskredit an Wulff und seine Privatreisen erklären sollen. Diese Dokumente liegen seit Montag in Lehrs Kanzlei aus.
(Foto: REUTERS)
Am Dienstag hatte die "Bild"-Zeitung berichtet, Maschmeyer habe die Rechnung für die Werbung zu dem Buch in Höhe von 42.731,71 Euro aus seinem Privatvermögen beglichen. Eine Sprecherin Maschmeyers sagte dazu, Bissinger sei auf Maschmeyer zugekommen. Eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Verlag und dem damaligen AWD-Chef habe es bereits aus der Zeit der Memoiren von Ex-Kanzler Schröder gegeben. Wulff sei nicht informiert worden.
Der Bundespräsident selbst ließ über seinen Rechtsanwalt Gernot Lehr laut "Bild"-Zeitung erklären, ihm sei von den Zahlungen seines Freundes Maschmeyer nichts bekannt gewesen.
Wulff litt unter Rau-Fehltritt
Eine Fußnote am Rande: Anwalt Lehr hatte im Jahr 2000 bereits den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau vertreten. Dabei ging es um die sogenannte Flugaffäre, um Flüge auf Kosten der West-LB. "Ich leide physisch darunter, dass wir keinen unbefangenen Bundespräsidenten haben", sagte Wulff damals dem "Focus". Und er forderte von der SPD, sie solle "Johannes Rau zurückziehen".
Nach Kritik aus den eigenen Reihen sagte Wulff der "Berliner Zeitung", er sei falsch wiedergegeben worden. Allerdings wiederholte er, dass ''wir gerade jetzt einen unbefangenen Bundespräsidenten'' bräuchten und ''ihn gegenwärtig nicht zur Verfügung haben''.
Tägliche Dosis Vertrauen
Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholte ihre mittlerweile tägliche Unterstützung für Wulff. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Wulff genieße weiter Merkels "vollstes Vertrauen". Die Kanzlerin und Wulff stünden "in sehr regelmäßigem und intensivem Kontakt zu einer Vielzahl von Fragen". Diese Kontakte würden wie immer vertraulich behandelt.
Zu Berichten, nach denen der umstrittene Unternehmer Carsten Maschmeyer eine Werbekampagne für das Interviewbuch finanziert habe, sagte Seibert, auch für neu auftauchende Fragen gelte, dass sie an den Bundespräsidenten zu richten seien. "Sie werden von ihm persönlich aufgeklärt."
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP