Gesundheitliche Gründe nicht entscheidend? Staatsanwalt zu Besuch bei Edathy
11.02.2014, 08:59 Uhr
Edathy galt lange als politisches Talent der SPD.
(Foto: dpa)
Am Wochenende zog sich der SPD-Politiker Sebastian Edathy überraschend aus dem Bundestag zurück und begründete dies mit seinem Gesundheitszustand. Doch nun erscheint die Entscheidung überraschend in neuem Licht. Denn der SPD-Politiker steht offenbar im Fokus staatsanwaltlicher Ermittlungen.
Polizeibeamte und Staatsanwaltschaft haben am Montagnachmittag die Wohnung und das Büro des langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy im niedersächsischen Rehburg und im benachbarten Nienburg durchsucht. Der frühere Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses und des Bundestags-Innenausschusses steht möglicherweise im Verdacht, kinderpornografische Schriften besessen zu haben.
Die Lokalzeitung "Die Harke" berichtet, der federführende Oberstaatsanwalt Thomas Klinge leite die Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer oder sonst jugendgefährdender Schriften. Die Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Nienburg, Elke Tonne-Jurk bestätigte der Zeitung lediglich die Durchsuchungen, lehnte aber jeden Kommentar ab. Bei der Durchsuchungsaktion beschlagnahmten die Beamten demnach Computer und Akten.
Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigte die Ermittlungen gegen Edathy gegenüber n-tv. "Ich kann Ihnen bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft Hannover seit gestern Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy eingeleitet hat und im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens es auch gestern zu Durchsuchungen von Wohn- und Büroräumen gekommen ist", sagte Behördensprecherin Kathrin Söfker. "Zu den Hintergründen dieses Ermittlungsverfahrens wird die Staatsanwaltschaft Hannover derzeit im Hinblick auf die noch laufenden Ermittlungen keine weitere Stellungnahme abgeben." Es seien keine weiteren Stellungnahmen und auch keine Pressekonferenz geplant.
Edathy hatte am Samstag überraschend seinen sofortigen Rückzug aus dem Deutschen Bundestag erklärt. "Ich habe mich aus gesundheitlichen Gründen dazu entschieden, mein Bundestagsmandat niederzulegen", teilte Edathy in knappen Worten auf seiner Internetseite mit. "Über diese Entscheidung habe ich am Freitag, 7. Februar 2014, den Bundestagspräsidenten informiert. Der Mandatsverzicht ist damit wirksam geworden."
Seit Freitag nicht erreichbar
Viele Parlamentarierkollegen hatten ihm daraufhin auf seiner offiziellen Facebook-Seite Genesungswünsche gesandt. Edathy war nach Angaben der "Berliner Zeitung" zuvor bereits einige Zeit nicht in der Fraktion gesehen worden, angeblich fehlte er krankheitsbedingt. Selbst für enge Weggefährten war Edathy seit Freitag nicht mehr telefonisch zu erreichen.
Der 44-jährige Sozialwissenschaftler hat sich als Vorsitzender des Bundestags-Untersuchungsausschusses zu den Morden der rechtsextremen Terrorgruppe NSU viel Ansehen erworben. Edathy war seit 1998 Mitglied des Bundestags. Bei der Wahl 2013 gewann er den Kreis Nienburg II/Schaumburg in Niedersachsen mit 44,6 Prozent der Erststimmen.
Für die SPD wäre es bereits der zweite Fall innerhalb weniger Jahre, in der ein renommierter Bundestagsabgeordneter mit Kinderpornografie in Verbindung gebracht wird. Im Frühjahr 2009 trat der damalige SPD-Politiker Jörg Tauss aus der Fraktion aus, nachdem man kinderpornografische Schriften auf seinen Rechner entdeckt hatte. Der Netzpolitiker Tauss behauptete, er habe sich diese Dateien lediglich aus Recherche-Gründen verschafft. Die Kontakte in die Szene habe er geknüpft, um später Ermittlungen der Polizei gegen Kinderporno-Hersteller unterstützen zu können. In einem Strafprozess wurde Tauss, der zwischenzeitlich zur Piratenpartei gewechselt war, später wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material in 102 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt, die zu zwei Jahren auf Bewährung ausgesetzt wurden.
Quelle: ntv.de, sba