Politik

"Lösungskorridor" für EU-Gipfel Steinmeier verlangt Bewegung

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat alle EU-Regierungen zu politischer Bewegung aufgefordert, um den bevorstehenden Krisengipfel über EU-Vertragsänderungen nicht scheitern zu lassen. Vor dem Europaparlament in Brüssel sagte er am Dienstag: "Am Ziel sind wir noch nicht, aber es scheint sich allmählich ein Lösungskorridor abzuzeichnen, innerhalb dessen die Einigung gefunden werden kann." Er habe den Eindruck, "dass eine neue Dynamik in die Gespräche gekommen ist".

Wenn der Gipfel vom 21./22. Juni Erfolg haben solle, "dann müssen sich alle bewegen". "Ich habe den Eindruck, die Bereitschaft sich zu bewegen, ist durchaus da. Und ich hoffe, am Ende wirklich auf allen Seiten." Steinmeier ging nicht auf Veto-Drohungen des polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski ein.

Merkel will Vertrag retten

Deutschland, Italien, Ungarn und Litauen sind zuversichtlich, bis zu den Europawahlen 2009 eine neue EU-Verfassung zu Stande zu bringen. Bei ihren Vorbereitungsgesprächen für den Europäischen Rat kommende Woche in Brüssel sagte die Ratspräsidentin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, am Montagabend vor einem Gespräch mit den Staats-beziehungsweise Regierungschefs der drei Länder in Berlin, sie hoffe in der nächsten Woche auf einen Schritt nach vorne.

Unterdessen machte die Bundesregierung deutlich, dass sie auf die Kritiker der EU-Verfassung weiter zugehen will, um die einhellige Zustimmung aller 27 EU-Länder zu einem neuen Grundlagenvertrag zu sichern. Nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" sollen nationale Parlamente stärkere Mitspracherechte bei EU-Vorgaben bekommen, als das bisher im Verfassungstext vorgesehen ist. Merkel machte vor dem Gespräch mit Italiens Ministerpräsident Romano Prodi, Litauens Staatschef Valdas Adamkus und Ungarns Regierungschef Ferenc Gyurcsany deutlich, dass sie keinesfalls Abstufungen zwischen den EU-Staaten machen wolle. "Wir sind alle Europäer." Es solle "keine Skala geben, wer europäischer ist".

Alle drei Länder hatten wie Deutschland den ersten Verfassungsentwurf ratifiziert. Adamkus sagte, er glaube "ganz fest", dass der Verfassungsentwurf, wie ihn Merkel vorgeschlagen habe, bis Ende dieses Jahres machbar sei. Gyurcsany warnte: "Europa darf nicht das Handtuch werfen." Ein lang andauernder Streit um die Verfassung würde von den 400 Millionen Menschen in Europa nicht verstanden. Er hoffe, dass die Anstrengungen der deutschen Ratspräsidentschaft zu einem Ergebnis führten. Anderenfalls gebe es auf lange Zeit kein Fortkommen in der Europäischen Union.

Prodi vertraut Merkels "Dickköpfigkeit"

Italiens Regierungschef, der frühere EU-Kommissionspräsident Prodi, sprach sich für ehrgeizige Reformen in der EU aus. Ansonsten bestehe die Gefahr eines Rückschritts. Er sei jetzt, angesichts des Beharrungsvermögens, "ja, der Dickköpfigkeit" Merkels, aber zuversichtlicher als noch vor sechs Monaten. Prodi sagte: "Ich glaube, dass wir dem Ziel näher sind als wir alle vielleicht denken."

Der Verfassungsprozess ist blockiert, seit der bisherige Entwurf vor zwei Jahren in Volksabstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden durchgefallen war. Inzwischen zeichnet sich ab, dass eine deutlich abgespeckte Variante die meisten Chancen hat. Alle Politiker stimmten überein, dass nach den beiden negativen Referenden jetzt für einen neuen Verfassungsvertrag Kompromisse unverzichtbar seien. Prodi fügte hinzu, diese dürften aber nicht gegen grundsätzliche Prinzipien der EU verstoßen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen