Politik

Kein Grund zur Entwarnung Steuereinnahmen sprudeln

(Foto: picture alliance / dpa)

Die öffentlichen Haushalte dürfen sich über ein sattes Steuerplus freuen. Der Arbeitskreis Steuerschätzung sagt für für die nächsten vier Jahre gut 135 Milliarden Euro mehr Einkünfte voraus. Die neue Prognose ist eine der stärksten Einnahmeverbesserungen in der mehr als 55-jährigen Geschichte des Schätzerkreises. Dennoch sind die Zahlen trügerisch. Denn Deutschland schiebt Rekordschulden vor sich her.

Bund, Länder und Gemeinden können wegen des kräftigen Aufschwungs mit deutlich höheren Steuereinnahmen rechnen. Der Arbeitskreis Steuerschätzung sagte dem Gesamtstaat in Fulda von 2011 bis 2014 um 135,3 Milliarden Euro höhere Einkünfte voraus als in seinen früheren Prognosen. Der Grund dafür ist das starke Wirtschaftswachstum.

Für das laufende Jahr gehen die Experten davon aus, dass der Gesamtstaat 17,6 Milliarden Euro mehr Steuern einnimmt als gedacht. Im Jahr 2012 gehen sie von einem um 21,4 Milliarden Euro höheren Ergebnis aus. 2013 rechnen sie mit 47,3 Milliarden Euro mehr, für 2014 erwarten sie 49 Milliarden Euro zusätzlich.

Die neue Prognose ist eine der stärksten Einnahmeverbesserungen in der mehr als 55-jährigen Geschichte des Schätzerkreises. Das erste Mal wurde auch für 2015 eine Prognose abgegeben: Hier erwarten die Steuerschätzer Rekord-Steuereinnahmen von insgesamt 652,3 Milliarden Euro. Der bisherige Spitzenwert fiel auf das Vorkrisenjahr 2008 mit 561,2 Milliarden Euro. Der könnte nun bereits im kommenden Jahr wieder deutlich übertroffen werden.

Noch vor einem Jahr hatten die Schätzer Milliardenausfälle vorhergesagt. Doch schon im November zeichnete sich dank des anhaltenden Konjunkturbooms eine Trendwende ab. Aber auch der neue Geldsegen ist trügerisch. Denn es handelt sich nur um eine Prognose, die erhofften Milliarden sind noch längst nicht in den Kassen.

Merkel und Schäuble bleiben hart

Schäuble hat allen Grund zur Freude. Die Spendierhosen hat er deshalb aber nicht an

Schäuble hat allen Grund zur Freude. Die Spendierhosen hat er deshalb aber nicht an

(Foto: AP)

Dennoch führte das schon erwartete Plus bei den Mehreinnahmen bereits im Vorfeld der Veröffentlichung der Steuerschätzung zu Begehrlichkeiten und Rufen nach Steuerentlastungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte hierauf zum wiederholten Male, dass es keine Spielräume hierfür gebe. Das Ministerium betonte, ungeachtet der Mehreinnahmen müsse die Haushaltskonsolidierung konsequent fortgesetzt werden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte klar, dass der Bund mit 53 Milliarden Euro einen Großteil der erwarteten Zusatzmilliarden bereits im Etat  für 2012 und im mittelfristigen Finanzplan eingestellt hat. Hinzu kämen Etat-Risiken und Kosten, die noch abgedeckt werden müssten.

Darunter fallen ab 2013 die Milliarden-Zahlungen an den künftigen Euro-Rettungsfonds ESM sowie drohende Einnahmeausfälle und Mehrkosten durch die schwarz-gelbe Energiewende. Auch die internationale Finanztransaktionssteuer ist noch nicht beschlossen. Ungewiss sind die Einsparungen bei der Bundeswehr. Auch drohen dem Bund angesichts der Rekordschulden weitere Belastungen bei steigenden Zinsen.

66 Milliarden für den Staatsetat

Nach der neuen Prognose der Steuerschätzer kann der Bund bis 2014 rund 66,4 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen erwarten. Davon könnten fast 12 Milliarden auf dieses Jahr entfallen. Abzüglich der bereits verplanten 53 Milliarden Euro blieben bis 2014 noch gut 13 Milliarden Euro für den Bund, um drohende Etatlöcher zu stopfen.

Für die Länder hat der Schätzerkreis Mehreinnahmen von insgesamt 49,6 Milliarden Euro vorausgesagt. Für die Kommunen soll sich das Gesamtplus bis Ende 2014 auf 19,3 Milliarden Euro belaufen. Hinzu kommen kleinere Zahlungen an die EU oder umgekehrt aus Brüssel.

"Eine Momentaufnahme"

FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke nannte die Zahlen erfreulich. Sie seien jedoch nur eine "Momentaufnahme ohne Anspruch auf Realisierung". Deutschland habe weiter Finanzprobleme. "Daher muss Schluss sein mit Tagträumereien wie zusätzlichen Steuersubventionen für die Forschung oder teuren Förderprogrammen für Elektroautos."

Für 2011 habe der Bund 48,4 Milliarden Euro neue Schulden geplant. Selbst wenn der Bund von höheren Steuereinnahmen mit einem Volumen von 8 bis 9 Milliarden Euro profitieren sollte, käme es zu einer Neuverschuldung von rund 40 Milliarden Euro. Fricke: "Wenn es dann darum geht, zusätzliche Milliarden in die Hand nehmen zu wollen, dann kann es zu allererst nur um die Entlastung der Bürger gehen."

Die Steuerschätzung dient als Grundlage für die Aufstellung der öffentlichen Haushalte. Dem Schätzerkreis gehören rund 35 Vertreter aus den Finanzministerien von Bund und Ländern, der Bundesbank, von Forschungsinstituten, der Kommunen, des Sachverständigenrats und des Statistisches Bundesamtes an. Sie sagen zwei Mal im Jahr die Einnahmen aller staatlichen Ebenen voraus.

Quelle: ntv.de, ddi/rts/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen