Cancún in der heißen Phase "Stimmung ist verhalten optimistisch"
08.12.2010, 20:00 Uhr
Mutter Erde verkauft man nicht, sagt dieser Aktivist in Cancún.
(Foto: REUTERS)
Der Klimagipfel ist in der heißen Phase, niemand erwartet einen großen Durchbruch. Allerdings könnte Cancún Auftakt für eine globale Klimaschutzpolitik sein. Klimaexperte Edenhofer hofft, dass die Konferenz dazu führt, "dass der CO2-Preis steigt". Sorge bereiten Edenhofer Investitionsentscheidungen in Asien und der steigende Ölpreis.
Der Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, sieht gute Chancen für "gewisse Erfolge" bei der Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancún. "Die Stimmung ist verhalten optimistisch." Bei den Verhandlungen sei allgemein Konsens, dass das UN-System sich aus der Schockstarre lösen müsse, die nach dem Scheitern der Konferenz von Kopenhagen eingesetzt habe.

CO2 muss einen Preis bekommen, sagt Ottmar Edenhofer, Vizechef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Vorsitzender der Arbeitsgruppe III des Weltklimarats IPCC.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Ein "hartes Abkommen" erwartet Edenhofer zwar nicht. Die Konferenz müsse aber die Erwartung wecken, "dass der CO2-Preis steigt". Nur dann werde es Investitionen in Klimaschutz geben.
In Cancún könne ein Prozess festgelegt werden, der zu einem neuen Abkommen führe. Das bislang geltende Kyoto-Protokoll läuft 2012 aus. "Wenn wir ein umfassendes Klimaabkommen bis 2016 unter Dach und Fach bringen, dann wäre das immer noch eine gute Sache", sagte Edenhofer am Dienstagabend in Berlin.
"In China löst sich Blockadehaltung"
Ein Kyoto-Nachfolgeabkommen ist einer der Hauptstreitpunkte in Cancún. Die Schwellen- und Entwicklungsländer wollen am Kyoto-Prozess festhalten, weil sie darin bislang keine Verpflichtungen eingehen mussten. China fordert von den USA bindende Ziele im Rahmen eines neuen Vertrags, will sich allerdings selbst bislang nur auf freiwilliger Basis festlegen.
Edenhofer sieht dennoch Bewegung bei den Chinesen. In der Frage der Überprüfbarkeit der Ziele gebe es weniger Widerstände als noch in Kopenhagen: "Im Augenblick löst sich eine gewisse Blockadehaltung."
"2 Grad schwer zu erreichen"
Vor einem Jahr hatten sich die Staaten in Kopenhagen auf das 2-Grad-Ziel festgelegt, ohne es förmlich zu beschließen. Dies könnte in Cancún nachgeholt werden. Weitergehende Ziele hält Edenhofer für unrealistisch. Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad, wie von den kleinen Inselstaaten gefordert, sei mit den heutigen Techniken "nur sehr schwer zu erreichen".

Die Einigung von Kopenhagen war kein Durchbruch - die nach dem Gipfel vorgelegten Verpflichtungen würden für eine Erwärmung um 3,5 Grad bis 2050 sorgen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Edenhofer räumte ein, dass die Welt von "noch weit entfernt" davon sei, das 2-Grad-Ziel zu erreichen. Die freiwilligen Zusagen von Kopenhagen führten vielmehr auf einen 3,5-Grad-Pfad bis 2050. Dies sei allerdings besser als nichts zu tun: "Wenn wir so weiter machen wie bisher, könnten die Temperaturen bis Ende des Jahrhunderts auf mehr als vier Grad steigen." Damit stiegen auch die unkalkulierbaren Risiken: "Es gibt in der Menschheitsgeschichte kein historisches Vorbild für einen solchen Klimawandel."
Klimafond könnte zweiter Weg werden
Nach Cancún werde man "intensiv darüber nachdenken" müssen, ob es neben den UN-Verhandlungen weitere Wege gibt. Edenhofer hofft, dass in Cancún ein globaler Klimafonds beschlossen wird, um eine Institution zu schaffen, die zwischen den Klimakonferenzen handlungsfähig sei. "Wie der Global Climate Fund aussehen könnte, ist zwar noch unklar", so Edenhofer. "Aber wenn man ein globales Problem lösen will, muss man dazu Institutionen schaffen."
Zudem erwartet Edenhofer, dass die "subnationale Ebene" am globalen Klimaschutz beteiligt wird. So könnten die 30 größten Megastädte in einen Wettbewerb um die besten Anstrengungen bei Klimaschutz treten. Sorge bereiten Edenhofer die Investitionsentscheidungen für die nächsten zehn Jahre in Asien. Allein die bereits existierenden Infrastrukturprojekte hätten das Potenzial einer globalen Erwärmung gegenüber dem heutigen Stand um 0,3 Grad.
Große Hoffnungen setzt der Wissenschaftler in den europäischen Emissionshandel, der Vorbild für China und die USA sein könne. Erneut forderte er eine Reform des Emissionshandelssystems. Neben der Industrie müssten der Wärme- und der Verkehrssektor einbezogen werden.
"Steigender Ölpreis für Klimaschutz nicht gut"
Bei den Verhandlungen in Cancún sind manche jener Länder zu schwierigen Partnern geworden, die über fossile Ressourcen verfügen, deren Abbau erst durch den Anstieg des Ölpreises lohnend geworden ist. Dies gilt etwa für Ölschiefer in Kanada.
Edenhofer wies darauf hin, dass steigende Preise die Förderung fossiler Ressourcen verlängern, nicht etwa - wie vielfach angenommen - verkürzen, weil Öl zu teuer geworden ist. Damit verlängere sich auch der Ausstoß von CO2 in die Atmosphäre. "Neben den großen Investitionsentscheidungen ist der steigende Ölpreis eine der großen Gefahren für den Klimaschutz."
In Cancún begann am Dienstag mit der Ministerrunde die heiße Phase der Konferenz. Am kommenden Freitag geht der Klimagipfel zu Ende.
Quelle: ntv.de