Politik

Wahlkampf in Berlin Strippenzieher Kohl?

Er ist wieder da - oder immer noch? Nach Helmut Kohls Ankündigung, er wolle im Berliner Wahlkampf "massiv" mitmischen, schießen die Spekulationen über das (un)heimliche Machtgefüge in der CDU ein weiteres Mal ins Kraut. Schließlich landete der Altkanzler eine Punktlandung: Just in dem Moment, als sein Intimfeind Wolfgang Schäuble aus dem Rennen um die Kandidatur für den Bürgermeisterposten in Berlin ausgeschieden war, stand Helmut Kohl auf der Matte - und stahl allen die Schau.

Kein Geheimnis ist, dass Kohl den jetzigen CDU-Anwärter auf das Amt des Berliner Regierungschefs Frank Steffel favorisiert hat. Doch die eigentliche Frage lautet: Hat der Alt-Kanzler den Kampf um die Spitzenkandidatur auch entschieden? Für SPD-Generalsekretär Franz Müntefering jedenfalls besteht kein Zweifel: "Kohl hatte wieder einmal die längsten Strippen."

Die These vom nach wie vor übermächtigen Strippenzieher Kohl wird nicht zuletzt durch Gerüchte um zwei Treffen genährt: Zum einen soll sich der Alt-Kanzler wenige Tage vor der endgültigen Kandidatenkür in Berlin mit Frank Steffel beim Italiener zum Essen verabredet haben. Bei Tagliatelle und Chianti soll Kohl dem Nachwuchspolitiker ins Gewissen geredet haben: "Frank, Sie müssen es machen! "

Zum anderen wollen Augenzeugen zwei Tage später einen Besuch Wolfgang Schäubles in Kohls Büro beobachtet haben. Kam es dort zum ersten Vier-Augen-Gespräch der beiden Kontrahenten seit ihrem Bruch wegen der Spendenaffäre? Und: Was wollte Schäuble von Kohl? Ahnte er womöglich, dass Kohl seine Kandidatur behindern würde und suchte daher die Aussprache? Alles reine Spekulation. Das Büro des Alt-Kanzlers hat vehement dementiert, dass es das Treffen je gegeben hat.

Dementis hagelt es auch von anderer Seite: Kohls Engagement für Steffel habe keinen Einfluss auf die Kandidatenkür gehabt, sagen führende CDU-Politiker. Entscheidend seien Vorbehalte gegen Schäuble im Berliner Landesverband gewesen. Aber ebenso klar ist: Mit Ex-Fraktionschef Klaus Landowsky und dem einflussreichen Abgeordneten Peter Kittelmann hat der Alt-Kanzler auch hier Verbündete.

Letztlich erscheint jedoch zweitrangig, ob Kohl auf die aktuelle Berlin-Politik direkten Einfluss nahm. Sieger ist er allemal: Während seine Kontrahenten Angela Merkel und Wolfgang Schäuble angeschlagen aus dem Nominierungs-Gerangel hervorgehen, hat der Alt-Kanzler sein Ziel - die Kandidatur Frank Steffels - so oder so erreicht. "Ich müsste mein Leben umsonst gelebt haben, um in dieser Situation in die Ecke zu gehen und zu sagen, ich bin ein Oldtimer", begründet der 71-jährige Oggersheimer seinen Einsatz im Berliner Wahlkampf - und läßt stattdessen die amtierende CDU-Führung ein weiteres Mal alt aussehen.

Quelle: ntv.de

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