30.000 Soldaten an Grenze zur Türkei Syrien erobert Rebellenhochburg
10.06.2011, 13:43 UhrDie syrische Armee erobert staatlichen Angaben zufolge eine Rebellenhochburg. 30.000 Soldaten führen eine militärische Racheoperation gegen die Gegner des Assad-Regimes durch. Tausende Menschen sind bereits geflohen. "Nicht menschlich" sei das Verhalten der Sicherheitsbehörden im Nachbarland, sagt der türkische Ministerpräsident Erdogan.
Amateuraufnahmen getöteter Sicherheitskräfte: Wer für die 120 Toten verantwortlich ist, lässt sich bislang nicht beurteilen.
(Foto: AP)
Die syrische Armee ist in eine der Hochburgen der Regimegegner in der Provinz Idlib einmarschiert. Das bestätigte das staatliche Fernsehen. Augenzeugen sagten, in der Ortschaft Dschisr al-Schogur seien die Telefonverbindungen gekappt worden.
Die Aktion ist Teil eines groß angelegten Militäreinsatzes im Grenzgebiet zur Türkei. Daran seien 30.000 Soldaten beteiligt, berichtete der Nachrichtensender CNN Türk unter Berufung auf syrische Staatsmedien. Der Einsatz ziele darauf ab, "bewaffnete Banden" festzunehmen und sei "auf Wunsch der Bevölkerung" gestartet worden, so die offizielle Erklärung.
Tausende flüchten in die Türkei
Aus Furcht vor einer Militäroffensive sind bislang etwa 3000 Menschen in die benachbarte Türkei geflüchtet. Anfang der Woche waren in der grenznahen, syrischen Kleinstadt Dschisr al-Schogur nach offiziellen Angaben aus Damaskus 120 Soldaten und Polizisten getötet worden. Das Regime machte Extremisten für die Tat verantwortlich. Regimegegner aus dem Bezirk hatten dagegen berichtet, die Soldaten und Polizisten seien von Regierungskräften erschossen worden, weil sie sich ihren Befehlen widersetzt hätten.
Bis zu 5000 Flüchtlinge kann das Lager bei Yayladagi an der syrisch-türkischen aufnehmen.
(Foto: REUTERS)
Die Türkei plant einem Pressebericht zufolge die Schaffung einer Pufferzone an der Grenze zu Syrien, falls sich der Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien noch deutlich ausweite. Die Zeitung "Hürriyet" zitierte einen Vertreter des Außenministeriums mit den Worten, die Schaffung einer solchen Zone sei eines der Szenarien, falls Hunderttausende Syrer in dem Land Zuflucht suchen sollten.
Die Gegner des Regimes von Präsident Assad berichteten unterdessen, zahlreiche Angehörige der Polizei und der Armee seien desertiert, weil sie nicht auf Zivilisten schießen wollten. Syrische Flüchtlinge aus Dschisr al-Schogur, die in einem Krankenhaus in der Türkei behandelt wurden, sagten, ihnen seien auf ihre Flucht ins Nachbarland weder Polizisten noch Angehörige der "politischen Sicherheitsdienste" begegnet. Einer der Verletzten erklärte, einige der Deserteure seien auch in die Türkei geflüchtet.
"Sie unterschätzen die Situation"
Die Türkei kritisierte das Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in ungewohnt scharfer Form. In einem Fernsehinterview warf Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den syrischen Behörden "Gräueltaten" an der Zivilbevölkerung vor. Die Sicherheitsbehörden verhielten sich "nicht menschlich". Erdogan sagte, er habe erst vor einigen Tagen mit dem syrischen Staatschef Assad gesprochen. "Sie unterschätzen die Situation", sagte er über die syrischen Behörden. Das brutale Vorgehen gegen Demonstranten sei "inakzeptabel".
Nach dem Beginn der Aufstände in Syrien im März hatte Ankara über Wochen versucht, beschwichtigend auf die Regierung in Damaskus einzuwirken. Türkische Regierungspolitiker zeigen sich zunehmend frustriert über die harte Haltung der Staatsmacht gegenüber den Demonstranten. Vergangene Woche hatte die Erdogan-Regierung erstmals offiziell bestätigt, dass sie Kontakte zur syrischen Opposition aufgenommen hat.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa