Offenbar über 200 Tote Syrische Truppen stürmen Baida
12.04.2011, 22:02 Uhr
Panzer waren bereits am Wochenende vor Banias zu sehen.
(Foto: REUTERS)
Die Lage bei den Unruhen in Syrien scheint zu eskalieren. Das Regime von Präsident Assad geht mit voller Gewalt gegen Oppositionelle vor und stürmt die Stadt Baida. Seit Beginn der Proteste sollen über 200 Menschen ums Leben gekommen sein. Die Bundesregierung zeigt sich äußerst besorgt über die Entwicklung.
In Syrien versuchen die Sicherheitskräfte von Präsident Baschar al-Assad mit aller Macht die regierungskritischen Proteste zu unterdrücken. Sie stürmten den hauptsächlich von Sunniten bewohnten Ort Baida in der Nähe der Hafenstadt Banias. Baida sei zuvor von Polizisten und Soldaten eingekesselt worden, berichteten Demonstranten. Bei Schießereien seien vier Menschen getötet worden.
Seit Beginn der Proteste vor rund vier Wochen kamen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Damascus Declaration Group bis zu 200 Menschen ums Leben. Nach Schätzung des Menschenrechtsanwalts Haitham al-Maleh waren es sogar mehr als 250 Menschen. Der syrische Anwalt sagte , die Zahl der Verletzten liege bei mehr als 1000.
Assad ist bisher kaum auf die Forderungen der Demonstranten eingegangen. Die syrischen Behörden geben bewaffneten Gruppen und Spionen die Schuld an der Gewalt. Der Präsident spricht von einer Verschwörung.
"Prügel und Folter"

Amateurbilder zeigen syrische Polizisten, die angeblich einen Regimegegner die Straßen entlangschleifen.
(Foto: Reuters)
"Das Regime schickt seine Truppen los, um Städte zu belagern und Zivilisten zu terrorisieren, während die Demonstranten in Syrien 'friedlich, friedlich' rufen", schilderte die Damascus Declaration Group in einem Brief an die Arabische Liga die Lage in Syrien. Die Organisation rief die Liga auf, gegen die syrische Regierung politische, diplomatische und wirtschaftliche Sanktionen zu verhängen. Neben den Toten seien bei den Protesten auch Hunderte verletzt oder festgenommen worden.
Human Rights Watch beschuldigte die syrischen Streitkräfte, Verwundete daran zu hindern, Krankenhäuser aufzusuchen oder sich medizinisch versorgen zu lassen. "Die syrische Staatsmacht reagiert auf Proteste gegen Unterdrückung mit noch mehr Unterdrückung: Tötungen, willkürliche Massenfestnahmen, Prügel und Folter", erklärte Sarah Leah Whitson, Direktorin von Human Rights Watch für die Nahost-Region.
Deutschland voller Sorge
"Die eskalierende Repression durch die syrische Regierung ist ungeheuerlich", sagte US-Präsidialamtssprecher Jay Carney. Die Vereinigten Staaten verurteilten die Bemühungen zur Unterdrückung der friedlichen Proteste scharf. Auch nach Einschätzung des Auswärtigen Amts in Berlin spitzt sich die Lage in Syrien weiter zu. Allein in den vergangenen Tagen seien übereinstimmenden Berichten zufolge Dutzende Demonstranten getötet oder verletzt worden, teilte das Ministerium mit. Der syrische Botschafter in Deutschland, Radwan Lutfi, sei erneut einbestellt worden. Dabei sei ihm "die große Sorge der Bundesregierung über die massiven Übergriffe auf friedliche Demonstranten mit allem Nachdruck" deutlich gemacht worden. Die Bundesregierung habe auf ein Ende der Gewalt und demokratische Reformen gedrängt.
Vor etwa einem Monat schwappte die Welle von Reformbewegungen in Nordafrika und im Nahen Osten auch auf Syrien über. Die Herrscherfamilie gehört zu den schiitischen Alawiten, die zehn Prozent der 20 Millionen Syrer ausmachen. Syrien wird seit fünf Jahrzehnten über Notstandgesetze regiert. Assads Vater hatte in den 80er Jahren einen Aufstand niedergeschlagen. Dabei kamen bis zu 30.000 Menschen ums Leben.
Quelle: ntv.de, rts/dpa