Politik

Gefechte um mehrere libysche Städte TV-Sender feiert Gaddafi-Siege

Pro-Gaddafi-Demonstration in Tripolis.

Pro-Gaddafi-Demonstration in Tripolis.

(Foto: dpa)

Ein libyscher Fernsehsender meldet Erfolge von Gaddafis Armee gegen Rebellen - doch unabhängige Journalisten berichten das Gegenteil. In Tripolis bilden Anhänger des Machthabers gar Autokorsos und veranstalten Freudenfeiern. Aufständische und regimetreue Militärs kämpfen derweil um die Kontrolle mehrerer Städte. Gaddafi selbst warnt vor "Terrorismus".

Angesichts erbitterter Kämpfe zwischen Aufständischen und Regierungstruppen in Libyen wächst die Angst vor einem langen Bürgerkrieg. Truppen von Machthaber Muammar Gaddafi griffen die erst kurz zuvor von Rebellen eroberte Stadt Bin Dschawad an der Mittelmeerküste an. Im nahe gelegenen Ras Lanuf, wo es einen wichtigen Ölhafen gibt, konnten die Aufständischen einen Gegenangriff abwehren.

Libysche Aufständische feuern mit Raketenwerfern nahe Bin Jawad.

Libysche Aufständische feuern mit Raketenwerfern nahe Bin Jawad.

(Foto: AP)

Auch in den Medien des Landes wird der Konflikt deutlich: Im einem Gaddafi-nahen Fernsehsender gibt es Berichte über angebliche militärische Erfolge der Gaddafi-Truppen, auf den Straßen der Hauptstadt Tripolis Siegesfeiern seiner Anhänger. Der Machthaber selbst beklagte sich über mangelnde Unterstützung aus dem Ausland. Er kämpfe gegen den Terrorismus, sagte der seit über 40 Jahren herrschende Staatschef. Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte verschärfte Sanktionen gegen die libysche Führung. Die EU entsandte eine Delegation nach Tripolis, um sich über die Lage der Bevölkerung zu informieren.

Immer neue Angriffe

Aufständische berichteten von einem Angriff auf Bin Dschawad. Die Stadt liegt zwischen Ras Lanuf und Gaddafis Heimatstadt Sirte. Soldaten hätten mit Maschinengewehren und Panzerfäusten angegriffen, sagten Oppositionelle. Einige Rebellen seien von Scharfschützen getroffen worden. Ein Arzt in einem Krankenhaus in Ras Lanuf sprach von mindestens 15 Verletzten, mehrere davon seien schwer verwundet. Nach seinen Angaben erlitt ein französischer Fotograf eine Schussverletzung am Bein. Augenzeugen berichteten, dass Rebellen von Stellungen westlich von Ras Lanuf zurückgeschlagen worden seien.

"Siegesfeier" in Tripolis.

"Siegesfeier" in Tripolis.

(Foto: AP)

Heftige Kämpfe gab es auch im Westen des Landes. Rebellen berichteten von einem erneuten Angriff von Gaddafi-Truppen auf die Stadt Sawija, die etwa 50 Kilometer von der Hauptstadt Tripolis entfernt ist. Um die Stadt wird seit Tagen gekämpft. Nach Angaben von Ärzten gab es am Freitag und Samstag viele Tote.

Gaddafi schafft Fakten

In der Hauptstadt Tripolis waren Schüsse aus Kalaschnikow-Gewehren und schweren Waffen zu hören – nach Angaben eines Sprechers des Regimes Freudenschüsse wegen militärischer Erfolge gegen Gaddafi-Gegner. Der Fernsehsender El Libya, der dem Gaddafi-Sohn Seif el Islam nahesteht, verkündete eine ganze Serie von angeblichen Siegen: die Armee habe Marschbefehl in Richtung Bengasi, die Städte Tobruk, Misrata und Ras Lanuf seien aus den Händen der "terroristischen Banden" befreit worden. Die Aufständischen hätten eine vernichtende Niederlage einstecken müssen, hieß es.

Zugleich versammelten sich Tausende Menschen im Zentrum der Hauptstadt und sangen von ihrer Liebe zu Gaddafi. Angehörige von Polizei und Armee schlossen sich der Menge an und feuerten ebenfalls in den Himmel. Tausende hupende Autos bildeten Freudenkorsos auf den Hauptstraßen. Das Staatsfernsehen zeigte kurze Zeit später Bilder der Feierlichkeiten.

Diese Bild hat das staatliche libysche Pressebüro verbreitet. Es soll die ruhige Lage in Zawija nahe Tripolis belegen.

Diese Bild hat das staatliche libysche Pressebüro verbreitet. Es soll die ruhige Lage in Zawija nahe Tripolis belegen.

(Foto: AP)

Auch aus Sirte, der Geburtsstadt Gaddafis und Sebha im Süden zeigte El Libya Bilder von "Freudendemonstrationen". Von beiden Städten hatte die Opposition nie behauptet, dass sie sie kontrolliere. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten aus Ras Lanuf, dass alles ruhig sei. Ähnliches sagen Zeugen in Tobruk. Von einem Sieg der Gaddafi-treuen Spuren könne nicht die Rede sein.

Sicherheitsdienste arbeiten zusammen

Gaddafi führt in seinem Land einen Kampf gegen Extremisten, sagte er. "Ich bin überrascht, dass niemand versteht, dass das ein Kampf gegen den Terrorismus ist", wird er in der französischen Zeitung "Journal du Dimanche" zitiert. "Unsere Sicherheitsdienste arbeiten zusammen. Wir haben Euch in den vergangenen Jahren so sehr unterstützt", sagte er. Er frage sich, warum ihm niemand beim Kampf gegen den Terrorismus helfe.

Westerwelle sprach sich für schärfere Sanktionen aus. Der UN-Sicherheitsrat müsse sich erneut mit der Lage in Libyen befassen, sagte der Bundesaußenminister der "Welt am Sonntag". So müssten die Geldflüsse unterbunden werden. Die deutsche Marine half indes bei einer Evakuierungsaktion für Ägypter, die aus Libyen ins Nachbarland Tunesien geflüchtet waren. Nach Angaben der Bundeswehr gingen in der Stadt Gabes 412 Ägypter an Bord von drei Kriegsschiffen und werden in den kommenden Tagen nach Alexandria gebracht.

Briten wieder frei

In Brega haben Rebellen Material zusammengestellt, bevor sie nach Ras Lanuf aufbrechen.

In Brega haben Rebellen Material zusammengestellt, bevor sie nach Ras Lanuf aufbrechen.

(Foto: dpa)

Die in Libyen von Aufständischen festgenommenen Briten wurden indes freigelassen. Das "kleine diplomatische Team" habe das nordafrikanische Land verlassen, nachdem es auf "Schwierigkeiten" gestoßen sei, erklärte der britische Außenminister William Hague. Diese Schwierigkeiten seien mittlerweile "zufriedenstellend gelöst" worden. Die Briten waren laut Hague nach Bengasi gereist, um "Kontakte mit der Opposition aufzunehmen".

Die Europäische Union hat zur Vorbereitung des Libyen-Sondergipfels am kommenden Freitag ein internationales Erkundungsteam in Richtung Tripolis geschickt. Die von dem italienischen Krisenhilfeexperten Agostino Miozzo geleitete Gruppe soll in den nächsten Tagen prüfen, wie die 27 EU-Staaten weitere Unterstützung für die Menschen im Land leisten können. Ziel der Mission seien Informationen aus erster Hand und in Echtzeit, ließ die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel mitteilen. Die Gruppe ist den Angaben zufolge die erste dieser Art, die seit Ausbruch der Gewalt nach Libyen gereist ist.

 

Quelle: ntv.de, rpe/AFP/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen