Gaza unter israelischem Dauerfeuer Tel Aviv erwacht unter Raketenbeschuss
10.07.2014, 08:10 Uhr
Israel hat in drei Tagen mehr als 750 ZIele angegriffen. Ein Palästinenser im Gaza-Streifen holt Habseligkeiten aus seinem zerstörten Haus.
(Foto: REUTERS)
In rekordverdächtiger Frequenz gehen Luftschläge auf den Gazastreifen nieder. Auf der anderen Seite ist rund um Tel Aviv die israelische Raketenabwehr im Dauereinsatz. UN-Generalsekretär Ban sieht den Nahen Osten auf "Messers Schneide".
Militante Palästinenser im Gazastreifen haben erneut den Großraum der israelischen Mittelmeermetropole Tel Aviv angriffen. Dort heulten am Morgen die Sirenen, Menschen eilten in Schutzräume. Es war eine Serie dumpfer Explosionen zu hören. Das israelische Fernsehen berichtet, fünf Raketen seien im Umkreis von Tel Aviv von der Raketenabwehr in der Luft abgefangen worden.
Die israelische Luftwaffe hat zuvor in der Nacht auch ihre Angriffe auf den Gazastreifen fortgesetzt. Ziel der Luftschläge sind offiziell Stellungen der militanten Organisation Hamas. Getroffen werden in dem dicht besiedelten Gebiet aber auch immer wieder Zivilisten. Bei einem der nächtlichen Luftschläge kamen sieben palästinensische Frauen und Kinder auf einmal ums Leben, wie Anwohner und Ärzte mitteilten. Israel hat demnach zwei Häuser in einer dicht besiedelten Gegend des Gazastreifens bombardiert, während die Bewohner schliefen.
Weitere sieben Menschen kamen ums Leben, als ein Café bombardiert wurde, während die Gäste die Fußball-WM verfolgten. Es handelt sich nach palästinensischen Angaben um die Einzelangriffe mit der höchsten Zahl an Todesopfern seit dem Start der seit drei Tagen andauernden Offensive Israels gegen die Hamas.
Seit Dienstag sind damit ungefähr 75 Palästinenser getötet worden, berichtet der palästinensische Rundfunk. Etwa zwei Drittel der Tote seien Zivilisten.
n-tv Korrespondent Dirk Emmerich hält sich seit gestern in Aschkelon und Sderot nahe des Gazastreifens auf und twittert Eindrücke aus dem Konfliktgebiet.
20.000 Reservisten eingezogen
Die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen sind nach den Worten des Sprechers intensiver als während des letzten Gaza-Krieges im November 2012. Binnen 48 Stunden habe die Armee 750 Ziele angegriffen. Im Vergleich dazu seien vor knapp zwei Jahren binnen acht Tagen 1450 Ziele angegriffen worden.
Israel behält sich weiterhin vor, eine Bodenoffensive im Gazastreifen zu starten. Es seien 20.000 Reservisten eingezogen worden, sagte Armeesprecher Peter Lerner. Dabei handele es sich um die Hälfte der Reservisten, deren Mobilisierung Israels Regierung gebilligt habe. Eine Bodenoffensive im Gazastreifen sei jedoch die "letzte Option", betonte er. Man erwäge noch die Vor- und Nachteile eines solchen Einsatzes.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte in New York, der Gazastreifen stehe auf "Messers Schneide". Der aktuelle Konflikt stelle den Nahen Osten vor die größte Herausforderung seit Jahren und er sei durch die "neue Welle der Gewalt" alarmiert, sagte Ban. Die Region dürfe nicht in einen neuen "ausgewachsenen Krieg" schlittern.
Wenig zur Deeskalation beitragen dürfte die Nachricht, dass die israelische Justiz drei der Tatverdächtigen im Mordfall eines palästinensischen Jugendlichen freigelassen hat. Insgesamt waren nach dem Mord an dem 16-Jährigen sechs tatverdächtige Israelis festgenommen worden. Die drei Freigelassenen sollen nach Medienberichten aus Israel nicht direkt am Mord beteiligt, aber Teil der Gruppe gewesen sein, die ihn ausgeführt hat. Die anderen drei Verdächtigen, ein 30-Jähriger und zwei Minderjährige, sollen die Tat gestanden haben.
Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP/rts