Politik

"Westgate bleibt Tatort eines Verbrechens" Terroristen: Wir haben noch Geiseln

Militärs liefern sich noch immer Feuergefechte mit Terroristen.

Militärs liefern sich noch immer Feuergefechte mit Terroristen.

(Foto: dpa)

Drei Tage schon dauert das Drama in Nairobi an. Noch immer gibt es Schusswechsel in einem von Islamisten überfallenen Einkaufszentrum. Spezialeinheiten durchsuchen das Gebäude und befreien mehrere Geiseln - doch offenbar nicht alle.

In Kenias Hauptstadt Nairobi dauert der Nervenkrieg an. In dem von islamistischen Extremisten überfallenen Einkaufszentrum suchen Spezialeinheiten nach weiteren Tätern und Sprengstoff. Dabei kommt es offenbar immer wieder zu Gefechten und Explosionen. Mindestens drei der Angreifer wurden getötet.

"Unsere Streitkräfte suchen auf allen Stockwerken, um sicherzugehen, dass sich dort niemand mehr aufhält", teilte das Innenministerium mit. "Wir glauben, dass alle Geiseln frei sind." Zugleich hießt es: "Westgate bleibt weiterhin Tatort eines Verbrechens", so das Innenministerium. "Alle Straßen, die zu dem Zentrum führen, sind abgesperrt." Die Bevölkerung wurde aufgerufen, die Gegend weiträumig zu meiden.

In den frühen Morgenstunden hatte das Innenministerium noch mitgeteilt, das Areal sei unter der vollen Kontrolle der Sicherheitskräfte. "Wir glauben, dass alle Geiseln befreit wurden", hieß es. Die Soldaten hätten die letzten sechs Terroristen getötet. Bombenräumkommandos seien im Einsatz, um Sprengsätze unschädlich zu machen. Das könne mehrere Stunden dauern. "Unsere Sicherheitskräfte durchkämmen alle Etagen, um zu sehen, ob jemand zurückgeblieben ist", hieß es aus dem Innenministerium.

Die Terroristen meldeten daraufhin, dass sie noch immer Geiseln in ihrer Gewalt hätten. "Die Geiseln, die von den Mudschaheddin in Westgate genommen wurden, leben noch. Sie sehen recht verwirrt aus, aber dennoch leben sie", twitterte die somalische Al-Schabaab-Miliz, die das Gebäude am Samstag gestürmt hatte. Die militante Gruppe harre dort weiter aus. In dem Gebäudekomplex lägen unzählige Tote.

Mittlerweile wurden mindestens 62 Geiseln getötet. Bis zu 200 Menschen wurden nach Angaben des Roten Kreuzes verletzt. Über das Schicksal möglicher weiterer Geiseln ist noch nichts bekannt. Die Extremisten hatten damit gedroht, weitere Menschen in ihrer Gewalt zu töten.

Unter den Opfern waren auch mehrere Ausländer. Der britische Verteidigungsminister Philip Hammond sagte, es seien "ziemlich sicher" sechs Briten getötet worden. Zuvor hatte es geheißen, es seien drei Briten und ein Mensch mit britischem und australischem Pass tot. Nun gebe es ein weiteres bestätigtes britisches Opfer, sagte Hammond. Die endgültige Bestätigung eines sechsten Opfers stehe noch aus. Das Einkaufszentrum Westgate war bei Touristen und wohlhabenden Kenianern beliebt.

Verdächtige festgenommen

An dem Angriff waren kenianischen Regierungsangaben zufolge auch mehrere US-Bürger und eine Britin beteiligt. "Nach unseren Informationen waren zwei oder drei Amerikaner dabei und ich glaube, dass ich von einer Britin gehört habe", sagte die kenianische Außenministerin Amina Mohamed im US-Sender PBS. Die Frau habe "so etwas schon viele Male getan".

Bei den US-Bürgern handele es sich um Männer im Alter von 18 oder 19 Jahren, sagte Mohamed. Sie stammten aus Somalia oder der arabischen Welt, hätten aber in den USA, unter anderem im Bundesstaat Minnesota, gelebt. Die Beteiligung von Bürgern der USA und Großbritanniens an dem Angriff zeige "die globale Natur dieses Krieges, den wir führen", sagte Mohamed.

Medienberichten zufolge nahm die Polizei einen Verdächtigen fest, der mit der Attacke in Zusammenhang stehen soll. Der 33-Jährige sei kürzlich zum Islam übergetreten. Er lebe in Meru im Osten des Landes und sei gefasst worden, als er ein Flugzeug in die Türkei besteigen wollte. Das Innenministerium bestätigte zudem weitere Festnahmen am Flughafen. Die Inhaftierten würden verhört.

Shebab-Miliz droht mit weiteren Attacken

Ein Sprecher der somalischen Shebab-Miliz, die das Einkaufszentrum am Samstag gestürmt hatte, sagte am Sonntagabend einem somalischen Radiosender, die Gruppe werde nicht eher Ruhe geben, bis Kenia seine Truppen aus dem Nachbarland Somalia zurückziehe. Er drohte mit weiteren Anschlägen und fügte hinzu, die Dschihadisten in Westgate seien angewiesen worden, Geiseln zu töten, falls die Streitkräfte versuchen sollten, das Gebäude zu stürmen.

Der UN-Sondergesandte für Somalia, Nicholas Kay, die Staatengemeinschaft rief indes zu einem entschiedeneren Kampf gegen die Islamistengruppe aufgerufen. "Der Ansatz der UNO und mein Ansatz gegenüber der Shebab in Somalia ist, dass wir unsere Kampagnen in militärischer, aber auch politischer und praktischer Hinsicht intensivieren müssen", sagte Kay. Die Ergebnisse würden weit über Somalia hinaus spürbar sein. Für ihn sei die Belagerung des Einkaufszentrums "keine Überraschung", sagte Kay.

Tourismusministerin beruhigt

Tourismusministerin Phyllis Jepkosgei Kandie versicherte Keniaurlaubern derweil, dass sie sich in ihrem Land sicher fühlen könnten. "Wir möchten unsere internationalen Besucher und Touristen bitten, keine Angst zu haben", sagte sie. "Sie sind bei uns sicher, wo immer sie auch hinreisen."

Wegen der Ereignisse in Nairobi gestattete der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in den Haag dem kenianischen Vizepräsidenten William Ruto, für eine Woche nach Kenia zurückzukehren, um sich an den Bemühungen um eine Beilegung der Geiselkrise zu beteiligen. So lange werde der laufende Prozess gegen Ruto ausgesetzt. Dieser muss sich seit dem 10. September im Zusammenhang mit blutigen Ausschreitungen nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl 2007 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Den Haag verantworten.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa/rts

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