Politik

Bundeswehr in Afghanistan Tote Soldaten identifiziert

Zwei afghanische Polizisten vor dem Anschlagsort.

Zwei afghanische Polizisten vor dem Anschlagsort.

(Foto: dpa)

Bei den beiden in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten handelt es sich um einen 43-Jährigen aus Rheinland-Pfalz und einen 31-Jährigen Hannoveraner. Während der deutsche General Kneip nur leicht verletzt wird, ist der Zustand einer Soldatin noch unklar. Unterdessen fordert der Wehrbeauftragte Königshaus bessere Kontrollen bei den afghanischen Sicherheitskräften.

Die beiden bei dem Anschlag in Nordafghanistan getöteten deutschen Soldaten kamen aus Rheinland-Pfalz und aus Hannover. "Bei den Gefallenen handelt es sich um einen 43-jährigen Major aus dem Führungsunterstützungsbataillon 282 in Kastellaun und einen 31-jährigen Hauptfeldwebel des Feldjägerbataillons 152 aus Hannover", teilte die Bundeswehr auf ihrer Homepage mit. Die Toten seien nach dem Anschlag in der Provinzhauptstadt Talokan nach Kundus gebracht und per Hubschrauber ins Feldlager in Masar-i-Scharif geflogen worden.

Kneip und der bei dem Anschlag getötete Daud.

Kneip und der bei dem Anschlag getötete Daud.

(Foto: dpa)

Bei dem Anschlag am Sitz von Tachars Gouverneur in Talokan waren am Samstag auch fünf deutsche Soldaten verwundet worden, eine Soldatin schwer. Die Bundeswehr erklärte, eine Aussage über ihren Zustand könne "derzeit nicht  getroffen werden". Der Zustand des deutschen Generals Markus Kneip ist nach Angaben der Bundeswehr dagegen "stabil". Der ISAF-Regionalkommandeur liege im Feldlazarett im Bundeswehr-Camp Marmal in Masar-i-Scharif, so ein Bundeswehr-Sprecher. "Er ist nicht in Lebensgefahr." Dem General gehe es "den Umständen entsprechend gut". Kneip führe auch weiterhin das Kommando der Internationalen Schutztruppe ISAF in Nordafghanistan, betonte der Sprecher. "General Kneip ist nach wie vor der Kommandeur." Es gebe auch keine Pläne, das zu ändern.

Der General äußerte sich sogar schon gegenüber der "Bild"-Zeitung und zeigte sich bestürzt über den Anschlag. "Ich habe jeden Tag mit diesen wunderbaren Menschen zusammengearbeitet, ich denke an sie und ihre Familien", sagte er. Zugleich betonte er, die Bundeswehr solle "Frieden und Sicherheit" nach Afghanistan bringen und werde "diese Erwartung erfüllen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm die Nachricht vom Tod der  deutschen Soldaten "schockiert und traurig" auf.

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière forderte die Bundesbürger auf, "gerade jetzt unseren Einsatz in Afghanistan zu unterstützen." Zweifel seien erlaubt und sogar angebracht. Doch: "Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Mit dem Anschlag in Talokan stieg die Zahl der insgesamt in Afghanistan ums Leben gekommenen Bundeswehrsoldaten auf 50. 32 von ihnen starben bei Gefechten oder Anschlägen.

Verteidigungsminister de Maizière wünscht sich gerade jetzt Unterstützung für den Einsatz.

Verteidigungsminister de Maizière wünscht sich gerade jetzt Unterstützung für den Einsatz.

(Foto: dapd)

Das Attentat galt laut de Maizière nicht Deutschland. "Es spricht (...) einiges dafür, dass nicht Deutschland und nicht der deutsche Kommandeur das Ziel dieses Anschlags war", sagte er am Rande einer Veranstaltung der "Zeit".

Attentäter in Polizeiuniform?

Auf afghanischer Seite starben in Talokan der Polizeikommandeur für den Norden des Landes, Daud Daud, sowie der Polizeichef der Provinz Tachar, Schah Dschahan Nuri. Unter den Verletzten ist der Gouverneur Abdul Jabar Taqwa. Insgesamt wurden nach offiziellen afghanischen Angaben sieben Menschen getötet und neun weitere verletzt.

Der Attentäter soll eine Polizeiuniform getragen haben. So erklärte der Kommandeur der afghanischen Armee für die Nordregion, General Salmai Wesa: "Unsere ersten Informationen deuten darauf hin, dass der Attentäter eine Uniform der Sicherheitskräfte trug." Ein Angehöriger der Sicherheitskräfte, der nicht namentlich genannt werden wollte, betonte, es habe sich um eine Polizeiuniform gehandelt.

Westerwelle vertraut Afghanen

Der Anschlag stellt das Konzept des Partnering in Afghanistan nach Einschätzung von Experten erneut in Frage. Ausländische Soldaten sind darauf angewiesen, ihren sogenannten Partnern - den afghanischen Sicherheitskräften - zu vertrauen. Die enge Zusammenarbeit - das Partnering - zwischen internationalen und einheimischen Sicherheitskräften gilt als Schlüssel dafür, das angestrebte Ziel der NATO zu erreichen: Die ausländischen Kampftruppen bis 2014 abzuziehen.

Laut de Maizière steht die Partnerschaftsstrategie jedoch nicht zur Disposition: "Wenn wir die Sicherheit allmählich in afghanische Hände übergeben wollen, dann geht es nur so, dass wir es mit den Afghanen zusammen tun."

Königshaus will Soldaten besser schützen

Hellmut Königshaus verlangt schärfere Kontrollen.

Hellmut Königshaus verlangt schärfere Kontrollen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus hat indes einen besseren Schutz der deutschen Soldaten angeregt. Es müsse besser kontrolliert werden, "ob in jeder afghanischen Uniform ein vertrauenswürdiger Partner steckt", ließ der FDP-Politiker verlauten. Amerikaner, Türken und Andere hätten bereits biometrische Verfahren zur besseren Identifizierung entwickelt, die auf deutscher Seite auf datenschutzrechtliche Bedenken stießen. "Die will ich nicht kleinreden. Aber wir müssen im Sinne der Sicherheit unserer Soldaten dann eben entsprechende Ersatzlösungen entwickeln."

De Maizière hatte Ende April während seiner USA-Reise angekündigt, die biometrischen Verfahren von den Amerikanern übernehmen zu wollen. Königshaus sagte dazu: "Es gibt ganz offenkundig noch rechtliche Bedenken, was diese biometrischen Kontrollen angeht." Bei seinem Afghanistan-Besuch vor einer Woche hätten ihm die Verantwortlichen gesagt, "dass es noch ungeklärt ist, wie man in diesem Punkt weiter vorgehen will".

An dem Konzept der engen Zusammenarbeit mit den afghanischen Sicherheitskräften zweifelt der Wehrbeauftragte nicht. Der Anschlag verdeutlicht seiner Einschätzung nach eine neue Vorgehensweise der Aufständischen. "Das offene Gefecht meiden sie jetzt, sie verlegen sich auf hinterhältige Anschläge dieser Art oder auf Sprengstofffallen.", sagte er. "Grundsätzlich heißt das vor allem, dass wir in Zukunft noch mehr als bisher darauf achten müssen, dass wir das Beste, das Sicherste, was wir aufbieten können, dort auch einsetzen."

Karsai verspricht Aufklärung

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat der Bundeskanzlerin unterdessen eine umfassende Untersuchung des Selbstmordanschlages zugesichert. In einem Telefonat habe Karsai der Kanzlerin noch einmal "die hohe Wertschätzung des afghanischen Volkes für das deutsche Engagement in seinem Land" bestätigt, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit.

Karsai hatte Merkel den Angaben zufolge am Mittag angerufen. Nach dem Anschlag hatte er eine Auslandsreise abgebrochen und war nach Kabul zurückgekehrt. Beide sprachen sich gegenseitig ihr Mitgefühl für die deutschen und afghanischen Opfer aus.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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