Psychisch kranke Soldaten Trauma-Zentrum gefordert
25.09.2009, 10:50 UhrAngesichts der steigenden Zahl von psychischen Problemen bei Soldaten nach Afghanistan-Einsätzen hat der Wehrbeauftragte Reinhold Robbe die Regierung zum Handeln aufgefordert. Robbe warf Verteidigungsminister Franz Josef Jung vor, ein vom Bundestag jüngst gefordertes Behandlungs- und Erforschungszentrum für Soldaten mit einer sogenannten Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nicht eingerichtet zu haben. Robbe sagte der Zeitung "Die Welt", er interpretiere die Bundestagsentschließung so, "dass wir ein selbstständiges Institut für die Behandlung und Erforschung von PTBS benötigen".

Deutsche ISAF Soldaten bereiten sich im September 2009 auf eine Mission ausserhalb von Kundus vor.
(Foto: AP)
Bei der Bundeswehr wurde darauf verwiesen, dass die Behandlung traumatisierter Soldaten in einer einzigen Klinik zu einer Stigmatisierung dieser Einrichtung und ihrer Patienten führen könne. Noch gravierender aber sei, dass Soldaten nach einem langen Auslandseinsatz wegen einer solchen Behandlung erneut für längere Zeit weit entfernt von der Heimat und den Angehörigen untergebracht sein könnten. Deshalb solle die Behandlung von PTBS-Symptomen auch zukünftig dezentral und regional erfolgen.
"Brauchen ein eigenes Institut"
Robbe betonte hingegen, man brauche eine zentrale Einrichtung, auch um die Krankheit besser erforschen zu können: "Wir brauchen ein eigenes Institut mit eigenen Stellen, an dem auch Fachpersonal eingestellt wird und an dem Wissenschaftstransfer stattfinden kann."
Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass immer mehr Soldaten nach ihren Afghanistan-Einsätzen unter psychischen Problemen und Traumata leiden. Im ersten Halbjahr 2009 wurden bereits 152 PTBS-Fälle registriert, teilte das Verteidigungsministerium mit. Im gesamten Jahr 2008 waren es 226. "Je länger und robuster die Auslandseinsätze verlaufen, desto höher ist auch die Aufkommenswahrscheinlichkeit für Fälle von PTBS", hieß es.
Mehr britische Veteranen straffällig
Unterdessen werden laut einer Studie immer mehr ehemalige britische Soldaten, die in Konfliktregionen gedient haben, straffällig oder landen im Gefängnis. Derzeit sitzen 8500 Veteranen in Gefängnissen in England und Wales, 12.000 weitere ehemalige Armeeangehörige sind mit Bewährungsstrafen registriert. Damit sind mehr als doppelt so viele Veteranen mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, als Soldaten des Königreichs in Afghanistan eingesetzt sind. Derzeit sind 8,5 Prozent der Gefängnisinsassen ehemalige Soldaten. Dieser Anteil hat sich in den vergangenen sechs Jahren mehr als verdoppelt.
Der Verband der Bewährungshelfer kritisierte, dass die "große Mehrheit" der Veteranen keine angemessene Hilfe bekommt, wenn sie die Streitkräfte verlassen. Viele Soldaten würden wegen der Erlebnisse in den Krisenregionen beim Ausscheiden aus der Armee unter post-traumatischem Stress, Depressionen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch leiden. Zumeist kam es zu Verurteilungen wegen Gewalt in den eigenen vier Wänden.
Quelle: ntv.de, dpa