Medien-Show ohne Verhaftung Trump ruft und kaum einer kommt
22.03.2023, 07:32 Uhr
Treue Trump-Anhänger gibt es noch immer - viele waren es an diesem Dienstag aber nicht.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Ex-Präsident Trump streut selbst das Gerücht, dass er am Dienstag festgenommen wird. Seine Anhänger ruft er zum Protest auf. Gekommen - sind die Medien. Verhaftet wurde er trotzdem nicht.
Robert Smith ist Amerikaner, wohnt aber seit Jahren in Deutschland. Er besucht gerade seinen Sohn in New York. "Ich komme gerne nach Amerika - aber nur noch als Gast", sagt der 66-Jährige. Er gibt zu, das sei ein Satz, der schmerze, aber es gebe so viele verrückte Entwicklungen in diesem Land. Erstaunt stellt der ehemalige Mitarbeiter einer Baufirma an diesem Dienstagnachmittag fest: "Ich hätte gedacht, dass heute mehr Demonstranten kommen."
Doch einige sind vor das Gerichtsgebäude in Manhattan gezogen. Sie tragen Flaggen um den Körper, auf denen in Großbuchstaben Trump steht. Einer ist in ein Fell gehüllt, sein Gesicht in den US-Farben blau-rot-weiß angemalt, auf dem Kopf ein Hut mit Hörnern. Der Mann dreht mit einem Hochrad Runden. Dabei schreit er Parolen wie: "Wir sind bereit, uns Amerika zurückzuholen. Seid ihr bereit, dafür zu kämpfen?" Seine Schminke verschmiert immer stärker, weil er in der Sonne schwitzt, während er jedem bereitwillig ein Interview gibt, der ein Mikrofon oder ein Handy auch nur ansatzweise in seine Richtung hält.
Auch wenn nur wenige Trump-Anhänger gekommen sind - die, die da sind, haben sich Donald Trump bedingungslos verschrieben. Seit dem Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 weiß jeder, wozu die Make-America-Great-Again-Anhängerschaft bereit sein kann. Sind es viele, heizen sie sich gegenseitig auf und gehen teilweise bis zum Äußersten. Washington hatte sich diesen Dienstag darauf vorbereitet, New York City auch. Wann immer neue Demonstranten vor dem Gericht auftauchen, kommen Polizeibeamte, die hastig neue Absperrgitter aufbauen.
Wird Trump am Mittwoch verhaftet?
Der Lockruf von Trump konnte bisher keine Massen mobilisieren - außer: aufseiten der Medien. Der kleine Collect Pond Park steht voll mit Übertragungswagen, Kameras, Reportern und Fotografen. Jeder stürzt sich auf die schrillen Figuren, die an diesem Tag vorbeikommen. Doch auch die Journalisten sind in ihrer Berichterstattung gespalten und fragen sich: Sollte man diesen Leuten die Plattform geben? Für wen sprechen sie? Wenn sie "Fuck Biden" rufen und danach über sich selbst lachen, was ist das dann? Alberne Schauspielerei? Beleidigendes Gepöbel?
Durch seinen Aufruf zum Protest hat Trump eine mediale Aufmerksamkeit bekommen, wie er sie lange nicht hatte. Und das nur, weil er selbst behauptete, am Dienstag werde er verhaftet. Tatsächlich passiert an diesem Tag - nichts. Erst am Nachmittag kommen neue Gerüchte auf, dass es diesen Mittwoch werden könnte, wenn die Geschworenen ein Urteil über eine Anklage fällen. Zuvor wollten sie noch einen Zeugen hören - wer das sein soll, bleibt unklar.
Trump würde, so die Mutmaßung einiger, im Falle einer Anklage frühestens kommende Woche vor Gericht erscheinen. Die "New York Times" zitiert Freunde und Bekannte, die mit Trump hinter verschlossenen Türen geredet hätten. Dabei ging es um den sogenannten "Perp Walk": Eine Praxis der US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden, insbesondere in New York City, bei der Angeklagte an Reportern und Fotografen vorbei, öffentlich ins Gerichtsgebäude geführt werden. Der Begriff "Perp" steht dabei als
Abkürzung für "Perpetrator" (Straftäter).
Ein medienwirksames Spektakel, das Trump wohl gerne hätte, aber vielleicht nicht bekommt. Der Secret Service, der den Ex-Präsidenten noch immer beschützt, dürfte gerade mit der New Yorker Polizei beraten, wie eine sichere An- und Abfahrt gewährleistet werden könnte - ohne mediale Show.
Kürzlich sagte Trump bei einem Wahlkampfauftritt in Iowa: "2024 ist die letzte Schlacht." Es ist beruhigend zu sehen, dass der plumpe Aufruf auf "Truth Social", seinem sozialen Medium, "Holt euch euer Land zurück", nicht ausreicht, um im Handumdrehen der Schlacht ein Kapitel hinzuzufügen.
Quelle: ntv.de