"Nicht hinnehmbare Brutalität" UN-Ermittler verurteilen Israel
23.09.2010, 07:54 Uhr
Alle Todesopfer kamen aus der Türkei.
(Foto: AP)
Die UN-Ermittler lassen keine Zweifel: Beim Einsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte habe Israel internationales Recht gebrochen, heißt es in einem Report. Die israelische Marine sei bei dem Einsatz mit "nicht hinnehmbarer Brutalität" vorgegangen. Israel weist den Bericht als einseitig zurück.
Bei dem blutigen Militäreinsatz gegen die Gaza- Hilfsflotte hat Israel nach Ansicht von UN-Ermittlern internationales Recht gebrochen. Das Aufbringen des türkischen Schiffs "Mavi Marmara" Ende Mai, bei dem neun Gaza-Aktivisten getötet wurden, habe "auf hoher See klar gegen das Recht verstoßen", heißt es in dem Bericht des UN-Menschenrechtsrates. In dem 56 Seiten langen Report wird auch die israelische Blockade des Gazastreifens selbst als ungesetzlich bezeichnet. Und: Solch ein Vorfall könne sich wiederholen, wenn es keinen "dramatischen Wandel" in der Gazapolitik gebe.
Die israelische Marine sei bei dem Einsatz mit "nicht hinnehmbarer Brutalität" vorgegangen, heißt es weiter. Die Erstürmung der Flotte sei nicht nur "unverhältnismäßig" gewesen, sondern zeuge auch von einem "völlig unnötigen und unglaublichen Grad von Gewalt". Es gebe "klare Beweise", die Anklagen möglich machten. Die Ermittler nannten in ihrem Bericht unter anderem die Vorwürfe der vorsätzlichen Tötung und der Folter, auf die sich Anklagen gegen Israel stützen könnten.
Die UN-Experten forderten Israel zur Zusammenarbeit auf. "Die Urheber der schlimmsten Verbrechen waren maskiert und können ohne die Hilfe der israelischen Behörden nicht identifiziert werden", hieß es in dem Bericht, der am Montag im Menschenrechtsrat offiziell vorgestellt werden soll. Um die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können, müsse Israel Kooperationswillen zeigen.
UN: Keinerlei Rechtfertigung
Der Angriff könne durch nichts gerechtfertigt werden, heißt es in dem Bericht, auch nicht durch Artikel 51 der UN-Charta. Der Passus erlaubt Staaten die Selbstverteidigung und die Abwehr von Terroristen.
Auch wenn der größere Zusammenhang der Solidaritätsaktion für die Palästinenser in Gaza und des israelischen Vorgehens dagegen gesehen werden müsse, sei der Einsatz nicht zu billigen. Ebenso sei die Blockade des Gazastreifens, die Israel mit der Abwehr von Terroristen begründet, "ungesetzlich und kann nicht mit dem Recht in Einklang gebracht werden". Der Bericht fordert beide Seiten zu Frieden und gegenseitigem Respekt auf: "Ein ungerechter Sieg hat noch nie dauerhaften Frieden gebracht."
Israel weist Vorwürfe zurück
Der UN-Menschenrechtsrat hatte Anfang Juni eine Resolution verabschiedet, mit der die internationale Untersuchungskommission ins Leben gerufen wurde. Israel lehnt dieses Gremium aber als parteiisch ab und unterstützt lediglich eine von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eingeleitete Untersuchung.
Der Bericht sei "ebenso voreingenommen und einseitig, wie das Gremium, das ihn erstellt hat", erklärte das israelische Außenministerium. Die Geschehnisse des 31. Mai würden weiter von einem israelischen Gremium geprüft, dem zwei internationale Beobachter angehören. Alle weiteren Untersuchungen seien "überflüssig und unproduktiv".
Der UN-Menschenrechtsrat in Genf hatte drei Experten mit der Untersuchung des Vorfalles beauftragt. Gleichzeitig hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine Kommission aus vier Diplomaten unter Leitung des neuseeländischen Ex-Premiers Geoffrey Palmer berufen. Deren Bericht steht noch aus. Die meisten der etwa 500 Menschen an Bord der "Mavi Marmara" waren Türken. Auch alle Todesopfer des israelischen Einsatzes kamen aus der Türkei. Der Zwischenfall hatte zu einer tiefen zwischen den Ländern geführt.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP