Tunnelbau in vollem Gange UN ermitteln Gaza-Schäden
22.01.2009, 17:03 UhrIsrael hat der Hamas mit neuen Angriffen auf den Gazastreifen gedroht. Wenn die Radikalislamisten in dem Palästinensergebiet erneut Tunnel an der Grenze zu Ägypten zum Waffenschmuggel nutzten, behalte Israel sich ein militärisches Vorgehen gegen die Geheimgänge vor, warnte Außenministerin Zipi Livni. Während der Militäroffensive im Gazastreifen hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben 150 Geheimgänge zerstört.
Nach der EU drängten nun auch die UN Israel, die Grenzübergänge zum Gazastreifen für humanitäre Hilfe zu öffnen.
Derweil sind die Reparaturarbeiten an dem von Israel bombardierten Tunnelsystem zu Ägypten in vollem Gang. Unter dem Schutz von Zelten arbeiten in Rafah Hunderte Palästinenser daran, die Gänge wieder frei zu bekommen. Die meisten von ihnen besitzen einen Anteil an einer der Röhren und betreiben sie als lukratives Geschäft. Wegen der Blockade sind die Tunnel die einzigen Handelsverbindungen des Palästinensergebiets nach draußen. Nach Aussagen von Grenzbewohnern funktionieren trotz des israelischen Bombardements nach wie vor Hunderte Schmugglertunnel.
PLO stellt Bedingungen
Die Palästinenser machen die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit Israel vom Versprechen eines Rückzugs aus den 1967 besetzten Gebieten abhängig. Außerdem müsse Israel den Siedlungsbau in den Autonomiegebieten vollständig einstellen, forderte die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) von Präsident Mahmud Abbas in Ramallah. Unterdessen will Israel nach dem Gazakrieg die Bemühungen um eine Freilassung des 2006 von Extremisten verschleppten Rekruten Gilad Schalit vorantreiben. Ohne eine Einigung im Fall Schalit würden die Grenzen zum Gazastreifen nicht für den normalen Verkehr geöffnet, sagte Kabinettsminister Benjamin Ben-Elieser. Das israelische Militärradio berichtete, Israel wolle einen weniger strikten Kurs im Fall Schalit fahren. Regierungschef Ehud Olmert wolle Schalit bis zur Parlamentswahl am 10. Februar in Freiheit wissen.
Schäden werden ermittelt
Ein Expertenteam unter Leitung des UN-Nothilfekoordinators John Holmes ist im Gazastreifen eingetroffen, um Schäden und humanitäre Bedürfnisse nach der dreiwöchigen israelischen Militäroffensive festzustellen. In etwa zehn Tagen werde die Weltorganisation in einem Aufruf bekanntgeben, was für den Wiederaufbau getan werden müsse, sagte Holmes am UN-Sitz in Gaza. Der UN-Sitz in Gaza war bei den am Sonntag beendeten israelischen Luftangriffen selbst schwer getroffen worden. Holmes musste über Schutt und Trümmer steigen, um das Podium für die Pressekonferenz zu erreichen. Holmes forderte Israel auf, die Grenzübergänge zum Gazastreifen für Hilfslieferungen zu öffnen: "Wenn man hier einen Wiederaufbau will, dann braucht man auch Zement und anderes Baumaterial, Rohre und Ersatzteile", sagte Holmes.
Hamas verspricht Zahlungen
Die Hamas kündigte Geldzahlungen an besonders schwer von der israelischen Militäroffensive Betroffene an. Familien, deren Häuser vollständig zerstört wurden, könnten mit 4000 Euro rechnen, sagte Hamas-Sprecher Al-Nono. Tausend Euro gebe es für jedes getötete Familienmitglied und 500 Euro für jeden Verletzten. Mit den Zahlungen will die vom Iran unterstützte Hamas Sympathien unter der Bevölkerung nach dem Ende der israelischen Militäroffensive gewinnen.
Erneut Palästinenser verletzt
Im Flüchtlingslager Schati im Gazastreifen wurden derweil fünf Palästinenser durch Granatenbeschuss der israelischen Marine verletzt, wie Rettungskräfte mitteilten. Ein Gebäude und mehrere Fischerboote wurden demnach beschädigt. Die Marine teilte mit, sie habe lediglich Warnschüsse an ein Fischerboot abgegeben. Andernorts hielt die von Israel und der Hamas am Wochenende getrennt voneinander verkündete Waffenruhe.
Opferzahlen werden konkreter
Das Palästinensische Menschenrechtszentrum (PCHR) gab die Zahl der Toten im jüngsten Gazakonflikt mit 1285 an. Bei 894 Todesopfern soll es sich um Zivilisten gehandelt haben, stellte die unabhängige Organisation in einem Bericht fest. Im Laufe der dreiwöchigen israelischen Militäroffensive, die am letzten Sonntag beendet wurde, seien 280 Kinder und 111 Frauen ums Leben gekommen. Außerdem seien 168 Angehörige der zivilen Hamas-Polizei getötet worden. Die Zahl der Verletzten gab der Bericht mit 4336 an. Die Gesundheitsbehörden in Gaza hatten zuletzt von mehr als 1400 Toten und rund 5300 Verletzten gesprochen.
Quelle: ntv.de