Nach Massaker in Hula US-General steht bereit
28.05.2012, 18:00 Uhr
Dempsey, Verteidigungsminister Panetta Leon Panetta und Obama beim diesjährigen Memorial Day in Arlington (von links nach rechts).
(Foto: AP)
Der Druck auf den syrischen Präsidenten Assad nimmt zu. Erstmals macht US-Generalstabschef Dempsey öffentlich militärische Planspiele. US-Präsident Obama denkt derweil darüber nach, dass "Überreste" des Assad-Regimes an der Macht bleiben könnten. Damaskus weist jedoch jede Schuld von sich und sieht beim Massaker in Hula Islamisten am Werk.
US-Generalstabschef Martin Dempsey erwägt erstmals ein militärisches Vorgehen gegen Syrien. "Wir sind bereit (militärische) Optionen vorzulegen, wenn wir danach gefragt werden", sagte der General in einem Interview des TV-Senders CBS. Allerdings fügte er ausdrücklich hinzu, dass es vor einer Diskussion über militärische Möglichkeiten diplomatischen Druck geben sollte.
Dempsey betonte, sein Job sei es nicht, Politik zu machen. Sache der Armee sei es, militärische Pläne zu liefern. Bislang haben US-Militärs sowie die US-Regierung es stets vermieden, in der Öffentlichkeit über militärische Aktionen gegen Syrien zu sprechen. Dempsey äußerte sich nach dem jüngsten mit mehr als 110 Toten in Syrien. "Die Ereignisse in Syrien über das Wochenende sind schlichtweg entsetzlich. Wirklich grauenhaft."
Der Syrien-Sondergesandte Kofi Annan äußerte sich ebenfalls "persönlich schockiert und entsetzt" über das Massaker. Es handele sich um einen "Abscheu erregenden Akt mit weitreichenden Konsequenzen", sagte Annan in Hauptstadt Damaskus vor einem Treffen mit Außenminister Walid Muallem. Die Verantwortlichen für das Massaker müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Annan. Der Sondergesandte von UNO und Arabischer Liga rief "jeden mit einer Waffe" auf, sich an den von ihm vorgelegten Friedensplan zu halten und der Gewalt ein Ende zu setzen.
Damaskus: Militante Islamisten sind schuld
Syrien macht indes militante Islamisten für das Massaker in Hula verantwortlich. Hunderte Bewaffnete hätten die Tat verübt, hieß es in einem Brief des syrischen Außenministeriums an den UN-Sicherheitsrat, über den das staatliche Fernsehen berichtete. Auch sei nicht ein einziger Panzer der syrischen Armee in der Region gewesen. Die bewaffneten Terroristen hätten ihre Opfer mit Messern getötet, was typisch für Islamisten sei. Syrische Soldaten hätten sich dann selbst gegen die Angreifer verteidigen müssen.Dennoch seien bei dem Vorfall am Freitag drei der Soldaten getötet und 16 weitere verletzt worden.
Der UN-Sicherheitsrat hatte das Massaker am Sonntag einstimmig scharf verurteilt und erklärt, Teil der Angriffe in Hula seien Beschüsse durch Artillerie und Panzer der syrischen Regierung gewesen. Der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant sagte, syrische Artillerie und Panzer seien zweifelsfrei für das Massaker verantwortlich.
Obama setzt auf Jemen-Lösung
Präsident Barack Obama strebt nach einem Bericht der "New York Times" mittlerweile in Syrien einen politischen Übergang wie im Jemen an. Sein Plan sehe vor, dass zumindest zeitweise "Überreste" des Regimes von Präsident Baschar al-Assad an der Macht bleiben könnten, schreibt die Zeitung unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsbeamte.
Obama will dem Bericht zufolge seinen Plan mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beraten. Er habe das Thema bereits beim jüngsten G8-Gipfel mit dem russischen Regierungschef Dmitri Medwedew angesprochen. Dieser habe sich empfänglich für eine solche Lösung gezeigt, aber keinerlei Zusagen gemacht, berichtet das Blatt. Die russische Zustimmung sei aber entscheidend für eine Verwirklichung des Plans, heißt es.
Im Jemen hatte Langzeitpräsident nach monatelangen Protesten die Macht Ende 2011 an seinen Stellvertreter Abed Rabbo Manur Hadi zunächst übergangsweise abgegeben. Später gewann Hadi die Wahlen. Bisher hat Russland schärfere Maßnahmen gegen das Assad-Regime stets abgelehnt.
Paris und London gehen Assad an
Nach dem Massaker von Hula wollen Frankreich und Großbritannien den Druck auf Syrien erhöhen. Der französische Staatspräsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron seien bei einem Treffen in Paris übereingekommen, gemeinsam darauf hinzuwirken, dass "der Druck der internationalen Gemeinschaft auf Baschar al-Assad wächst", teilte der Elysée-Palast mit. Das Massaker von Hula und die Ereignisse der vergangenen Tage in Syrien und im Libanon zeigten einmal mehr, welche Gefahr von der Führung Assads für das syrische Volk ausgehe.
"Der mörderische Wahnsinn des Regimes in Damaskus stellt eine Bedrohung für die regionale Sicherheit dar", hieß es in der Elysée-Erklärung. Die Missachtung der im Sechs-Punkte-Plan des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan vorgesehenen Waffenruhe durch die Assad-Regierung sei "inakzeptabel". Das nächste Treffen der sogenannten Gruppe der Freunde Syriens, der neben arabischen Ländern die USA und führende europäische Staaten angehören, soll demnach in Paris stattfinden. Ein Datum steht noch nicht fest.
Die syrische Opposition forderte ihre internationalen Unterstützer derweil auf, ihr "wirksame Mittel" zur Verteidigung gegen die Regierungstruppen zur Verfügung zu stellen. Dies müsse geschehen, "bevor es zu spät ist", hieß es in einem Appell des in Beirut ansässigen oppositionellen Syrischen Nationalrats.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP