US-Wahl

Die große Stunde des alten Kämpfers Clintons Loblied auf Obama

Clinton umarmt Obama: Seht her, dies ist mein legitimer Nachfolger.

Clinton umarmt Obama: Seht her, dies ist mein legitimer Nachfolger.

(Foto: REUTERS)

Es ist ein furioser Auftritt. Beim Parteitag der Demokraten verbeugt sich der demokratische Ex-Präsident Clinton vor seinem Nachfolger Obama. Vor einem tobenden Saal würdigt US-Präsident Nummer 42 die Nummer 44. Und dann fällt auch noch das Wort vom "amerikanischen Traum".

Mehr als eine Geste: Clinton und Obama in Charlotte.

Mehr als eine Geste: Clinton und Obama in Charlotte.

(Foto: AP)

Bill Clinton weiß, wie man eine Menge begeistert: Und er genießt es sichtlich, an diesem zweiten Tag des in Charlotte. Gewohnt lässig schreitet er unter dem Jubel Tausender an das Rednerpult. Dann legt er los, heizt der Menge mit jener typischen Mischung aus Charme und Witz ein, um schließlich auf dem Höhepunkt zu verraten, was keine Überraschung ist: "Ich möchte einen Mann nominieren, der nach außen cool  wirkt, aber im Inneren für Amerika brennt. Ich möchte, dass Barack Obama der nächste Präsident der Vereinigten Staaten ist."

Dabei wäre es traditionell die Stunde des Vizepräsidenten, die Stunde Joe Bidens gewesen. Doch Obama setzte an diesem Parteitag auf das zugkräftigste Pferd der Demokraten, auf die Verkörperung solider Wirtschaftspolitik. Auf einen Mann, der mit einer boomenden Wirtschaft, Vollbeschäftigung und gesunden Staatshaushalten verbunden wird und dessen positive Wirtschaftsbilanz sogar die Republikaner nicht leugnen können.

Und Clinton enttäuschte nicht. Auch wenn sein Verhältnis zu Obama nicht immer ganz einfach war und er gerne seinem Nachfolger Vorträge hält, sang er nun fast eine Stunde lang ein berauschendes Loblied auf Obama. Dieser leiste - so das Fazit - eine großartige Arbeit.

"Absturz in die Depression" gestoppt

Clinton bemühte sich, vor allem ein Argument der Republikaner zu entkräften: dass Obama in der Wirtschaftspolitik versagt habe. Vielmehr habe Obama den "Absturz in die Depression" gestoppt, so Clinton. Als er angetreten sei, habe er von den Republikanern "eine zutiefst beschädigte Wirtschaft" geerbt. "Niemand hätte all den Schaden, den er vorgefunden hat, in nur vier Jahren reparieren können." Dies gelte sowohl für ihn, Bill Clinton, als auch für jeden anderen seiner Vorgänger. Doch die Republikaner verweigerten sich dieser Erkenntnis und hätten vielmehr auf ihrem eine simple Botschaft verbreitet: "Wir haben ihm ein totales Chaos hinterlassen, er ist mit dem Aufräumen nicht fertig geworden, also feuert ihn und setzt uns wieder ein."

Dennoch, so Clintons Argumentation, habe Obama das Beste aus der desaströsen Hinterlassenschaft gemacht. Er habe Millionen Arbeitsplätze geschaffen und den Abbau weiterer Jobs verhindert. Und in den nächsten vier Jahren würden dann auch die Erfolge sichtbar, so wie es bei ihm einige Jahre gebraucht habe. Trotz des schweren Erbes werde er das Land zu einer "neuen Wirtschaft des amerikanischen Traums führen". Die Republikaner allerdings, statt Arbeitslose in Lohn und Brot zu bringen, verfolgten seit zwei Jahren nur ein Ziel: Obama den Arbeitsplatz wegzunehmen. Aber so weit, so Clinton unter dem Jubel der Menge, werde es nicht kommen.

Die Demokraten feiern ihren ehemaligen Präsidenten und Wahlkämpfer euphorisch.

Die Demokraten feiern ihren ehemaligen Präsidenten und Wahlkämpfer euphorisch.

(Foto: AP)

Nicht nur in der Wirtschaftspolitik bescheinigte Clinton den Republikanern mangelnden Gemeinwillen. Dieser scheint vielmehr, glaubt man Clinton, die zugrunde liegende Denkweise zu sein, die überall durchschimmert. "Wenn ihr eine Gesellschaft wollt, in der jeder auf sich selbst gestellt ist, in der der Gewinner alles bekommt, dann solltet ihr die Republikaner unterstützen", so Clinton, der sich in den USA mit Zustimmungswerten von 66 Prozent inzwischen ungeheurer Popularität erfreut.

"Demokratie muss kein blutiger Sport sein"

Der kalten Politik des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney und seines Vize Paul Ryan stellte Clinton den Gemeinsinn der Demokraten entgegen. "Wir konzentrieren uns auf das Lösen von Problemen und nicht auf das permanente Kämpfen." Nur Kooperation brächten die USA weiter und Obama verstünde sich hervorragend darauf: Obama habe selbst seinen ehemaligen Mitbewerber um die Präsidentschaftskandidatur, Biden, eingebunden und dieser mache "einen großartigen Job". Mehr noch: "Präsident Obama unterstützte sogar Hillary, er ernannte sogar Hillary", erklärte der 66-Jährige unter dem Toben des Saals. "Ich bin stolz auf sie und ihre Arbeit. Ich bin dankbar, für den Respekt, den sie genießt und das Signal, dass Demokratie kein blutiger Sport sein muss."

Dann deklinierte Clinton noch mit heiserer Stimme diverse Themen des Wahlkampfes durch, von der Einführung eines allgemeinen Zugangs zur Krankenversicherung - von den Republikanern als "Obamacare" verunglimpft -  bis hin zu Studien-Darlehen. Immer wieder macht er klar, für wen die Demokraten einstehen wollen: die Mittelschicht, die Armen, die Kranken. Deshalb, so sein flammender Appell, sei eine Wiederwahl Obamas nötig.

Den ersten Schritt dazu machten die in North Carolina versammelten Demokraten. Nach Clintons Rede Obama offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten. Ob er dann aber auch Präsident wird, entscheiden die US-Amerikaner am 6. November.

Quelle: ntv.de

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