US-Wahl

Showdown in einer Handvoll Staaten Die Schlacht um den Senat

In den schraffierten Staaten liefern sich Demokraten und Republikaner harte Duelle um den US-Senat.

In den schraffierten Staaten liefern sich Demokraten und Republikaner harte Duelle um den US-Senat.

(Foto: Screenshot)

Demokraten und Republikaner kämpfen nicht nur um die Präsidentschaft, sondern auch um dem Kongress. Noch kontrollieren die Demokraten eine der Kammern, den Senat. Doch das könnte sich im November ändern - und damit die gesamte US-Politik beeinflussen. Kein Wunder, dass Patzer à la Akin die Republikaner aufschrecken.

Wenn die Republikaner Todd Akin feuern könnten, sie hätten es vermutlich längst getan. Denn mit seiner Aussage über "legitime Vergewaltigungen" hat ihr Senatskandidat in Missouri wohl mehr als nur den politischen Selbstzerstörungsknopf gedrückt: Er könnte im Alleingang die zukünftigen Machtverhältnisse im Oberhaus des US-Kongresses entschieden haben - und zwar zu Ungunsten seiner Partei.

Der US-Kongress, Sitz von Repräsentantenhaus und Senat.

Der US-Kongress, Sitz von Repräsentantenhaus und Senat.

(Foto: REUTERS)

In Missouri dürfte es Akin nun deutlich schwerer haben, der Demokratin Claire McCaskill ihren Senatssitz zu entreißen. Bis zu seinem verbalen Ausrutscher lag er in den Umfragen vorn, Missouri gilt als eher konservativ. Nun haben die Republikaner Akin von sämtlicher Unterstützung abgeschnitten, mächtige Polit-Organisationen wie "Crossroads GPS" schalten keine Werbung mehr für ihn. Die Wahl-Expertin Jennifer Duffy vom anerkannten "Cook Report" legt sich bereits fest: Solange Akin der republikanische Kandidat bleibt, "ist das Rennen nicht mehr offen und McCaskill hohe Favoritin".

Was den Republikanern eigentlich egal sein könnte, schließlich werden noch 32 weitere Senatorinnen und Senatoren gewählt. Allerdings steht beim Großteil schon jetzt das Ergebnis fest: In Staaten wie Kalifornien, Ohio oder Michigan werden mit großer Wahrscheinlichkeit die demokratischen Kandidaten siegen, in Texas, Arizona oder Mississippi die republikanischen. Nur bei etwa zehn Rennen hat sich noch kein klarer Favorit herauskristallisiert. Sie werden die Mehrheitsverhältnisse des nächsten US-Senates also entscheiden. Noch haben die Demokraten mit 53 Senatoren einen winzigen Vorsprung. Gewinnen die Republikaner jedoch mindestens vier Sitze im November dazu und verlieren darüber hinaus nicht die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, kontrollieren sie die gesamte Legislative. Sollten sie das Weiße Haus erobern, reichen sogar drei Siege, denn der Vizepräsident ist gleichzeitig Vorsitzender im Senat und darf mitstimmen.
 

Florida: Nelson v. Mack

Im "Sunshine State" entscheidet sich das Rennen zwischen dem demokratischen Amtsinhaber Bill Nelson und seinem Herausforderer Connie Mack. Dass der Ton des Duells kein freundlicher sein wird, dafür sorgte Nelson gleich zu Beginn: In einem düsteren Werbespot zerrte er diverse Jugendsünden seines 45-jährigen Gegners hervor, von Trunkenheit über Barschlägereien bis zur Verhaftung durch die Polizei. Auch seine Vergangenheit als PR-Berater der Restaurantkette "Hooters", berühmt für leicht bekleidete Kellnerinnen, ist schon zum Thema geworden. Mack, so die recht einfache Botschaft, ist nicht nur Sohn eines Ex-Senators und Ex-Baseballteambesitzers, sondern auch ein verwöhnter Schnösel mit asozialen Angewohnheiten. Dessen Beliebtheitswerte sackten auch gleich mal in den Keller.

Indiana: Donnelly vs. Murdock

Dass Richard Murdock, der amtierende Schatzmeister von Indiana, überhaupt um einen Senatsposten kämpfen kann, grenzt an ein politisches Wunder. Schließlich musste er sich in den Vorwahlen der Republikaner erst an Richard Lugar vorbeikämpfen, einem der dienstältesten Senatoren im US-Kongress. Doch Murdock siegte überraschend deutlich, dank schlagkräftiger Unterstützung der ultra-konservativen Tea Party. Für den eher moderaten Demokraten Joe Donnelly, der in seinen Vorwahlen keine Konkurrenz hatte, wird es ein harter Kampf, bei dem es vor allem um niedrigere Steuern und Jobs gehen wird - und damit um Themen, bei denen die Obama-Regierung heftigen Attacken der Republikaner ausgesetzt ist. Der konservative "Club for Growth" versucht bereits, Donnelly für die Politik des Weißen Hauses verantwortlich zu machen, um Murdock zum Sieg zu verhelfen.

Massachusetts: Brown vs. Warren

Die aktuellen Umfragen (in Prozent)

Florida
Mack: 43
Nelson: 45

Indiana
Mourdock 42
Donnelly 40

Massachusetts
Brown 43,7
Warren 43

Missouri
Akin 48
McCaskill 43

Montana
Rehberg 47
Tester 43

Nevada
Heller 47
Berkley 43

North Dakota
Berg 49
Heitkamp 44

Virginia
Allen 45
Kaine 46,5

Mit Elizabeth Warren tritt in Massachusetts der neue Star der demokratischen Partei an. Die smarte Harvard-Professorin leitete für die Obama-Regierung ab 2008 das Bankenrettungsprogramm "TARP" und schuf danach die neue Verbraucherschutzbehörde für Finanzprodukte. Warren gilt als Champion der Occupy-Bewegung und Schrecken der Wall Street, das "Time-Magazine" zählt sie zu den 100 einflussreichsten Menschen, und beim Parteitag der Demokraten wird sie zu den Hauptrednern gehören. Doch auch ihr Gegner, Scott Brown, ist einer der steilsten Polit-Aufsteiger der vergangenen Jahre. 2010 gewann der moderate Republikaner ausgerechnet den Senatssitz des zuvor verstorbenen Ted Kennedy, Bruder des ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy und eine Legende der demokratischen Partei. Für die US-Liberalen, die Massachusetts stets als eine ihrer Festungen angesehen hatten, war das eine besonders bittere Niederlage. Umso eifriger wird Warren nun unterstützt: Ihre Kampagne hat bereits über 24 Millionen US-Dollar an Spenden eingenommen, fast 8 Millionen mehr als die von Brown. Allerdings musste sich Warren zuletzt vor allem um Schadensbegrenzung kümmern: Sie hatte zugegeben, bei Bewerbungen an der Harvard-Universität auf ihre indianische Herkunft verwiesen zu haben - in den USA bringt das in solchen Fällen Vorteile. Allerdings hat sie für ihre Behauptung bis heute keine Beweise geliefert.

Montana: Tester vs. Rehberg

Wer ist der bessere Viehwirt? Diese Frage scheint zwischen dem demokratischen Senator Jon Tester und seinem republikanischen Herausforderer Denny Rehberg fast wichtiger zu sein als politische Probleme. Beide Männer rühmen sich ihrer Wurzeln in der Rancher-Tradition Montanas, doch was sie mit ihrem Landbesitz machen, unterscheidet sich stark genug, um zum Wahlkampfthema zu werden. "Häuser und Farmanwesen darauf zu bauen, hat nichts mit Viehhaltung zu tun", sagt Tester, der gerne mal Montana-Steaks in den Senat mitbringt und besonders stolz ist auf seinen "10-Dollar-Haarschnitt". Rehberg hält das für populistische Zeitverschwendung und frotzelt zurück: "Ich glaube nicht, dass die Menschen in Montana wollen, dass ich nur auf meiner Ranch rumhänge, die Kühe tränke und so ein Zeug." Viel lieber würde Rehberg über Politik reden, zum Beispiel Testers Unterstützung für Obamas Gesundheitsreform, die im konservativen Montana wenige Fans hat. Tester erinnert dann gerne an seinen Widerstand zur Rettung der Wall Street und der Autoindustrie. Außerdem unterstützt er den Bau der "Keystone" Pipeline, mit der Öl aus Kanada in die USA gebracht werden soll. Obama hat den Bau wegen Umweltbedenken bislang ausgesetzt.

Nevada: Heller vs. Berkley

Es war nicht gerade ein leichtes Erbe, das Dean Heller 2011 antrat. Nachdem Nevadas republikanischem Senator John Ensign eine Affäre nachgewiesen wurde, übernahm Heller auf Wunsch seiner Partei dessen Posten. Nun will er sich im Herbst von den Wählern Nevadas im Amt bestätigen lassen. Doch seine Herausforderin, die Demokratin Shelley Berkley, liefert ihm einen hartnäckigen Kampf, Heller kann sich in den Umfragen einfach nicht absetzen. Dabei sieht sich Berkley zurzeit einer Kongressuntersuchung wegen des Verdachts auf Bestechung gegenüber. Sie soll in den 90er Jahren in Las Vegas mehrere Lokalpolitiker für Baugenehmigungen geschmiert haben.

North Dakota: Berg vs. Heitkamp

Lange wurde das ländliche North Dakota vom Polit-Zirkus ignoriert. Mitt Romney wird hier im November locker gewinnen, und auch die Kongresswahlen bargen bisher kaum Überraschungspotenzial. Doch dann kam die Demokratin Heidi Heitkamp, und plötzlich lagen sie und der Republikaner Rick Berg im Kampf um den offenen Senatssitz des Bundesstaates ganz dicht beieinander. Berg ist einer von mehreren Tea-Party-Politikern, die 2010 das Abgeordnetenhaus eroberten. Nun will er in den Senat wechseln, doch Heitkamp hält dagegen. Das republikanische Establishment wird bereits unruhig, mächtige Polit-Organisationen gaben zuletzt deutlich mehr Geld für negative Werbung gegen Heitkamp aus. Die geht mit eigenen Spots über "Bergs Schmutzkampagne" zum Gegenangriff über. Dabei unterscheiden sich die beiden Kandidaten politisch nur marginal: Beide kritisieren Obamas Gesundheitsreform, seine ablehnende Haltung zur "Keystone"-Ölpipeline und die steigende Energiekosten. Allerdings geht es North Dakota mit drei Prozent Arbeitslosigkeit deutlich besser als den meisten anderen Staaten der USA.

Virginia: Allen vs. Kaine

Ein Ex-Senator, der seinen Job zurückhaben will und ein Ex-Gouverneur, der das verhindern will: Im Duell zwischen Demokrat Tim Kaine und Republikaner George Allen treffen zwei der bekanntesten Politiker Virginias aufeinander. Allen verlor 2006 seinen Senatssitz an Jim Webb, der jedoch schon nach einer Amtszeit wieder aufhört. Kaine will nun seinem Parteifreund nachfolgen, und bezichtigt Allen, eine Schmutzkampagne zu fahren. Seit November 2011 habe dieser nämlich bereits "6000 negative Werbespots" gegen ihn geschaltet. Völlig überraschend dürfte der harte Körpereinsatz von Allen jedoch nicht sein, schließlich trainierte dessen Vater viele Jahre lang Teams in der Football-Liga NFL. Geschadet hat es ihm nicht, beide Kandidaten liegen seit Monaten in den Umfragen dicht beieinander. Entscheidend könnte am Ende das Resultat der Präsidentschaftswahl sein. Denn sowohl Obamas als auch Romneys Kampagne haben Virginia fest im Blick. Die Politik der aktuellen Regierung wird damit auch das Kernthema für die Senatswahl sein. Für Kaine ist das keine große Umstellung: Er führte unter Obama eine zeitlang die demokratische Partei und half mit, deren Wahlkampforganisation zu vergrößern.

Wisconsin: Thompson vs. Baldwin

In Wisconsin haben die Republikaner die beste Chance, einen der zehn Wackelkandidaten im Senatsrennen zu erobern. Mit Tammy Baldwin tritt eine bisher eher unerfahrene demokratische US-Abgeordnete zur Wahl an. Ihr Gegner Tommy Thompson war hingegen bereits 14 Jahre lang Gouverneur des "Badger State", wie sich Wisconsin auch nennt. Allerdings steht das Duell unter dem Eindruck einer ganz anderen Abstimmung. Im Sommer musste sich der amtierende Gouverneur Scott Walker nach massiven Protesten einer Sonderwahl stellen. Auf seinen harten Kurs gegen Gewerkschaften und massive Einschnitte bei Sozialausgaben folgten Massenproteste und ein Bürgerbegehren für seine Abwahl. Walker siegte in der Abstimmung jedoch deutlich und gilt seitdem als Vorzeige-Republikaner im doppelten Sinne: Seine Partei erklärt ihn zum Helden, die Demokraten zum politischen Schreckgespenst. So war es auch Walker, der den Ton der Senatskampagne auf den Punkt brachte: "Wähler in Wisconsin haben die klare Wahl zwischen einer extrem Liberalen und einem erfahrenen Reformer." Und Baldwin stimmte sogar zu - auf ihre Art. Thompson unterstütze die "politischen Lösungen der Vergangenheit, die unsere Wirtschaft in den Ruin trieben", sagte sie.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen