US-Wahl

Obama-Regierung unterweist Kritiker Geheimdienstinfos für Romney

Ab kommender Woche wird Präsidentschaftskandidat Romney Einblick in Geheimdienstinformationen der US-Regierung bekommen. Eine traditionelle Geste, die zu einem brenzligen Zeitpunkt kommt: Gerade hat Romney Obama Versagen in der Außenpolitik vorgeworfen.

Romney darf die Akten sehen.

Romney darf die Akten sehen.

(Foto: AP)

Außenpolitisch den "harten Hund" zu geben, ist Mitt Romney im bisherigen Wahlkampf nicht schwer gefallen. Vom bis zur Russland-Frage: Seine Haltung ließ Romney von der aktuellen Berichterstattung in den Medie und den Meinungen seiner Parteigenossen gestalten; über die komplexen Details globaler Vorgänge musste sich der republikanische Präsidentschaftskandidat hingegen keine Gedanken machen. Doch das ändert sich ab der nächsten Woche.

Dann nämlich werden er und sein Vize Paul Ryan in die neuesten Erkenntnisse der US-Geheimdienste eingeweiht. Mit denen stehe man "schon seit einigen Wochen in Kontakt", bestätigte Romney-Sprecherin Andrea Saul. Nun sollen die beiden Kandidaten regelmäßig von Experten mit Hintergrundinformationen versorgt werden. "Mehr sagen wir dazu aber nicht", so Saul.

Vorschnelle Kritik nach Anschlag

Die Schlapphut-Briefings für Obamas Herausforderer kommen zu einem heiklen Augenblick im Kampf um das Weiße Haus. Denn ausgerechnet die ist gerade zum Streitthema Nummer eins der beiden Kandidaten geworden - und bisher hatte Obama einen Informationsvorsprung.

Nach den Angriffen auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi und die Botschaft in Kairo hatte Romney den Präsidenten vorschnell scharf kritisiert. "Es ist eine Schande, dass die erste Reaktion der Obama-Regierung nicht war, die Attacken auf unsere diplomatischen Vertretungen zu verurteilen", so Romney bereits am Dienstag, "sondern Mitgefühl mit denjenigen zu haben, die diese Attacken wagten."

Die Regierung wies die Vorwürfe ungewöhnlich heftig zurück. Obama bezeichnete Romney in einem eilig organisierten TV-Interview als Politiker, der "erst schießt, dann zielt". Und selbst führende Republikaner werteten seine Auslassungen als Bruch mit dem ungeschriebenen Wahlkampfgesetz, wonach die Opposition dem Präsidenten in einer Krise nicht in den Rücken fällt. verstehe Romney von Außenpolitik, so ein anonymer Top-Konservativer.

Tradition der offenen Karten

Nun wird Romney mindestens bis zur Wahl im November Zugang zu Erkenntnissen der vielen US-Nachrichtendiensten bekommen. Möglich, dass sich dadurch einige seiner Ansichten über wichtige Wahlkthemen ändern. Bisher hat der Ex-Gouverneur stets einen sehr aggressiven Kurs propagiert, und zum Beispiel im Fall Iran für Militärschläge plädiert. Ob sich diese Meinung im Angesicht aktueller Geheimdienstinformationen aufrechterhalten lassen, bleibt abzuwarten.

Die Tradition, Präsidentschaftskandidaten mit Geheimdienstmaterial zu versorgen, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt. Grund war auch die holprige Amtsübernahme von Harry Truman, der als Vizepräsident von Franklin Roosevelt fast komplett von den Regierungsgeschäften abgeschnitten war – und zum Beispiel erst nach Roosevelts Tod überhaupt von der gerade erst entwickelten Atombombe erfuhr.

Quelle: ntv.de

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