US-Wahl

Romney macht sich angreifbar "Er weiß einen Scheiß über Außenpolitik"

Romney witterte eine Chance - und schadet sich selbst. Mit seiner Obama-Kritik nach den Angriffen auf die Botschaft macht er die Außenpolitik zum Wahlkampfthema. Genau die aber ist seine Schwäche. Doch auch Obama muss aufpassen.

Außenpolitisch neigt Romney weniger zur Diplomatie als zum Krawall.

Außenpolitisch neigt Romney weniger zur Diplomatie als zum Krawall.

(Foto: dpa)

Bislang wurde im US-Wahlkampf vor allem über innenpolitische Themen wie die hohe Arbeitslosigkeit im Land gestritten. Die schockierende Nachricht vom Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi mit vier getöteten US-Bürgern rückt nun jedoch die Außenpolitik in den Vordergrund. Von dem erschütternden Ereignis profitieren wollte offenbar der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney. Doch seine harsche Kritik an der Reaktion von Präsident Barack Obama bringt ihm nicht nur bei Demokraten, sondern auch im eigenen Lager den Vorwurf ein, die Krise zu instrumentalisieren.

Bereits am Dienstag kritisierte Romney scharf den Umgang von Obamas Regierung mit den Reaktionen der islamischen Welt auf den in den USA produzierten antiislamischen Film "Unschuld der Muslime". Am Mittwoch verurteilte Obamas Regierung die Erstürmung der US-Botschaft in Kairo und des Konsulats in Bengasi, doch auch das war Romney nicht genug. Die Regierung stehe weiter zu einer Erklärung, "die mit denen Mitgefühl zeigt, die in unsere Botschaft in Ägypten eingebrochen sind, statt ihre Taten zu verurteilen", ätzte Romney. "Es ist nie zu früh für eine US-Regierung, Taten gegen Amerikaner zu verdammen und unsere Werte zu verteidigen", legte der Republikaner nach.

Obama warf seinem Herausforderer daraufhin im Fernsehsender CBS eine Taktik nach dem Motto "erst schießen, dann zielen" vor. Doch nicht nur der US-Präsident empfindet Romneys scharfe Töne als unangebracht. Auch in den eigenen Reihen sorgt der Mangel an Zurückhaltung und Solidarität mit der Regierung in einem schwierigen Augenblick für Befremden. Auch wenn es keine acht Wochen bis zur US-Präsidentschaftswahl mehr sind, sollten die schlechten Nachrichten nicht als Wahlkampfthema ausgeschlachtet werden, meinen Kritiker.

Regelrecht schockiert von Romneys Äußerungen ist der ranghohe US-Diplomat Nicholas Burns, der unter Obamas republikanischem Vorgänger George W. Bush zur Nummer drei im State Department aufgestiegen war. "Ich war offen gesagt sehr enttäuscht und bestürzt, dass Gouverneur Romney die Politik in diese sehr schwierige Lage hineinzieht, in der unsere Botschaften angegriffen werden, ... in der wir versuchen, das Leben unserer Diplomaten zu schützen", sagte Burns auf MSNBC. Noch unverblümter äußerte sich ein Ex-Diplomat gegenüber der Nachrichtenagentur AFP über Romney: "Er ist ein Geschäftsmann, er weiß einen Scheißdreck über Außenpolitik".

"Nicht viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit"

Romneys diplomatisches Geschick wurde ohnehin schon in Zweifel gezogen, nachdem er Russland als Haupt-Feind der USA bezeichnet und bei einer Reise nach Großbritannien, Polen und Israel in zahlreiche Fettnäpfchen getreten war. Der Republikaner müsse nun "feinfühlig" agieren, warnte auch der konservative Kommentator Erick Erickson via Twitter. Brian Katulis, Nahost-Experte von der Denkfabrik National Security Network, kommentierte, Romneys Verhalten bringe ihm nicht "viel Vertrauen und Glaubwürdigkeit hinsichtlich seiner Fähigkeit, als Oberbefehlshaber zu dienen".

Der demokratische Senator Frank Lautenberg machte deutlich, dass Romney gegen das ungeschriebene Gesetz verstieß, wonach bei außenpolitischen Krisen alle dem US-Präsidenten den Rücken stärken. Die Kritik von Obamas Herausforderer "untergräbt unsere Einigkeit im Angesicht der Bedrohung für Amerikaner in aller Welt", erklärte Lautenberg.

Doch auch Obama muss nach Einschätzung von Beobachtern aufpassen, dass ihm die jüngsten Ereignisse nicht an der Wahlurne schaden. Sie könnten "das Argument seiner guten außenpolitischen Bilanz unterlaufen", sagt der Geschichtsprofessor Julian Zelizer von der Universität Princeton. Schließlich ereigneten sich die gewaltsamen Angriffe auf US-Diplomaten ausgerechnet da, wo Washington den Sturz langjähriger Autokraten unterstützt hatte. Noch gefährdeter sieht Zelizer aber Romney. Dieser müsse "extrem vorsichtig sein und nichts tun, was den Anschein erweckt, dass er keine Ahnung hat, was vor sich geht".

Quelle: ntv.de, AFP

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