US-Wahl

Republikaner vor dem "Super Tuesday" Kandidaten im Glaubenskrieg

"Michigan glaubt": Grundwerte wie Religion und Patriotismus spielen im Vorwahlkampf eine besondere Rolle.

"Michigan glaubt": Grundwerte wie Religion und Patriotismus spielen im Vorwahlkampf eine besondere Rolle.

(Foto: REUTERS)

Sie beschimpfen sich als "Heuchler" oder "Serien-Fremdgeher". Immer greller wird der Ton zwischen den republikanischen Kandidaten im US-Vorwahlkampf. Rezepte, die Amerika aus der Krise führen oder das iranische Atomprogramm stoppen könnten, spielen kaum noch eine Rolle. Vor dem "Super Tuesday" dreht sich alles um Tiefschläge und Ideologie.

Schon am Dienstag könnte es im US-Vorwahlkampf der Republikaner zu einem Vorentscheid kommen. Beim "Super Tuesday" wird in zehn Bundesstaaten abgestimmt - wer sich hier durchsetzt, kommt der Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten ganz nah. Um politische Rezepte geht es kurz vor diesem entscheidenden Tag kaum noch. Persönliche Tiefschläge und ideologiegetränkte Grundsatzdebatten bestimmen die Kandidatenkür.

Einen echten "Frontrunner", einen Favoriten, der die Herzen der Partei erwärmt, konnte die Partei bisher nicht finden. Das Rennen zwischen dem gemäßigten "Wirtschaftsmann" Mitt Romney und dem konservativen und tiefreligiösen Rick Santorum ist zum Kampf um die Seele der Partei geworden. Längst geht es in dem Duell nicht mehr vorrangig um politische Rezepte, wie Amerika den Weg aus der Krise findet, wie die Schulden abgebaut oder wie der Iran in Schach gehalten werden könnte. Immer mehr werden konkrete Sachfragen in den Hintergrund gedrängt, in der aufgeheizten Debatte geht es um etwas ganz Anderes - um die vielbeschworenen "values", die Werte der Partei, die grundsätzliche Ausrichtung der "Grand Old Party". Und "values" bedeuten in den USA vor allem eins: Religion.

Tief gespalten sind die republikanischen Vorwähler. Nach landesweiten Umfragen liefern sich  und  ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der ehemalige Parlamentspräsident und der radikalliberale Kongressabgeordnete sind dagegen weit - nur ein Wunder könnte sie ins Spiel bringen.

Eine Partei mit zwei Seelen

Das Duell signalisiert ein grundsätzliches Dilemma der Republikaner: Zwei Seelen beherrschen die Partei. "Ein Drittel bis zu 50 Prozent der aktiven republikanischen Vorwähler gehören zu den Evangelikalen", meint die Politikwissenschaftlerin Iva Deutchman.

Der Super-Dienstag

Am 6. März finden Vorwahlen statt in

Alaska (Caucus)
Georgia (Primary)
Idaho (Caucus)
Massachusetts (Primary)
North Dakota (Caucus)
Ohio (Primary)
Oklahoma (Primary)
Tennessee (Primary)
Vermont (Primary)
Virginia (Primary)

Es handele sich um stark religiös ausgerichtete "Sozialkonservative", denen "Werte-Themen" wie Abtreibung und Verhütung wichtiger seien als Wirtschaftsaufschwung und Schuldenabbau. "Diese Gruppe ist in den vergangen Jahrzehnten hochpolitisiert worden", so Deutchman. Den "Sozialkonservativen" stünden die Gruppen der Wirtschaftsliberalen und der Neo-Konservativen gegenüber.

Santorum, der zunächst als krasser Außenseiter angetreten war, hat seinen Aufstieg vor allem einer Tatsache zu verdanken: Viele Republikaner erkennen den Ex-Gouverneur und "Wirtschaftsmann" Romney, der als Unternehmensberater in der freien Wirtschaft ein Vermögen verdient hat, nicht als "echten Konservativen" an. Noch in der ersten Phase des Vorwahlkampfes standen Themen wie Wirtschaft und Finanzen eindeutig im Vordergrund - Romney suchte sich als erfahrener Retter zu präsentieren.

Doch dann hat es der Katholik Santorum geschickt verstanden, das Thema Religion in den Wahlkampf einzuführen. "Ich glaube nicht an ein Amerika, in dem die Trennung zwischen Kirche und Staat absolut ist", ereiferte er sich kürzlich. Das Thema Religion gilt für Romney auch aus einem weiteren Grund als eine weiche Flanke - er ist Mormone. Und vielen Evangelikalen sind Mormonen zutiefst suspekt.

Grundsatzdebatte könnte Obama nutzen

Unter besonnenen Republikanern geht schon eine Furcht um: Der Grundwertedebatte, zu der konservative Dauerbrenner wie Abtreibung und Verhütung gehören, das Nein Santorums zur Homoehe und eben die Betonung des Themas Religion könnten sich später als Bumerang erweisen. Denn Wahlen werden in den USA letztlich bei den Wechselwählern gewonnen. "Einige Republikaner finden zwar viel Zuspruch bei der eigenen Basis, doch bei der Präsidentenwahl könnte dies zum Nachteil werden", urteilt Politikwissenschaftlerin Deutchman. Das könnte nur dem Mann im Weißen Haus nutzen, dem Demokraten Barack Obama.

Auch eine zweite Sorge macht der harsche Wahlkampf gemäßigten Republikanern: die vielen Tiefschläge und Angriffe auf Parteikollegen. Ein Spot für Romney zeigt einen Mann im Anzug in trübem Gewässer ertrinken. "Amerika versinkt in Schulden, dennoch unterstützte Rick Santorum Milliarden für Staatsprogramme", erklärt ein Sprecher.

In einem anderen Spot für den Multimillionär geht es um Gingrich: "Haben wir nicht schon genug Fehler gehabt?", werden die Wähler gefragt. Eine Werbung für den Abgeordneten Ron Paul nennt Gingrich gar einen "Serien-Heuchler", und lässt zumindest erahnen, dass in Anspielung auf dessen Frauenaffären auch "Serien-Fremdgeher" gemeint sein könnte.

Die "Schlechtmacherei" explodiert

Studien belegen, dass die "Schlechtmacherei" geradezu explodiert ist. Vor vier Jahren richteten sich gerade einmal sechs Prozent der Werbung im republikanischen Vorwahlkampf gegen Kontrahenten aus der eigenen Partei. Diesmal sind es weit mehr als die Hälfte. Millionen flossen in den vergangenen zwei Monaten schon in Negativ-Spots.

Fachleute warnen, dass sich die Partei damit nur selbst demontiert. "Obamas Berater sehen mit Entzücken, wie sich die Republikaner gegenseitig schlecht machen", kommentiert die "Washington Post". Wenn die Wähler weiter mit ungehemmter Kritik an den Kandidaten bombardiert würden, "wird keiner mehr übrig sein, der gegen Barack Obama stimmen will", befürchtet selbst Rick Tyler, Chef einer politischen Gruppe, die Anzeigen im Wert von Millionen für den Ex-Parlamentspräsidenten Newt Gingrich schaltet.

Ob der harsche Wahlkampf mit dem Super Tuesday ein Ende hat, ist obendrein fraglich. Santorum und Gingrich haben öffentlich geschworen, nicht das Handtuch zu werfen. Notfalls würden sie bis zum Parteitag der Republikaner Ende August durchhalten - erst dann wird offiziell der Obama-Herausforderer gekürt.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa

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