Republikaner brüskiert Palästinenser Romney: Jerusalem ist "Hauptstadt"
30.07.2012, 11:14 Uhr
Mitt Romney macht im Wahlkampf Israel seine Aufwartung.
(Foto: REUTERS)
Die Jerusalem-Frage dürfte eine der heikelsten außenpolitischen Gebiete sein. Schnell können Staatsmänner hier unnötig Porzellan zerschlagen. Republikaner Romney macht es vor: Bei seinem Israel-Besuch bezeichnete er - wohl in der Hoffnung auf jüdische Stimmen in den USA - die Metropole als "Israels Hauptstadt". Von Palästinenservertretern hagelt es Kritik.
US-Präsidentschaftsanwärter Mitt Romney hat bei seinem Besuch in Israel für Irritationen bei Palästinenservertretern gesorgt. So bezeichnete der Republikaner in einer Rede vor der Jerusalem-Stiftung Jerusalem als "Israels Hauptstadt". Damit wendet er sich klar gegen die außenpolitische Linie der USA, die Jerusalem offiziell nicht als Hauptstadt anerkennen. Ebenso wie die meisten anderen Staaten haben die USA ihre Botschaft in Tel Aviv.
Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat bezeichnete Romneys Worte als "inakzeptabel". Mit der Erklärung zum Status Jerusalems schade Romney "den US-Interessen in der Region" und den Bemühungen um Frieden, Sicherheit und Stabilität, fügte Erakat hinzu. Mit seinen Erklärungen unterstütze der Präsidentschaftsbewerber die israelische Besatzung des Ostteils der Stadt und die Siedlungspolitik.
Als der aktuelle US-Präsident Barack Obama sich 2008 in Israel aufhielt, hatte er ebenfalls von Jerusalem als Hauptstadt gesprochen, allerdings für die Zukunft. Obama verknüpfte die Aussage, Jerusalem werde die Hauptstadt Israels sein, mit einem Hinweis darauf, dass zunächst eine abschließende Einigung zwischen Israel und den Palästinensern über die umstrittenen Gebiete gefunden werden müsse. Der Ostteil Jerusalems wurde von Israel 1967 erobert. Seither siedelten sich dort mehr als 200.000 jüdische Siedler an. Die Palästinenser wollen im Ostteil Jerusalems die Hauptstadt ihres eigenen Staates einrichten.
Romney sichert Unterstützung zu
Während seines Aufenthalts in Israel betonte Romney zudem das Selbstverteidigungsrecht des Landes gegenüber einer Atommacht Iran. "Israel muss sich selbst verteidigen und es ist richtig für uns, euch zur Seite zu stehen", sagte Romney. Der Mormone Romney will sich mit der Israel-Reise nach Einschätzung von Experten die Unterstützung jüdischer Wähler in den USA sichern. Aus Romneys Umfeld hieß es, der Republikaner würde einen präventiven Militärschlag Israels gegen den Iran "respektieren".
"Israel hat es mit einem Feind zu tun, der Verbrechen der Vergangenheit leugnet und neue Verbrechen begehen will", sagte Romney mit Blick auf den Iran. "Nur Menschen, die naiv sind - oder schlimmer - würden die Realität hinter der anti-israelischen Rhetorik leugnen."
Israels Sicherheit habe für die USA höchste Priorität, betonte Romney mehrmals. Teheran daran zu hindern, die Atombombe zu bauen müsse "unser wichtigstes nationales Sicherheitsziel" sein, forderte der Präsidentschaftskandidat. "Wir dürfen uns nicht vormachen, dass Zurückhaltung eine Option ist", sagte er. "Wir werden nicht wegschauen." Man müsse mit allen Mitteln versuchen, Teheran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten. Dabei sollte "keine Option ausgeschlossen werden", sagte Romney.
Peres pflichtet Romney bei
Er betonte das tiefe Bündnis zwischen den USA und Israel. "Ein freies und starkes Amerika wird immer an der Seite eines freien und starken Israels stehen", sagte der republikanische Herausforderer von Obama.
Auch bei Gesprächen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Schimon Peres hatte Romney betont, Atomwaffen in den Händen Teherans wären eine "inakzeptable Bedrohung" für Israel und die ganze Welt. Netanjahu sagte zu der Einschätzung Romneys, "die größte Gefahr für die Welt" sei ein atomar aufgerüstetes Ajatollah-Regime: "Mitt, da kann ich nur voll und ganz zustimmen!"
Romney werde Israel unterstützen, sollte es gegen den Iran vorgehen, hatte dessen Sicherheitsberater Dan Senor nach Angaben des israelischen Rundfunks kurz vor den Gesprächen in Israel gesagt. "Wenn Israel allein aktiv werden muss, um den Iran daran zu hindern, diese Fähigkeit zu entwickeln, würde der Gouverneur diese Entscheidung respektieren", sagte er den Angaben zufolge.
Nächstes Ziel ist Polen
Auch US-Präsident Barack Obama hatte betont, eine iranische Atombombe sei nicht hinnehmbar und alle Optionen müssten auf dem Tisch bleiben. Sein Verhältnis zu Israel gilt jedoch als kompliziert, zumal er das Land seit seinem Amtsantritt noch nicht besucht hat. Jedoch wird US-Verteidigungsminister Leon Panetta zu einem Besuch in Jerusalem erwartet.
Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete denn auch von einer sehr engen Zusammenarbeit Israels mit der gegenwärtigen US-Regierung. Obamas Sicherheitsberater Tom Donilon habe Netanjahu vor zwei Wochen US-Pläne für einen möglichen Angriff im Iran unterbreitet. Donilon habe erklärt, die USA bereiteten sich ernsthaft auf ein mögliches Scheitern der Verhandlungen mit Teheran und eine dann notwendige Militäraktion vor, berichtete das Blatt auf einen namentlich nicht genannten ranghohen US-Regierungsvertreter.
Mit seiner einwöchigen Auslandsreise will sich der republikanische Herausforderer Barack Obamas international profilieren. Zum Auftakt seiner Europa-Reise hatte Romney jedoch in London an den britischen Fähigkeiten zur Ausrichtung der Olympischen Spiele gezweifelt und damit für einen Eklat gesorgt.
Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa