US-Wahl

"Nicht elegant formuliert" Romneys verzweifelte Rechtfertigung

Ein von einem linksliberalen Magazin veröffentlichtes Video zeigt, dass Mitt Romney 47 Prozent der US-Amerikaner für Schnorrer hält. Rasch versucht der Republikaner eine Rechtfertigung. Er sei "sicher, dass ich das klarer ausdrücken kann" als in dem Video. Selbst Parteifreunde sind zunehmend unzufrieden mit ihrem Kandidaten.

Wenn Wahlkämpfer die Maske fallen lassen, haben sie mitunter ein Problem. US-Präsident Barack Obama hat das 2008 erfahren, als er bei einer Spendensammel-Aktion sagte, Kleinstädter aus Pennsylvania hielten sich "an Waffen fest oder an der Religion oder an der Ablehnung von Leuten, die nicht so sind wie sie".

Obama wollte damals eine Gruppe von Wählern beschreiben, die höchstwahrscheinlich nicht für ihn stimmen würden. Das Gleiche hat im aktuellen Wahlkampf sein republikanischer Herausforderer versucht - und muss sich nun dafür rechtfertigen, dass er seiner Verachtung von 47 Prozent der US-Amerikaner Ausdruck verliehen hat.

Obamas Wähler beschrieb Romney mit folgenden Worten: Dies seien Wähler, "die von der Regierung abhängig sind, die glauben, dass sie Opfer sind, die glauben, dass die Regierung die Verantwortung hat, sich um sie zu kümmern, die glauben, dass sie ein Recht auf medizinische Versorgung haben, auf Nahrung, auf Wohnraum, auf was auch immer".

"Ich spreche aus dem Stand"

(Foto: dpa)

Auch Romneys Publikum bestand aus Teilnehmern einer Spenden-Veranstaltung. 50.000 Dollar soll der Eintrittspreis betragen haben. Pech für Romney: Ein Video mit seinen Sätzen wurde an die linksliberale Zeitschrift "Mother Jones" geleakt.

Romneys Versuche der Rechtfertigung klingen fast schon verzweifelt: "Es ist nicht elegant formuliert, lassen Sie es mich so sagen", sagte er in einer hastig zusammengetrommelten Pressekonferenz im kalifornischen Costa Mesa, kurz vor einem weiteren Treffen mit potenziellen Spendern. "Ich spreche (in dem Video) aus dem Stand, als Reaktion auf eine Frage, und ich bin sicher, dass ich das klarer und auf effektivere Weise ausdrücken kann als in einer Umgebung wie dieser."

An der Kernaussage hielt Romney fest. "Es ist eine Botschaft, zu der ich stehe und zu der ich weiterhin stehen werde - und die ist, sehen Sie, der Ansatz des Präsidenten ist attraktiv für Menschen, die keine Steuern zahlen, denn offen gestanden, meine Diskussion darüber, die Steuern zu senken, ist nicht so attraktiv für sie, und deshalb ist es nicht wahrscheinlich, dass ich sie so wirksam auf meine Seite ziehen kann wie die, die in der Mitte sind."

Die zwei Visionen

Bereits im Februar hatte Romney mit dem Satz für Aufsehen gesorgt, er sorge sich nicht um die sehr Armen. Auf ihrem Nominierungsparteitag versuchten die Republikaner dann, Obama als staatsfixiert darzustellen. So hatte der republikanische Vize-Kandidat Paul Ryan dem Präsidenten vorgeworfen, die Freiheit der US-Amerikaner einzuschränken. Obama nahm die Herausforderung an: Bei seiner Rede auf dem Parteitag der Demokraten sagte er, die USA stünden vor "zwei fundamental unterschiedlichen Visionen der Zukunft".

Auch Romney versuchte, die Aufmerksamkeit von seinen umstrittenen Äußerungen weg hin zu dem ideologischen Graben zu lenken, der Republikaner und Demokraten trennt. "Der Präsident glaubt an das, was ich eine auf die regierungszentrierte Gesellschaft genannt habe", sagte er bei der improvisierten Pressekonferenz in Kalifornien, "wo die Regierung eine immer größere Rolle spielt und immer mehr Bedürfnisse der Menschen befriedigt. Und ich selbst glaube stattdessen an freies Unternehmertum, eine freie, individuelle Gesellschaft, wo die Menschen, die ihre Träume verfolgen, sich gegenseitig einstellen können, Unternehmen aufbauen, die stärkste Wirtschaft der Welt aufbauen."

"Es tut ihm nicht leid!"

Wenig überraschend reagierten liberale Medien mit scharfer Kritik an Romney. Wer auf der Homepage der "Huffington Post" landete, wurde von einem "Es tut ihm nicht leid!" förmlich angeschrien.

In ihrem Artikel dazu listet die Internetzeitung weitere auf Video gebannte Ausrutscher Romneys auf. So habe Romney über die USA im Vergleich zu China gesagt: "95 Prozent deines Lebens ist längst eingerichtet, wenn du in diesem Land zur Welt kommst." In einem anderen Video witzelt Romney, er hätte weitaus bessere Chancen, Präsident zu werden, wenn sein Vater mexikanischer Abstammung gewesen wäre.

Auch Unterstützer unzufrieden

Berichten zufolge sind auch Romneys Parteifreunde zunehmend unzufrieden mit ihrem Kandidaten. Laut "Washington Post" gibt es unter seinen Beratern, Geldgebern und Unterstützern Unruhe über eine "Serie strategischer Fehler".

So sei auf Wahlwerbung der Demokraten, die Romney als herzlosen Technokraten gezeichnet habe, nicht aggressiv genug reagiert worden. Auch seine Auslandsreise im Juli sei ein Fiasko gewesen. Schließlich werde der Parteitag der Republikaner als gescheitert angesehen: In Erinnerung blieb demnach nicht die politische Vision des Präsidentschaftskandidaten. Sondern der seltsame Auftritt von Clint Eastwood mit einem leeren Stuhl.

Quelle: ntv.de

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