US-Wahl

Die Kolumne zur US-Wahl Wählern sind "Conventions" egal

Die Parteitage sind ein Spektakel. Entschieden wird der Wahlausgang aber woanders.

Die Parteitage sind ein Spektakel. Entschieden wird der Wahlausgang aber woanders.

(Foto: REUTERS)

Um die Parteitage vor der heißen Phase des US-Wahlkampfes wird viel Turbel gemacht. Sie motivieren die Freiwilligen und spülen Geld in die Kassen. Für den Wahlausgang aber sind sie nicht entscheidend. Denn der entscheidende Kampf findet anderswo statt: Um zu gewinnen, müssen die Kandidaten die Swing States gewinnen.

Mitt Romney hatte seinen großen Auftritt beim Parteitag der Republikaner letzte Woche und nun war auch Präsident Barack Obama bei den Demokraten an der Reihe. Doch inmitten des grellen Scheinwerferlichts, der Menschenmassen und den vielen Luftballons kann man eine Kleinigkeit relativ leicht übersehen: Dem Großteil der Wähler ist das Theater egal.

Jonathan Mann moderiert bei CNN die wöchentliche Sendung "Political Mann". Seinen Kommentar zur US-Wahl sehen Sie immer sonntags um 22.30 Uhr auf CNN International.

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"Die Parteitage gibt es seit etwa 180 Jahren. Die meiste Zeit davon galten sie nicht als ein Instrument, das die öffentliche Meinung verändern konnte - dafür waren die Conventions schließlich auch nicht gedacht", sagte Keating Holland, der Umfragen-Chef für CNN. "Ein paar Jahrzehnte lang ist es den Politikern dann zwar gelungen, aber für das 21. Jahrhundert liegen dafür bislang keine Beweise vor."

Einst trugen die sogenannten "Conventions" dazu bei, die Kandidaten für das Amt des Präsidenten auszuwählen, doch inzwischen geschieht dies bereits Monate zuvor bei den Vorwahlen in den einzelnen Bundesstaaten. Heute sind die Parteitage nur noch eine aufwendige und durchorganisierte Show für die Fernsehzuschauer des Landes - eine ideale Bühne für wichtige Figuren der Partei und große Versprechen für die Zeit nach der Wahl.

Romney und Obama gleichauf

Laut einer Schätzung könnten die Demokraten - und all die Journalisten, Lobbyisten, Geldgeber und Aktivisten, die diese Woche ebenfalls in Charlotte, North Carolina, zu Besuch sind - der Region mehr als 120 Millionen Dollar bescheren. Die Republikaner und ihr Gefolge haben bei den Parteitagen in Tampa, Florida, angeblich sogar 140 Millionen Dollar in die dortigen Kassen gespült.

Zwei Monate vor der Wahl liegen Romney und Obama im Grunde genommen in den meisten landesweiten Umfragen gleichauf. Nachdem der etwas weniger bekannte Herausforderer einem berühmten Amtsinhaber gegenübersteht, hätte Romney wohl hoffen dürfen, ein wenig vom Zusammenkommen der Republikaner letzte Woche zu profitieren, immerhin genoss er dort drei Tage lang die öffentliche Aufmerksamkeit und wurde von seinen Parteikollegen mit Lob überschüttet.

Motivieren und Geld einsammeln

Doch Romney hat nur einen Prozentpunkt gegenüber der letzten CNN-Umfrage gutmachen können. Vor dem Treffen seiner Partei lag Romneys Zustimmungsrate bei 47 Prozent, danach bei 48 Prozent. Sein Konkurrent Obama hingegen hat einen Prozentpunkt verloren und ist von 49 auf 48 Prozent gerutscht. Hollands Kommentar dazu: "Somit haben wir nun statt eines sehr knappen Kopf-an-Kopf-Rennens wirklich Gleichstand." Bis die neuen Umfragen vorliegen, weiß man nicht, ob und wie sehr Obama von der Aufregung dieser Woche profitieren kann. Experten, die sich mit den Parteitagen der vergangenen Wahljahre beschäftigt haben, erwarten allerdings keine großen Veränderungen in den Umfragen.

Dabei haben die Conventions der Parteien bis heute durchaus ihren Nutzen: Sie motivieren die vielen Freiwilligen, die den Wahlkampf unterstützen, und spülen Spendengelder in die Kassen. Doch wer sich zu sehr auf die Parteitage oder die Ergebnisse einer landesweiten Umfrage konzentriert, täuscht sich am Ende vielleicht. In Amerika werden die Präsidentschaftswahlen Staat für Staat gewonnen oder verloren - völlig unabhängig davon, wer landesweit die meisten Stimmen erhält. In der Mehrzahl der Bundesstaaten sind die Wähler traditionell mehr den Republikanern oder den Demokraten zugetan, sodass der Ausgang dort bereits jetzt als relativ sicher gilt.

Der richtige Wahlkampf konzentriert sich hingegen auf die umkämpften Staaten, die sogenannten "Swing States", wie Florida, Virginia, Ohio und einer Handvoll anderer, da die Kandidaten dort gute Chancen haben, die Wähler auf die eine oder die andere Seite zu ziehen. Lange nachdem auch die letzten Delegierten des Parteitags nach Hause zurückgekehrt sind, ihre Koffer ausgepackt und sich das Konfetti von der Kleidung geschüttelt haben, werden die beiden Kandidaten nach wie vor in den Swing States auf Stimmenfang sein und die Wähler dort mit Werbung überschwemmen. Der Wahlkampf um die Präsidentschaft geht weiter.

Quelle: ntv.de

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