Verbaler Schlagabtausch mit Karsai USA heftig verärgert über Wahl
28.08.2009, 15:39 Uhr
Kurz nach der Wahl hatten beide Favoriten den Wahlsieg für sich beansprucht - eine Graphik der Unabhängigen Wahlkommission.
(Foto: dpa)
Der Verlauf der Präsidentschaftswahlen in Afghanistan verärgert laut Medienberichten die USA. Demnach habe es Bedenken wegen mutmaßlicher Fälschungen von Wahlzetteln und anderen Manipulationen gegeben.
Die USA sind Medienberichten zufolge über den Wahlverlauf in Afghanistan heftig verärgert. Der Afghanistan-Beauftragte der US-Regierung, Richard Holbrooke, habe deshalb einen "scharfen Meinungsaustausch" mit Präsident Hamid Karsai gehabt, berichtete der US-Fernsehsender CNN unter Berufung auf einen Regierungsbeamten.
Der US-Diplomat habe nur einen Tag nach der Abstimmung große Bedenken wegen mutmaßlicher Fälschung von Wahlzetteln und anderen Manipulationen geäußert, hieß es auch laut dem britischen Rundfunksender BBC. Holbrooke habe erklärt, eine Stichwahl würde dem Wahlergebnis mehr Glaubwürdigkeit verleihen.
"Hin und Her über bestimmte Themen"
Karsai, der ebenso wie sein größter Herausforderer Abdullah Abdullah am Tag nach der Wahl den Sieg für sich beansprucht hatte, habe wütend reagiert. Der US-Beamte bestätigte CNN, dass es einen verbalen Schlagabtausch zwischen Holbrooke und Karsai gegeben habe. "Es gab ein Hin und Her über bestimme Themen. Wir leugnen das nicht." Das Treffen sei "schwierig" und "sehr hart" gewesen. Allerdings sei Holbrooke nicht aus dem Raum gestürmt. Das Essen, bei dem die Auseinandersetzung stattfand, habe aber letztlich "freundschaftlich" geendet, und es habe danach weitere Treffen beider Männer gegeben.
Bisher liegen erst wenige Teilergebnisse der Wahl vom 20. August vor, nach denen weder Karsai noch sein schärfster Herausforderer Abdullah im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit erreicht hat. Das Endergebnis wird für Mitte September erwartet. Falls es dann keinen Sieger gibt, treten die beiden Erstplatzierten zu einer Stichwahl an.
Jung optimistisch
Verteidigungsminister Franz Josef Jung sieht Afghanistan derweil trotz der geringen Wahlbeteiligung und zahlreicher Gewaltakte bei der Präsidentenwahl auf einem guten Weg. So habe die Wahlbeteiligung im Norden Afghanistans, im Verantwortungsbereich der Bundeswehr, nach seinen Informationen bei knapp 60 Prozent gelegen, sagte Jung den "Nürnberger Nachrichten". "Das wäre aus meiner Sicht durchaus als positiv zu bewerten, gerade weil sich die Sicherheitslage im Raum Kundus erheblich verschlechtert hat", sagte Jung. Zudem hätten die afghanischen Sicherheitskräfte vielerorts erfolgreich für die Absicherung der Wahlen gesorgt.
Bisher 2200 Wahlbeschwerden
In Afghanistan werden unterdessen immer mehr Beschwerden gegen den Verlauf der Präsidentenwahl vor einer Woche eingereicht. Die Behörden erhielten inzwischen mehr als 2200 Eingaben, von denen sie 270 als potenziell schwerwiegend einstufte. Sollten sich diese als richtig herausstellen, "könnte dies wesentliche Auswirkungen auf den Ausgang haben", teilte die international besetzte Prüfkommission mit. Das Wahlergebnis soll Anfang September feststehen.
Bislang sind 17 Prozent der Stimmen offiziell ausgezählt. Demnach liegt Amtsinhaber Hamid Karsai mit knapp 45 Prozent fast zehn Punkte vor seinem schärfsten Rivalen Abdullah Abdullah, der ebenfalls Wahlfälschungsvorwürfe erhoben hat. Sollte keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent erhalten, muss die Entscheidung in einer Stichwahl fallen.
Von den insgesamt 2207 Beschwerden seien 984 bislang ausgewertet worden, teilte die Kommission mit. Inhaltlich zeichnete sich eine große Bandbreite ab: So war in einigen Vorwürfen von schlechter Tinte, in anderen von Einschüchterung und Beschuldigungen von Wahlhelfern die Rede. Die Prüfstelle, die zum Teil von den Vereinten Nationen besetzt wurde, betonte, dass nach wie vor Beschwerden eingingen.
Quelle: ntv.de, dpa