Geheimtreffen in Deutschland USA sprechen mit Taliban
17.05.2011, 19:56 UhrDie USA suchen nach einer Lösung, den teuren Krieg in Afghanistan so rasch wie möglich zu beenden. Die "Washington Post" berichtet nun über Gespräche mit den Taliban - in Deutschland.
Die USA sollen nach einem Bericht der "Washington Post" in Deutschland Gespräche mit den geführt haben. Die Zeitung berichtete, im Bemühen um eine Verhandlungslösung im Afghanistan-Krieg habe Washington die Gespräche mit den radikal-islamischen Aufständischen vorangetrieben. US-Präsident Barack Obama hoffe, dass er über Fortschritte berichten könne, wenn er sich im Juli zum bevorstehenden Beginn des US-amerikanischen Truppenabzugs äußert.
US-Außenministerin Hillary Clinton wollte den Bericht zwar nicht bestätigen. Sie meinte jedoch, die USA hätten "eine weite Bandbreite von Kontakten" in Afghanistan und der Region. Zugleich fügte sie hinzu, der sollte es für die Taliban erleichtern, ihre Verbindung zu abzubrechen.
Auch die Bundesregierung wollte die Berichte weder dementieren noch bestätigen. "Die internationale Gemeinschaft bemüht sich um Fortschritte um eine politische Lösung im Afghanistan-Konflikt", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes lediglich auf die Frage, ob der Bundesregierung dieses Treffen bekannt sei und ob sich auch deutsche Diplomaten mit der Taliban getroffen hätten. "Dafür muss der innerafghanische Friedensprozess unterstützt werden und dafür müssen die Konfliktparteien an einen Tisch kommen", hieß es.
Vertrauter von Mullah Omar

Einer der Gesprächpartner soll ein Vertrauter von Mullah Omar gewesen sein.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Das Blatt hatte unter Berufung auf einen hochrangigen afghanischen Regierungsvertreter geschrieben, ein Repräsentant der US-Regierung habe sich mindestens dreimal in Katar und in Deutschland mit einem Abgesandten der Taliban getroffen. Der Gesprächspartner gelte als jemand, der Taliban-Chef Mullah Omar nahe stehe. Zu dem bislang letzten Treffen sei es erst "vor acht oder neun Tagen" gekommen, zitierte die Zeitung den nicht näher genannten afghanischen Regierungsvertreter.
Der Sprecher des US-Außenministeriums habe sich nicht zu dem konkreten Fall äußern wollen, berichtete die "Washington Post". Im vergangenen Herbst war bekanntgeworden, dass der afghanische Präsident Hamid Karsai und seine westlichen Verbündeten bei Geheimgesprächen auf einen Schwindler reingefallen waren, der sich zu Unrecht als Taliban-Anführer ausgegeben hatte.
Die "Washington Post" zitierte US-Regierungsvertreter, die "Sondierungsgespräche" seien noch vorläufiger Natur - und keine echten Verhandlungen etwa über eine Regierungsbeteiligung der Aufständischen. Bis dahin würden vermutlich noch Jahre vergehen.
Liste mit Forderungen
Dem Zeitungsbericht zufolge bestanden die Taliban auf direkte Gespräche mit US-Vertretern, für die sie eine Liste mit Forderungen übermittelt hätten. Unter anderem verlangten sie die Freilassung von bis zu 20 Insassen aus dem Sondergefängnis Guantanamo, den Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan und die Zusage, dass die Taliban eine substanzielle Rolle in der Regierung spielen würden. Zudem hätten sie vorgeschlagen, eine Repräsentanz zu eröffnen, möglicherweise in Katar. Die USA und die afghanische Regierung verlangen ihrerseits von den Taliban Gewaltverzicht und die Beachtung der afghanischen Verfassung, darunter die Achtung der Minderheiten- und Frauenrechte.
Amerikanische Regierungsvertreter sagten nach Angaben der Zeitung, dass Washington seinen Standpunkt nicht geändert habe, wonach substanzielle Verhandlungen von den Afghanen selber geführt werden müssten. Die Afghanen seien über die derzeitigen Kontakte der Amerikaner voll informiert worden, die Pakistaner nur teilweise.
. Bin Laden hatte mehrere Jahre lang unbehelligt in Pakistan leben können. Ebenfalls in Pakistan wird der Führungsrat der afghanischen Taliban - die sogenannte Quetta-Schura - unter Mullah Omar vermutet. Nach Einschätzung politischer Analysten hat die Tötung Bin Ladens die Chancen für eine politische Lösung des Afghanistan-Konflikts erhöht.
Quelle: ntv.de, dpa/rts