Politik

Taliban schneiden Wählern Finger ab Unregelmäßigkeiten bei Wahl

Zwei Tage nach der Abstimmung berichtete der Chef der Stiftung für Freie und Faire Wahlen in Afghanistan (FEFA), Nader Naderi, unter anderem über Mehrfach-Stimmabgaben, minderjährige Wähler und parteiische Mitarbeiter der Wahlkommission. In manchen Gegenden seien Wahlurnen nach Schließung der Wahllokale mit gefälschten Stimmzetteln aufgefüllt worden.

Ein Mitglied der Unabhängigen Wahlkommission kontrolliert Wählerlisten.

Ein Mitglied der Unabhängigen Wahlkommission kontrolliert Wählerlisten.

(Foto: dpa)

Elf Mitarbeiter der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) wurden getötet. Sie seien Angriffen durch "Feinden des Friedens" zum Opfer gefallen, teilte die IEC mit. Die Kommission teilte weiter mit, trotz der Einschüchterungsversuche der Taliban sei der 20. August 2009 "ein großartiger Erfolg für die Menschen in Afghanistan" gewesen. "Die Beteiligung der Menschen war am Ende erfolgreich." Die IEC hat keine Zahlen zur Wahlbeteiligung veröffentlicht, die Wahlbeobachter auf deutlich unter 50 Prozent schätzen.

"Generell effizient funktioniert"

Die Wahlbeobachter der Europäischen Union werteten den bisherigen Verlauf der Präsidentschaftswahl dennoch als "weitgehend positiv". Die Beobachtermission teilte mit, man begrüße die Abstimmung als einen "Sieg über jene, die die Afghanen davon abhalten wollten, über ihre eigene Zukunft zu entscheiden". Die Unabhängige Wahlkommission habe "generell effizient funktioniert". "Der Prozess scheint zu diesem Zeitpunkt weitgehend positiv gewesen zu sein."

Die EU ist mit rund 250 Mitarbeitern die größte internationale Beobachtergruppe. Sie wird den Auszählungs- und den Beschwerdeprozess weiter beobachten. Die FEFA stellte die größte Gruppe der Wahlbeobachter bei der Abstimmung am Donnerstag. Knapp 7400 afghanische FEFA-Mitarbeiter deckten rund 60 Prozent der Wahllokale ab. Die Wahlkommission will von Dienstag an Teilergebnisse veröffentlichen.

Wählern Finger abgeschnitten

Unterdessen wurde bekannt, dass die radikal-islamischen Taliban eine brutale Drohung gegen Wähler bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan zumindest in Einzelfällen wahrgemacht haben: Mindestens zwei Wählern sei nach der Stimmabgabe in der südafghanischen Provinz Kandahar von Aufständischen ein Finger abgeschnitten worden, berichtete die FEFA. Wählern wurde ein Finger mit nicht abwaschbarer Tinte markiert, um Mehrfach-Stimmabgaben in verschiedenen Wahllokalen zu vermeiden. Durch die lila Tinte ist Tage lang ersichtlich, wer zur Wahl gegangen ist.

Naderi sagte, Beobachter der Organisation seien Zeugen der "illegalen und brutalen Bestrafung durch die Taliban" geworden. Die Aufständischen hatten zum Wahlboykott aufgerufen und Wählern unter anderem gedroht, ihnen den markierten Finger abzuschneiden.

Steinmeier für Abzugs-Plan

Im Falle eines Wahlsieges will SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier unterdessen einen konkreten Fahrplan für den Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan aushandeln. Er werde "als Kanzler darauf drängen, dass wir mit der neuen afghanischen Regierung eine klare Perspektive für Dauer und Ende des militärischen Engagements erarbeiten", sagte der Außenminister dem "Spiegel". Ein konkretes Datum für einen Abzug nannte er aber "unverantwortlich".

Steinmeier (l) bei einem Besuch in Afghanistan im April 2009.

Steinmeier (l) bei einem Besuch in Afghanistan im April 2009.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Sollte er nach den Bundestagswahlen am 27. September Kanzler werden, will Steinmeier bei der Verlängerung des "Afghan Compact" ein Rückzugs-Szenario verhandeln. Das internationale Hilfsabkommen läuft 2010 aus. Nach dem Willen des Außenministers sollen konkretere Zielvorgaben für die schrittweise Übernahme der Verantwortung durch die afghanische Polizei und Armee festgelegt werden. "Ziel ist es, das Land so schnell wie möglich wieder in die volle Kontrolle einer demokratisch gewählten Regierung zu übergeben."

Der CDU warf Steinmeier Konzeptionslosigkeit in der Afghanistan-Frage vor. CDU-Verteidigungsminister Franz Josef Jung plädiere bloß für "zehn Jahre Weiter-so". Die CDU solle ihr Hickhack in der Abzugsdebatte beenden, sagte der Außenminister mit Blick auf die Forderung des früheren Verteidigungsministers Volker Rühe, rasch den Abzug der Bundeswehr vom Hindukusch einzuleiten.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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