Urteil zugunsten von Flüchtlingen Homosexuelle kriegen mehr Asyl-Chancen
07.11.2013, 13:42 UhrDer Europäische Gerichtshof stärkt die Rechte vieler Flüchtlinge. Schwule und lesbische Asylsuchende bekommen mit dem Urteil größere Chancen auf ein Bleiberecht – mit klaren Grenzen. In Deutschland könnte Die Zahl erfolgreicher Asylanträge steigen.
Schwule und lesbische Flüchtlinge dürfen sich nach dem Urteil etwas bessere Chancen auf ein Bleiberecht ausrechnen.
(Foto: REUTERS)
Homosexuelle Flüchtlinge haben Anspruch auf Asyl, wenn ihnen in ihrer Heimat Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung droht. Dies gilt aber nur, wenn in den jeweiligen Herkunftsländern der Flüchtlinge tatsächlich auch Haftstrafen wegen homosexueller Handlungen verhängt werden. Die entsprechende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes stärkt die Rechte von Schwulen, Lesben und Transsexuellen.
In den Ausgangsfällen hatten drei schwule Flüchtlinge aus Sierra Leone, Uganda und Senegal in den Niederlanden Asyl beantragt. Homosexualität steht in den Heimatländern der drei unter schwerer Strafe. Das höchste Gericht des Landes, der Staatsrat, hatte den EuGH um Vorabentscheidung gebeten.
Richter stärken Bedeutung der sexuellen Orientierung
Der Gerichtshof stellte nun zunächst fest, dass Homosexuelle eine "soziale Gruppe" im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention seien. Begründung: Die sexuelle Ausrichtung ist ein so bedeutsames Merkmal für die Identität eines Menschen, dass er nicht gezwungen werden sollte, auf diese zu verzichten. Zielten strafrechtliche Bestimmungen speziell auf Homosexuelle ab, müssten sie daher als eine "soziale Gruppe" angesehen werden, "die von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird".
Laut Urteil ist die Androhung von Strafen allein aber noch kein für Asyl ausreichender Eingriff in die Grundrechte von Homosexuellen. Schutz vor Verfolgung müssen ihnen die EU-Mitgliedstaaten erst dann gewähren, wenn Freiheitsstrafen in den jeweiligen Herkunftsländern auch "tatsächlich verhängt werden".
Nach Auffassung der Luxemburger Richter können Asylbehörden von einem Flüchtling überdies nicht verlangen, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder sich bei ihrem Ausleben zurückhält, um eine Verfolgung zu vermeiden. Dies würde der Bedeutung der sexuellen Orientierung für die jeweilige Identität eines Menschen widersprechen.
(Az. C-199/12 u.a.)
Quelle: ntv.de, jtw/AFP