Taliban bestreiten Abkommen Verwirrung um Waffenruhe
27.07.2009, 11:32 UhrDie afghanische Regierung hat erstmals einen Waffenstillstand mit den Taliban vereinbart, der aber schon nach kurzer Zeit gebrochen wurde. Kurz nach der Vereinbarung, wegen des Wahlkampfes in der Provinz Badghis im Nordwesten des Landes die Waffen schweigen zu lassen, seien Polizisten in einen Hinterhalt der Extremisten geraten, teilte das Innenministerium in Kabul mit. Dabei seien zwei Angreifer getötet und zwei Polizisten verletzt worden. Ein Taliban-Sprecher bestritt indes, dass es überhaupt Waffenstillstandsvereinbarungen gebe.

Der Wahlkampf am Hindukusch läuft bereits. Hier eine Kundgebung mit Anhängern des Präsidentschaftskandidaten Abdullah Abdullah.
(Foto: AP)
Die Waffenruhe für Badghis war nach Angaben des Präsidialamtes am Samstag mit Blick auf die Präsidentenwahl am 20. August vereinbart worden. Um die Sicherheitslage vor der Wahl zu verbessern, strebt die Regierung ähnliche Vereinbarungen auch in anderen Teilen des Landes an. "Solange der Waffenstillstand hält, wird die Regierung die Taliban (in Badghis) nicht angreifen. Und die Taliban können sich an der Wahl beteiligen", sagte Präsidialamtssprecher Sejamak Herawi. Die Taliban widersprachen der Darstellung des Präsidialamtes. "Der Widerstand gegen den Feind dauert unvermindert an", sagte ein Sprecher.
Der Sprecher hatte zudem mitgeteilt, die Aufständischen in der Provinz Badghis hätten sich dazu bereit erklärt, die Abstimmung nicht zu stören. Die Taliban-Kämpfer würden sich aus drei bislang von den Extremisten kontrollierten Gebieten in der Provinz zurückziehen. Die Gruppe habe zugestimmt, dass die Kandidaten der Präsidentenwahl ihren Wahlkampf veranstalten könnten und diese nicht angegriffen würden. Auch Wahlhelfer und Wahllokale würden nicht angegriffen. Zudem werde es keine Übergriffe auf Wiederaufbau-Projekte geben. Die Vereinbarung sei nach Verhandlungen mit Stammesältesten zustande gekommen und gelte zunächst unbefristet, so der Sprecher.
Keine Verbindung zu den Taliban
Beobachter in Kabul sehen die Entwicklung dagegen skeptisch. "Die Aufständischen, die dem Abkommen zugestimmt haben, stehen nicht in enger Verbindung mit der Taliban-Führung (um Mullah Omar)", erklärte der Autor und Fernsehkommentator Dad Noorani. Vielmehr handele es sich um regional verwurzelte Gruppen, die unter dem Einfluss von Stammesältesten stehen. Dennoch versuche die Regierung das Abkommen so darzustellen, als habe sie vor den Wahlen einen Friedensprozess mit den Taliban begonnen, so Noorani. In deren Hochburgen im Süden und Osten werde es ungleich schwerer, ähnliche Vereinbarungen zu treffen.
Taliban spalten
Großbritannien fordert unterdessen eine Spaltung der Aufständischen in Hardliner und Moderate. "Wir müssen mit der afghanischen Regierung zusammenarbeiten, um die knallharten Ideologen, die im Wesentlichen unversöhnlich und gewalttätig sind und unnachgiebig verfolgt werden müssen, von denen zu trennen, die wieder in die heimischen politischen Prozesse eingegliedert werden können", sagte der britische Außenminister David Miliband in Brüssel im NATO-Hauptquartier.
"Strategischer Fortschritt hängt davon ab, den Aufstand mit Politik zu untergraben", so Miliband. Notwendig seien "Reintegration und Versöhnung", fügte Miliband hinzu. Miliband sprach vor dem Hintergrund eines der blutigsten Monate seit langem in Afghanistan. Bislang ist die Zahl gefallener britischer Soldaten im Juli auf 20 angestiegen.
Anschlag auf Vize-Präsidenten-Kandidaten
Auch in anderen Landesteilen hat sich die Situation vor den Wahlen deutlich verschärft. Erst am Sonntag überlebte der Kandidat von Präsident Karsai für das Amt des Vizepräsidenten, Mohammad Kasim Fahim, nur knapp einen Anschlag in der nördlichen Provinz Kundus. Bei den Präsidentschaftswahlen stellen sich insgesamt 41 Kandidaten zur Wahl, darunter zwei Frauen. Trotz anhaltender Kritik an seiner Amtsführung geht Amtsinhaber Karsai als Favorit ins Rennen. Als aussichtsreiche Gegenkandidaten gelten der frühere Finanzminister Ashraf Ghani und Ex-Außenminister Abdullah Abdullah.
Quelle: ntv.de, dpa/rts