Unruhen in Moldawien Vorwürfe an Rumänien
08.04.2009, 13:25 UhrDer moldawische Präsident Wladimir Woronin hat dem Nachbarland Rumänien eine Verwicklung in die Proteste gegen den Wahlsieg der Kommunisten vorgeworfen. "Rumänien ist in die Ereignisse verstrickt", behauptete Woronin laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. "Die Geduld hat ihre Grenzen. Der Einfluss Rumäniens ist sehr schwerwiegend", sagte Woronin. Der rumänische Geheimdienst habe "konkret" an den Protesten mitgewirkt. Moldawiens Botschafterin in Rumänien, Lidia Gutu, wurde bereits am Dienstag zu Beratungen nach Chisinau zurückbeordert, wie in Bukarest von offizieller Seite verlautete.
Der Staatschef kündigte eine Verschärfung der Grenzkontrollen und die Wiedereinführung der Visapflicht für Rumänen an. Zudem erklärte Woronin den rumänischen Botschafter in Moldawien zur unerwünschten Person. Einige Demonstranten hatten in Chisinau rumänische Flaggen auf Staatsgebäuden gehisst. Die Regierung in Bukarest weist eine Beteiligung zurück. Moldawien gehörte bis 1940 zu Rumänien.
Staat will durchgreifen
Falls sich die Proteste vom Dienstag wiederholten, würden die moldawischen Sicherheitskräfte ihre Zurückhaltung aufgeben und Gewalt anwenden, drohte Woronin. Inzwischen versammelten sich erneut viele Regierungsgegner im Zentrum der Metropole.
Nach den Krawallen in der moldawischen Hauptstadt hat die Polizei nach eigenen Angaben knapp 200 Demonstranten festgenommen. Wegen Plünderungen und Rowdytums würden den Festgenommenen Haftstrafen drohen, teilte das moldawische Innenministerium nach Angaben der Agentur Interfax mit. Rund 200 Menschen waren verletzt worden, etwa die Hälfte davon Polizisten. Bei einem Brand im Parlament in Chisinau war eine Frau ums Leben gekommen. Die Behörden haben die Lage nach eigenen Angaben wieder unter Kontrolle.
In Chisinau hatte ein Großaufgebot der Polizei in der Nacht die Demonstranten mit Warnschüssen aus dem Zentrum vertrieben und mehrere Regierungsgebäude besetzt. Der Einsatz solle weitere Opfer verhindern und Provokationen unterbinden, sagte ein Polizeisprecher.
Kabinetts-Sondersitzung in Chisinau
Woronin kündigte eine Sondersitzung der Regierung an. Unter den Festgenommenen seien 118 "Organisatoren", sagte er. Der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte Besorgnis über die Lage in der Ex-Sowjetrepublik. Die Forderung nach einer Neuauszählung der Stimmen sei unberechtigt, sagte er in Moskau. Die Opposition in Moldawien wirft den regierenden Kommunisten Wahlfälschung vor, fordert den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen innerhalb von drei Monaten. Dabei hatten Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wahl als demokratisch mit einigen Defiziten gelobt.
Woronin-Nachfolger bis zum 8. Juni
Die Kommunistische Partei (PCRM) war aus der Wahl mit knapp 50 Prozent der Stimmen als klare Siegerin hervorgegangen. Die oppositionelle Liberale Partei landete mit knapp 13 Prozent weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz, gefolgt von den Liberal-Demokraten mit gut 12 Prozent. Das neu gewählte Parlament muss bis zum 8. Juni einen Nachfolger für Präsident Woronin bestimmen, der laut Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf. Nach der Wiederwahl seiner Partei im Jahr 2005 vollzog Woronin eine Kehrtwende vom bisherigen pro-russischen Kurs in Richtung Europäische Union, um seinem verarmten Land Wirtschaftshilfen zu sichern.
Quelle: ntv.de