Fall Steinbach Warschau bleibt verstimmt
17.02.2009, 10:21 UhrDie mögliche Berufung von Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach in den Stiftungsrat der geplanten Vertriebenen-Gedenkstätte sorgt weiter für Verstimmung in Polen. Der polnische Regierungschef Donald Tusk bekräftigte seine Ablehnung einer Berufung von Steinbach. "Es kann keine Rede davon sein, dass irgendein polnischer Politiker diese Situation akzeptiert", sagte Tusk in Warschau nach Angaben der Polnischen Presse- Agentur PAP. "In dieser Frage werden wir unsere Meinung nicht ändern."
Der Bund der Vertriebenen (BdV), dessen Präsidentin Steinbach ist, hatte Polen schon zuvor Erpressung vorgeworfen. "Das Präsidium hält ein solches Vorgehen durch ein Nachbarland für unerträglich und im deutsch-polnischen Miteinander für verantwortungslos", erklärte BdV- Generalsekretärin Michaela Hriberski. Der Deutschlandbeauftragte Polens, Wladyslaw Bartoszewski, hatte mit der Absage der für dieses Jahr geplanten deutsch-polnischen Veranstaltungen gedroht, falls Steinbach in den Stiftungsrat der geplanten Vertriebenen-Gedenkstätte einziehen sollte.
Das Präsidium des BdV hatte Anfang 2009 einstimmig Steinbach und zwei der Vizepräsidenten für den Beirat der Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" nominiert. Bereits am 12. April 2008 hatte die Bundesversammlung des BdV bei nur zwei Gegenstimmen beschlossen, dass Steinbach Mitglied des Aufsichtsgremiums sein soll. Die personelle Besetzung des Gremiums ist allerdings noch nicht beschlossen. Endgültig entscheiden muss die Bundesregierung. Dies wird voraussichtlich nicht mehr vor der Bundestagswahl geschehen.
Polens Ministerpräsident Tusk bezeichnete dies als "gutes Signal". Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mache den Eindruck, an der Verständigung mit Polen in dieser Frage und nicht an einer Verschärfung interessiert zu sein, sagte er.
Der SPD-Politiker Wolfgang Thierse kritisierte, dass der Bund der Vertriebenen an der Benennung Steinbachs für den Stiftungsbeirat festhält. Das sei ein "sehr befremdlicher Vorgang", sagte der Vizepräsident des Bundestages im Deutschlandradio Kultur. Der Bund der Vertriebenen wolle etwas festlegen, was den deutsch-polnischen Beziehungen nicht gut tue. Es sei allen bekannt - auch Kanzlerin Merkel -, dass Steinbach in Polen wie ein rotes Tuch wirke.
Das BdV-Präsidium forderte die Bundesregierung auf, die Bundesstiftung zügig zu realisieren. Insbesondere erwarte das Präsidium, dass die Regierung sich durch Polen weder daran hindern noch erpressen lasse. Der "unverhohlene Versuch seitens Polens, durch Druck auf die Bundesregierung auf personelle Entscheidungen eines deutschen Opferverbandes Einfluss zu nehmen, ist unerträglich für die Vertriebenen."
Quelle: ntv.de