Politik

Liberale scheitern an Fünf-Prozent-Hürde Warum wir diese FDP nicht vermissen werden

Rainer Brüderle setzte im Wahlkampf vor allem mit einer Masche Akzente: Er warnte vor der "rottrottgrünen Verbotsrepublik".

Rainer Brüderle setzte im Wahlkampf vor allem mit einer Masche Akzente: Er warnte vor der "rottrottgrünen Verbotsrepublik".

(Foto: REUTERS)

Das Schicksal der FDP ist besiegelt. Nachtrauern werden wir ihr nicht. Eine liberale Partei wäre eine Bereicherung für die deutsche Politik, allerdings nicht diese.

Keine Party-Stimmung: Der Auftritt des Präsidiums am Wahlabend war der traurige Höhepunkt einer traurigen Veranstaltung.

Keine Party-Stimmung: Der Auftritt des Präsidiums am Wahlabend war der traurige Höhepunkt einer traurigen Veranstaltung.

(Foto: dpa)

Liberalen stehen bittere Tage bevor: Die Abgeordneten im Bundestag und ihre Mitarbeiter müssen ihre Arbeitsplätze räumen. Das Spitzenpersonal muss sich darauf einstellen, dass bei ihm künftig keine Interviewanfragen mehr eingehen, keine Einladungen mehr zu Talkshows. Noch ist die mediale Neugier ob der Sensation, dass eine Partei, die seit der Gründung der Bundesrepublik ihre Politik mitbestimmt hat, plötzlich keine Rolle mehr spielt, groß. Doch die Neugier wird schnell der Gleichgültigkeit weichen – und die FDP in Vergessenheit geraten.

Ist das ein Verlust? Vermissen werden wir wohl bloß die unfreiwillig humoristischen Auftritte der Liberalen bei Parteitagen und Wahlveranstaltungen. Bei Twitter kursiert schon der Witz: Die "Heute Show" müsse jetzt Mitarbeiter entlassen, weil bei ihr die FDP-Berichterstattung wegfällt. In der deutschen Politik aber werden wir ihr nicht nachtrauern. Denn politisch ist die FDP längst tot.

Themendiät kostete der FDP ihre Substanz

Einst sprach man den Liberalen die größte Wirtschaftskompetenz zu. Die Partei galt in verschiedenen Koalitionen als Korrektiv – mal für die Union, mal für die Sozialdemokraten. Unter der Führung von Guido Westerwelle allerdings stutzte sie ihr Programm auf den Slogan "Mehr Netto vom Brutto" herunter. Als reine Steuersenkungspartei konnte sie 2009 noch 14,6 Prozent der Stimmen holen. Doch es zeigte sich schnell, was die FDP nicht konnte: liefern. Abgesehen von der Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers, der "Mövenpicksteuer", blieb von der Fiskalpolitik der FDP nichts in Erinnerung. Es zeigte sich deutlich, dass die FDP Angela Merkels Union nichts entgegenzusetzen hatte. Sie lief irgendwie mit, von einem Korrektiv konnte keine Rede sein. Für Wirtschaftskompetenz stand nicht die FDP, sondern die CDU. Die Themendiät, die Westerwelle seiner Partei verordnet hatte, hat sie die Substanz gekostet.

Im aktuellen Wahlkampf warf das Spitzenpersonal dann auch nur noch mit Worthülsen um sich. Die Kampagne reichte kaum über zwei Gedanken hinaus. Erstens: Wer die anderen wählt, wählt den Sozialismus und verwandelt Deutschland in eine Verbotsrepublik. Zweitens: Freiheit gibt es nur mit der FDP.

Eine Funktionspartei mit nur einer Funktion

Die Wähler nahmen das der Partei nicht ab. Als die FDP nach der verlorenen Bayernwahl dann noch auf eine Leihstimmenkampagne setzte, offenbarte sich im ganzen Ausmaß, dass sie heute nicht mehr als eine Funktionspartei mit nur einer Funktion ist: Mehrheiten für die Union zu beschaffen. Und die Wähler fragten sich zu Recht: Warum dann nicht gleich die Union wählen? Mehr als zwei Millionen Bürger, die 2009 noch ihr Kreuz bei den Liberalen setzten, machten es 2013 bei CDU und CSU.

Ist der Liberalismus damit tot? Tatsächlich lebt er schon seit Langem in den Programmen anderer Parteien. Dass eine Partei auch künftig den Liberalismus als ihr philosophisches Rüstzeug wieder offensiv erklärt und dieser Philosophie folgend Akzente in der deutschen Politik setzt, ist wünschenswert. Lange war die FDP genau aus diesem Grund eine Bereicherung. Doch die Freie Demokratische Partei dieser Tage kann das nicht.

Quelle: ntv.de

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