Politik

De Maizière muss sich Fragen stellen Was der Drohnen-Ausschuss wissen will

Für Thomas de Maizière wird es vermutlich ein unangenehmer Arbeitstag.

Für Thomas de Maizière wird es vermutlich ein unangenehmer Arbeitstag.

(Foto: dpa)

Vor dem Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss muss heute Verteidigungsminister de Maizière Rede und Antwort stehen. Alles dreht sich darum, wann der CDU-Mann wusste, dass aus dem Rüstungsprojekt nichts wird? Doch das ist längst nicht die einzige Frage, die die Abgeordneten klären wollen.

Der Auftritt von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière im Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss ist der Höhepunkt der Debatte über die gescheiterte Aufklärungsdrohne. Die Opposition im Bundestag will klären, was der CDU-Politiker wann von den gravierenden Zulassungsproblemen der Drohne wusste.

Am 13. Mai war die Bestellung einer Serie von Euro Hawks gestoppt worden, dessen Entwicklung den deutschen Steuerzahler bisher 662 Millionen Euro gekostet hat. Die Drohne ist eines der größten gescheiterten Rüstungsprojekte, auch wenn das Verteidigungsministerium argumentiert, das Aufklärungssystem ISIS könne ja weiter genutzt werden. Ein Überblick über die zu klärenden Fragen:

Was wusste de Maizière wann?

Entscheidend für das Überleben de Maizières als Minister ist, wann er von den als unlösbar beschriebenen Zulassungsproblemen der Drohne erfahren hat. Er pocht darauf, dass dies erst im Mai war und er den Verzicht auf die Serienbestellung dann sofort abgesegnet habe. Rückendeckung für diese Darstellung erhielt er von seinem Staatssekretär Stephane Beemelmans. Die Opposition verweist dagegen auf interne Dokumente des Ministeriums, die darauf deuteten, dass de Maizière sehr viel früher von den Zulassungsproblemen gewusst habe müsse und folgert: Entweder hat de Maiziere die Unwahrheit gesagt oder er hat sich nicht genug um das Projekt gekümmert.

Wer trägt die politische Verantwortung?

Der Euro Hawk wurde teurer und teurer - bis das Verteidigungsministerium die Reißleine zog.

Der Euro Hawk wurde teurer und teurer - bis das Verteidigungsministerium die Reißleine zog.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dass fast 700 Millionen Euro für die Entwicklung einer Drohne ausgegeben werden, die keine Zulassung für den deutschen Luftraum erhält, ist für die Opposition ein Skandal. Die Regierung verweist darauf, dass schon von der rot-grünen Koalition 2001 nur die Entwicklung der Drohne vereinbart worden sei. Von Anfang an habe daher das Risiko bestanden, dass man am Ende der Entwicklung kein nutzbares System haben werde. De Maizière und Kanzlerin Angela Merkel lehnen deshalb einen Rücktritt des Ministers ab. Ein solcher Schritt gilt wenige Wochen vor der Bundestagswahl als unwahrscheinlich. Offen ist, ob ein Staatssekretär oder der Generalinspekteur gehen muss.

War der Stopp richtig oder kam er zu spät?

Die Opposition kritisiert, das Projekt hätte früher gestoppt werden müssen, um Geld zu sparen. Das Ministerium hält dagegen, dass der Großteil des Geldes bis 2011 bereits ausgegeben worden sei, und mit den ISIS-Tests bis Ende September der Schaden nur minimiert werde. Es gibt in Ministerium und Koalition aber auch die hinter vorgehaltener Hand geäußerte Meinung, dass der eigentliche Fehler de Maizières im Stopp des Projektes lag. Sowohl der US-Rüstungskonzern Northrop Grumman als auch die EADS-Tochter Cassidian betonen, dass sich die Serien-Zulassung mit einem Mehraufwand von knapp 200 Millionen Euro hätte erreichen lassen. Das Ministerium beziffert diese Kosten auf 600 Millionen Euro. Als Begründung für das Aus nannte Beemelmans zudem drohende Mehrkosten beim Betrieb in Höhe von einer Milliarde Euro und die Tatsache, dass Deutschland auf Jahre hinaus beim Einsatz des Euro Hawk wegen des fehlenden Missionsplanungssystems doch von den USA abhängig gewesen wäre.

Was kommt als Alternative?

Die Frage des finanziellen und militärischen Schadens wird erst zu klären sein, wenn feststeht, welches Aufklärungssystem die Bundeswehr als Ersatz erhält. ISIS soll bis Ende September fertig entwickelt sein. Über die neue Plattform soll bis Ende 2013 entschieden werden. Jedoch waren sich die Experten zuvor einig gewesen, dass es derzeit keinen Ersatz für den in sehr großen Höhen fliegenden Euro Hawk gibt. Bis Europas Industrie ein vergleichbares Modell liefern kann, dürfte ein Jahrzehnt vergehen. Niedriger fliegende Drohnen schränken die ISIS-Leistungsfähigkeit ein. Eine auch diskutierte Rückkehr zu bemannten Flugzeugen bedeutete eine Einschränkung der Aufklärungszeiten und einen technologischen Rückschritt.

Ist die deutsche Bürokratie schuld?

Hauptgrund für das Scheitern des Projektes ist, dass die Zulassungsbehörden in Deutschland anders urteilen als die in den USA. Denn die Drohnen-Plattform Global Hawk, auf der Euro Hawk basiert, fliegt weltweit bereits 100.000 Stunden. In Deutschland wird aber für das Passieren des zivilen Luftraums bei Starts und Landungen eine generelle Flugzulassung gefordert - dazwischen fliegt der Euro Hawk in sehr hohen Höhen, in denen es keinen zivilen Verkehr gibt. Theoretisch könnte man das Problem durch eine Sonderzulassung oder die Stationierung in anderen Nato-Staaten lösen. Das lehnt das Verteidigungsressort ab, obwohl ein Euro-Hawk-Einsatz über Deutschland militärisch sinnlos ist.

Welche Daten sollte der Euro Hawk für wen liefern?

Weil SPD und Grüne vor allem auf die politische Verantwortung de Maizières schauen, stehen zwei andere Fragen im Hintergrund. So ist bekanntgeworden, dass der US-Geheimdienst NSA für den Euro Hawk die Entschlüsselungstechnologie geliefert hat. Dies wirft die Frage auf, ob Aufklärungsdaten mit den USA geteilt werden sollten - zumal beide Verteidigungsministerien größtmögliche Operabilität vereinbart hatten. Doch begründet wurde die Entwicklung des Euro Hawk damit, dass Deutschland eigenständig militärische Aufklärung leisten können soll. Zudem stellt sich die Frage, ob der Euro Hawk nicht nur von der Bundeswehr, sondern auch vom Bundesnachrichtendienst oder der europäischen Grenzschutzagentur Frontex hätte genutzt werden können.

Quelle: ntv.de, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen